2009 startete Zachary Cole Smith aus Brooklyn als Gitarrist bei der IndieRock-Band Beach Fossils seine Karriere als Musiker. 2011 verlässt er die Band und gründet sein Soloprojekt DIIV. Anfangs in der Schreibweise Dive, aber nach Rechtsstreitigkeiten mit einer gleichnamigen belgischen Industrialband ändert er den Namen in die suchmaschinenoptimierte Schreibweise DIIV.
Im Juni 2012 debütiert die vierköpfige Band mit dem Album „Oshin“, auf dem es den New Yorkern gelingt, Shoegaze, PostPunk und IndieRock ins DreamPop-Lager zu entführen.
Vier Jahre später meldet sich DIIV nun endlich mit einem neuen Longplayer - im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Album "Is the Is Are" umfasst ganze 17 Songs - zurück. Man merkt dem neuen Werk nicht auf Anhieb an, über welch langen Zeitraum die Songs entstanden und mit welchen Schwierigkeiten Mastermind Zachary Cole Smith in der Zwischenzeit zu kämpfen hatte, aber man merkt sofort, dass in den bisher relativ unbeschwerten Sounds düstere Elemente eingezogen sind.
Gegen Ende des Jahres 2012 beginnt Smith eine Beziehung mit der als Model und Sängerin bekanntgewordenen Sky Ferreira, die in der Presse hohe Wellen schlägt als im September 2013 bei den beiden in einem Fahrzeug bei einer Polizeikontrolle Heroin und Ecstasy gefunden werden. Das gewaltige Drogenproblem des jungen Mannes wird offenbar und die staatlichen Instanzen verdonnern ihn zu einem Drogenentzug, den er im Januar 2014 antritt.
Nach dem Entzug konzentriert sich Smith endlich wieder auf die Musik und beginnt nun verstärkt am schier schon für unmöglich gehaltenen Nachfolger von "Oshin" zu arbeiten.
Wie beim Debütalbum ist es der fließende Gitarrensound, der auch das neue Album zusammenhält, aber wo es 2012 noch verträumt und sehsuchtsvoll klang, klingt es nun oft schwelgerisch melancholisch bis depressiv und entrückt. Smith wildert weiterhin in den unterschiedlichsten Sparten des alternativen Musik (KrautRock, Shoegaze, NewWave, Post-Punk), aber nicht mehr so unbekümmert und naiv. Hat Smith seine Lektion fürs erste also gelernt? Man darf daran zweifeln, denn im Song "Take your Time" verarbeitet er seine Drogenerfahrungen und philosophiert darüber, dass er Drogen zur Selbststärkung benutzte und dass diese niemals Macht über ihn gehabt hätten. Es scheint immer noch ganz schön viel Ponyhof im Kopf des 30-Jährigen herumzuschwirren.
Auch die anderen Stücke auf "Is the Is Are" beschäftigen sich fast ausschließlich mit Smiths Drogenproblematik, was sich vorausahnend schon an den Songtiteln ablesen lässt. Das Album beginnt mit dem schwelgerischen verträumten Shoegaze von "Out of Mind", an das sich das mit brummendem Bass und wunderbaren Gitarrenschwällen ausgestattete "Under the Sun" anschließt.
Erstmals in die Düsternis geht es bei "Bent (Roi's Song)", wo Smith auf seinen typischen weichen Gesang weitgehend verzichtet und sich im melodiösen Sprechgesang gegen spooky Klänge und Noiseattacken zur Wehr setzt und von Freunden erzählt, die im Drogensumpf stecken.
Es folgt der großartige Rausch "Dopamine". Dopamin ist ein biogenes Amin und ein wichtiger Neurotransmitter, der die menschliche Psyche in Bezug auf Motivation und Antrieb stimuliert. Der gutgelaunte Song mit der Schlusszeile "Got so high I finally felt like myself" unterstreicht inhaltlich die von Smith geäußerte These zur Selbststärkung durch Drogen. Ob das gebrannte Kind wirklich das Feuer scheut??
Beim etwas monotonen "Blue Boredom" darf Sky Ferreira die Liebe seines Lebens, die Vocals übernehmen. Nette, laszive Stimme, aber für die Liebe des Lebens wäre doch auch ein Song mit besserem Songwriting drin gewesen ;-). "Valentine" ist wieder deutlich stärker. Treibender Beat, spooky Sounds im Hintergrund und psychedelische Gitarrenausflüge wie auf frühen The Cure-Platten. Würde Robert und nicht Zachary Cole Smith singen, könnte man "Valentine" auf "Faith" verstecken. Und auch das anschließende "Yr Not Far" orientiert sich am Sound der Düsterhelden aus den frühen 80ern.
Mit "Is The Is Are" reitet Smith auf der KrautRock-Welle, wahrscheinlich gibt es keinen Menschen mit Musiksachverstand, der nicht deutlich Neu!-Klänge aus diesem Treck heraushört. Trotzdem sehr schön! Aber es wird noch schöner, denn mit "Mire (Grant's Song)" liefern DIIV ihren bisher besten und komplettesten Song ab. Großartige Nummer mit dunkler Wucht und fetten Gitarren!
Gar nicht sooo teuflisch klingt dagegen "Incarnate Devil". Zwar bedrohlich à la The Horrors, aber nur unterschwellig, denn wie immer bei DIIV bleibt es insgesamt doch sehr melodiös. Nach einem 18 Sekunden langen "(Fuck)" ohne Worte schimmert der "Healthy Moon" durch zarte loophafte Gitarrenschwaden, bevor mit "Loose Ends" das Tempo wieder erhöht und das Hymnenhafte, das vielen DIIV-Songs anhaftet, nach Vorne geholt wird.
Nachdem wie aus dem Nachbarhaus durch dicke Wände wahrgenommenen "(Napa)" breitet sich das alles einhüllende "Dust" aus. Normalerweise schluckt man Staub ja nicht so gerne, aber dieser Staub mit dem predigten Herrn Smith ist einfach nur fett und bombastisch und prächtig und himmlisch. Und auch der letzte Song "Waste of Breath" hält das beachtliche Niveau dieses schaurig schönen Geisterwerks, indem er urplötzlich noch mal anzieht und Krach und Melodie zum Duell bittet.
Ich wünsche weitere solche Platten von DIIV unter der Federführung von Zachary Cole Smith und hoffe, dass er mit allem Recht behält, er auch ohne Drogen wunderbar drogenverhangene Werke erschafft und von mir aus dabei sogar alt und fett wird an der Seite seiner Liebe des Lebens. Amen.
Tracklist:
01 Out of Mind
02 Under the Sun
03 Bent (Roi's Song)
04 Dopamine
05 Blue Boredom [ft. Sky Ferreira]
06 Valentine
07 Yr Not Far
08 Take Your Time
09 Is The Is Are
10 Mire (Grant's Song)
11 Incarnate Devil
12 (Fuck)
13 Healthy Moon
14 Loose Ends
15 (Napa)
16 Dust
17 Waste of Breath
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