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Freitag, 22. März 2013

STORNOWAY / Tales from Terra Firma

90 km nordwestlich von London liegt Oxford, die Hauptstadt der Grafschaft Oxfordshire. Beschauliche 154.000 Einwohner sind vor allem stolz auf die altehrwürdige Oxford University.

Wegen des architektonischen Erscheinungsbildes wird Oxford auch Stadt der träumenden Türme genannt. Da passt es, dass eine Band, die überaus verträumte Folk- und Popmusik macht, aus eben dieser Stadt kommt. Komisch nur, dass sie sich nach der schottischen Stadt Stornoway benannte und noch komischer, dass Rob und Oli ursprünglich aus Johannesburg (Südafrika), Jon aus London und Brian aus Irland kommt.

Was sich Rob (Schlagzeug), Jon (Keyboard), Brian (Vocals, Gitarre) und Oli (Bass) also bei der Namenswahl gedacht haben, entzieht sich meiner Kenntnis und wissen nur die Vier, was ich aber weiß, ist, dass mir lange kein so in sich geschlossenes Werk untergekommen ist wie "Tales from Terra Firma", das zweite Album von STORNOWAY.

Beide Alben hat das Quartett an den unterschiedlichsten Orten aufgenommen. In einer Garage, einer Kirche, in Gemeindezentren, einer Scheune, Küchen und Badezimmern. Wer nun aber denkt, das hört sich an wie die "Küchenmusik" von Coco Rosie, was keinesfalls disrespektierlich sein soll, ich schätze die beiden Schwestern sehr, der liegt völlig schief. Der Klang des gesamten Albums ist exzellent und die Musik wunderbar unzeitgemäß! Hier basteln Musiker, mit teils ungewöhnlichen Instrumenten, liebevoll an Ohrwurm-Melodien, die sich keinen Deut um Trends scheren.

Das Album beginnt mit dem gutgelaunten Statement "You take me as I am". Das Piano perlt fröhlich, nimmt immer mehr Fahrt auf, die Bläser blasen sich die Seele aus dem Leib und Sänger, Songwriter und Gitarrist Brian klingt mit seinem irischen Akzent wie ein trockengelegter vor Gesundheit strotzender Shane MacGowan, der aber eigentlich Bob Dylan sein möchte.



Mit "Farewell Appalachia", wo die Gitarre sehnsüchtig wispert und die Perkussions zauberhaft klingeln und auch mit dem flotteren "The Bigger Picture" wildert die Band am Rande von Simon & Garfunkels Gefilden. Die Refrains sind nicht mehr aus dem Ohr zu bekommen, die Melodien sind zuckersüß, aber nicht zu klebrig. Die Band schafft es mit ihrem Sound sehr charmant, eine wohlige Atmosphäre zu generieren, also Bad Vibrations und Stornoway geht auf jeden Fall schwer zusammen, obwohl die Songs durchaus auch melancholische Züge tragen.

"(A Belated)Invite To Eternity" wagt sich etwas weiter aus den üblichen Folksong-Strukturen, experimentiert mit orchestralem Sound und raffinierten Streicherpassagen. "Hook, Line, Sinker" ist der erste Song, der vehement das Tanzbein auffordert, wofür in erster Linie das dynamische Drumming von Rob Steadman verantwortlich zeichnet. Für die Indie-Disco aber nur bedingt geeignet, da der Bewegungsdrang durch stille Passagen abgebremst wird. Würde mich aber nicht abhalten, die Füßchen zu bewegen!

"Knock Me On The Head" beginnt wie der Soundtrack zu einer fernöstlichen Reise und wird dann zum heißen Anwärter für den Folk-Song des Jahres! Ja, da haben sich die Villagers vielleicht zu früh gefreut - auf jeden Fall kann ich die Zeilen 'You hung an albatross around my neck, but you needed to knock me on the head and say "no! no! no! no! no!"' mittlerweile sogar im Schlaf singen. Mit "albatross" ist hier übrigens nicht der gleichnamige Vogel gemeint, sondern der um den Hals hängenden Mühlstein.



Damit die gute Stimmung aber nicht überhand nimmt, wird mit "The Great Procrastinator" wieder abgebremst und in erzählender Singer/Songwriter-Manier und musikalischen Avancen in Richtung New Orleans, dem großen Zauderer gehuldigt. Die wehmütige Ballade "The Ones We Hurt The Most" singt die Band vielstimmig - eignet sich hervorragend für gebrochene Herzen, kommt mir aber etwas zu wenig aus dem Quark. Schön aber austauschbar.



Beendet wird das verträumte Album mit dem spartanischen "November Song", passt ganz gut, weil ich das Album wahrscheinlich mindestens bis November in meiner Favoriten-Playlist parken werde. Nachdem im letzten Jahr meines Erachtens die Amerikaner die besten Alben herausbrachten, scheint das Insel-Imperium in diesem Jahr machtvoll zurückzuschlagen: Villagers, Palma Violets, To Kill a King, ...fein, fein!

Donnerstag, 21. März 2013

FOALS in der Live Music Hall in (Köln, 20.03.2013)

2010 war "Spanish Sahara" von den FOALS mein absoluter Lieblingssong, das ging soweit, dass ich mir auch noch sämtliche Remixe (und davon gibt es einige) zulegte und eine Playlist nur mit eben diesem Lied in Heavy Rotation lief. Live hatte ich die Band aus Oxford noch nie gesehen, weswegen das Ticket für die Live Music Hall in Köln also schon sehr frühzeitig gebucht wurde - Gott sei Dank, war dann nämlich ziemlich schnell ausverkauft das Konzert.

Die Foals sind für mich eine Band, bei der immer einzelne Songs aus einem Album ganz besonders hervorstechen. Beim Debüt-Album "Antidotes" von 2008 ganz klar "Two Steps, Twice", auf "Total Life Forever" besagtes "Spanish Sahara" und auf dem neuesten Werk "Holy Fire" gleich zwei Stücke, nämlich "Numbers" und "Inhaler" Die Alben in Gänze können dann meiner Ansicht nach diesem hohen Anspruch nie ganz gerecht werden. Sie sind zwar musikalisch immer höchst virtuos, aber viele Stücke klingen ähnlich und es fehlt eben das gewisse Etwas, was die Perlen der Alben ausmacht. Also mal sehen, ob mich die Foals live vollends überzeugen können?

Um Punkt 20 Uhr zeigen aber erst einmal drei junge schlaksige Herren aus Australien mit dem leicht memorierbaren Namen JAGWAR MA, dass wohl schon in ihrem Kinderzimmer Screamadelica (Primal Scream) und sonstiger BritRave anno 1991 zu hören war. Die Beats aus dem im Zentrum wie ein Heiligtum erhöht aufgebahrten Laptop sind fett, die synthetischen Klänge höchst psychedelisch und die Gitarren dürfen nur selten die Dominanz brechen. Vor dem Konzert hatte ich mir bereits vier Stücke der Band angehört und mehr war im großen Netz auch nicht zu finden. Wie Zuhause fallen auch beim Konzert vor allem "The Throw" und "Come save me" besonders positiv auf. Wer in seinem Plattenschrank Primal Scream, Stone Roses, Happy Mondays und Konsorten stehen hat, der dürfte sicher einige Male Parallelen gezogen haben.



Knapp 30 Minuten durften Jagwar Ma Madchester auferstehen lassen. Durchaus geglückt! Sehr hypnotische und drogenverhangene Sounds, ein Bass, der mir in 20 Meter Entfernung zur Bühne noch die Jacke vibrieren lies und eine Band, die tänzerisch ordentlich was auf der Bühne bot. Rave, Baby, rave! Ohne Madchester hätte es schließlich Bands wie Bloc Party oder die Foals nie gegeben.

Nach kurzem Intro starten die Foals mit "Total Life Forever" ihre Show. Der Sound ist für die Live Music Hall wirklich erstaunlich gut und Sänger Yannis Philippakis direkt präsent. Mittlerweile ist die Halle auch proppenvoll - beim Support-Act war es noch seltsam leer - und das Publikum ist überwiegend bemerkenswert jung. Es nimmt die Animation "Zum Mitmachen" der Band freudig entgegen. Ich bin ja nicht sooo der große Mitklatscher und Hände-in-die-Höhe-Strecker, aber bitte jeder nach seinem Gusto.

Das fiebrige "Olympic airways" lässt die Stimmung weiter steigen, gleiches gilt für "Ballons" ebenfalls vom Debüt-Album "Antidotes". Ungewöhnlich, dass eine Band mit drei alten Nummern ein Konzert eröffnet, oder? Dann aber kommt neuer Stoff. "My Number" ist hochgradig funky und besteht eigentlich nur aus einem Mitsing-Refrain. Mach ich natürlich auch und ich bin sicher nicht der einzige. Eigentlich die optimale Nummer für eines dieser leidigen Singel-Portale im Netz ... Neeee bitte nicht, war Spaß!



Es folgen zwei weitere Nummern von "Holy Fire", das hymnische "Bad Habit" und "Milk & black spiders"  das mir zu sehr auf den eigenen Back-Katalog der Band zurückgreift. Mit dem eher besinnlichen beginnenden "Blue Blood" wird die Stimmung etwas heruntergekocht ehe der sich im Song steigernde Rhythmus dann wieder Bewegung in die Zuschauermenge bringt.

Nach zwei weiteren Nummern ("Late Night" und mächtig rockend "Providence") kommt dann endlich MEIN Song. "Spanish Sahara" ist schlicht ein Meisterwerk und am Jubel im Publikum merkt man, dass ich nicht der Einzige bin, dem dieser Song so am Herzen liegt. Beim Konzert fehlte mir irgendwie das prägende Sonar, aber beim Nachhören Zuhause musste ich feststellen, dass sich da ein Remix in meinem Gedächntis breitgemacht hat.



Bei "Red Sox Pugie" ist in den vorderen Reihen natürlich Hüpfen und Schupsen angesagt und ab und an wird sogar ein menschliches Wesen auf Händen über den Köpfen transportiert. Ach, die Jugend ;-)

Nach "Electric Bloom" verlässt die Band die Bühne, um kurz danach den Zugabenblock mit drei Stücken zu spielen. Seltsamerweise eröffnen sie diesen mit der Ballade "Moon", feine Nummer, aber live doch eher für intimere Konzertsäle geeignet. Jegliche Besinnlichkeit wird anschließend fulminant mit "Inhaler" beiseite gewischt. Den Song liebe ich vor allem, wenn die Gitarren sich zur Wand auftürmen und Yannis Philippaki  klingt wie Robert Smith zu besten "Seventeen Seconds"-Zeiten.

Wie ich mir von meinem, bereits Foals live erprobtem, Kollegen im Voraus sagen ließ, kommt als Abschlussnummer immer "Two steps, twice", also natürlich auch an diesem Abend. Yes! Das Publikum gibt ein letztes Mal alles, alle? Nein, nicht alle, zwei kaum der Pubertät entsprungene Damen fühlen sich doch wirklich in unerträglicherweise davon gestört, dass man neben ihnen nicht nur andächtig lauscht, sondern das alte Tanzbein schwingt. Tzzz, die Jugend!

P. S. Danke an den charmanten Hasen für die Fotos ;-)

Freitag, 15. März 2013

Immer wieder NEUE LIEDER Vol. 4










WILD BELLE ... HOW TO DESTROY ANGELS ... THE SCREW
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WILD BELLE

Reggae gehört nicht unbedingt zu den Exportschlagern Chicagos, was sich aber durch den ersten Longplayer von WILD BELLE ändern könnte. Die ganze CD "Isles" ist auf Dauer zwar etwas wenig abwechslungsreich, aber der ein oder andere Song - darunter auch einige schöne IndiePop-Nummern, wie
z. B. "Another Girl" oder "Shine" - könnte sich durchaus als Hit etablieren. Die Single "Keep you" jedenfalls lässt mit ihrem laidbacken ReggaePop die Sonne scheinen und die Sehnsucht nach dem Frühling ins Endlose wachsen.

Das Duo, besteht aus der bezaubernden Natalie Bergman (Gesang) und Elliot Bergman, der für Saxophon und Keyboards zuständig ist. Ob die beiden Geschwister sind? Oder verheiratet? Das belanglose White-Spielchen überlasse ich lieber anderen. Auch ob da nun in der Stimme Erinnerungen an Amy Winehouse wach werden oder ob Natalie Bergman visuell mit Lana Del Rey konkuriert, ist mir relativ schnuppe. Ich will Frühling und Wild Belle helfen beim Ertragen des nassen weißen Zeugs auf den Straßen ganz vorzüglich.


Keep You - Wild Belle
from ItsGutz on Vimeo.

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HOW TO DESTROY ANGELS

2010 gründete Trent Reznor (Nine Inch Nails)  zusammen mit seiner Frau Mariqueen Maandig Reznor und dem alten Weggefährten Atticus Ross die Band HOW TO DESTROY ANGELS. 2010 und 2012 wurden jeweils EPs veröffentlicht. Auf der EP von 2012 "An Omen" war dann auch schon "Keep it together" vertreten. Ein Song, der die verbindende Düsternis zwischen Nine Inch Nails, Tricky und Massive Attack in sich trägt. Die nun erschiene LP "Welcome Oblivion" ist ein minimalistischer Trip durch die dunkelsten Stellen des Gehirns und eine gelungene Wanderung zwischen Electro, TripHop und Dubstep. Definitiv kein Album für gutgelaunte Menschen die S-o-r-g-e-n  nicht mal buchstabieren können. Welcome back Mr. Reznor!



How to destroy angels: "Keep it together" (2012)
from How To Destroy Angels on Vimeo.

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THE SCREW

THE SCREW aus Siena in der Toskana sind ganz frisch und unbescholten, also noch ohne Label, ohne Platte, aber mit einem Klassesong! "Anna the Stranger" beginnt zaghaft, als wäre er von The XX, mutiert dann aber zum psychedelischen Shoegaze-Klangmonster. Den Song kann man gegen einen beliebig gewählten Betrag von der Brandcamp-Page der Band laden. Es lohnt sich!




Montag, 11. März 2013

CONCRETE KNIVES / Be Your Own King

Das Ö hasst Montage! Wenn also ein Album direkt an zweiter Stelle mit einem Song namens "Happy Mondays" aufwartet, ist es nicht unbedingt die einfachste Sache der Welt, mich für dieses Album zu begeistern.

Aber da meine Lieblingsfranzosenband The Dø mittel Facebook auf die Musik dieser Landsmänner hingewiesen haben, war ich geradezu verpflichtet, mal wieder ein Ohr auf die Musik aus meinem liebsten Urlaubsland zu werfen.

Concrete Knives stammen aus Caen, einer Stadt mit etwas mehr als 100.000 Einwohnern in der Normandie und geben unter Infos auf ihrer Facebook-Fanpage nur so viel Auskunft: Weitere Künstler, die wir gut finden Iron Maiden. Ah, ja.

Nach ausgiebiger Recherche im großen Netz erfahre ich noch, dass die Band ein Quintett ist, "Be your own King" ist das Longplayer-Debüt der Band und erschienen auf dem Label Bella Union. Sängerin Morgan Coles stieß erst später zur Band, die sich bereits durch die vier männlichen Mitgliedern (Nicolas Delahye, Adrien Lepretre, Augustin Hauville, Guillaume Aubertin), die bereits zu Schulzeiten miteinander musizierten, gegründet wurde. Für das Songwriting ist hauptsächlich Nicolas Delahye zuständig.

So nun aber genug der harten Fakten. Was machen die Franzosen denn nun für Mucke? Kann sich noch jemand an die Nürnberger-Band Throw that Beat in the Garbagecan! erinnern? Concrete Knives klingen, wie die Band aus Nürnberg zwanzig Jahre später klingen könnte, wenn sie unter Einfluss des ersten (noch guten) The Ting Tings-Albums im Studio begleitet von einer afrikanischen Rhythmusgruppe beim Debüt von The Dø produziert werden würden. Verstanden? In kurz: Gute Laune Gitarren-Pop für Sonnenschein und zum Zappeln.




Mit "Bornholmer" und  speziell "Greyhound Racing" sollte es jedem Indie-DJ spielend gelingen, die Tanzfläche zu füllen. "Bornholmer" ist die ultimative Aufforderung zum ausgelassenen Pogo, bei dem auch Mädchen ihren Spass haben, weil Agressionen völlig außen vorbleiben. Und wer beim dritten Mal hören nicht lauthals mitgrölt, ist taub oder tot.

"Greyhound Racing" ist etwas rockiger, der den Beat schneidende Girarrenriff ist feist, die Orgel schräg und die Na-Na-Na-Chorgesänge ungemein aufputschend. Der ideale Song, um eine dahinvegetierende Party aus der Lethargie zu reißen. "Wild Gun Man" funktioniert nach dem gleichen Prinzip, allerdings gibt es hier statt Na-Na-Na ein Oh-Oh-Oh. Gefällt mir aber trotzdem sehr gut.




Auch das mit karbischem Flair versehene "Brand New Start" setzt wie das ganze Album auf eingängige rhythmusbetonte Melodien und eine hohe Frequenz an unartikulierten Freudenlauten - Uh-Uh-Uh - schön, wie die Percussions klingeln. "Wallpaper" ist viel verhaltener und deswegen sehr irritierend, wenn man diesen Song, der als Single ausgekoppelt wurde, als erstes Stück von der Band hört. Die Anlage und die Rhythmik des Songs lässt mich an die schnodrige Lykke Li denken.

"Africanize" verrät ja schon im Titel, aus welchem Teil der Welt hier Klänge entliehen wurden. Erneut sehr rhythmisch und mit einem schön integrierten Part, der bei den Chemical Brothers ("Push the button") äääh entliehen wurde. Fast ganz ohne Vocals (ein paar Ohhs) kommt "Roller Boogie" aus. Das Keybord quietscht und ermuntert fröhlich zum Mitpfeifen. Irgendwie trashig, aber auch sehr eingängig.

"Truth" ist wahrhaft schön. Eine virtuose Komposition mit vielen kreativen Ideen, gelungenen Breaks und Tempowechseln, tatsächlich auf Augenhöhe mit den verschachtelten kleinen Meisterwerken von The Dø. Hoffe inständig, dass das Stück nicht dem Remixer von "I follow Rivers" in die Hände fällt!

Den Abschluss des fantastischen Albums bildet "Blessed", eine Shoegaze meets Pop-Nummer, schrammelig und in Dauerschleife abspielbar. Und was ist nun mit "Happy Mondays"? Ich werde jetzt versuchen IMMER den verfluchten Wochentag mit diesem Song zu begehen, damit ich vielleicht auch ab und an sagen kann: "Fröhlicher Montag".

Fazit: Bisher gab es aus Frankreich hauptsächlich The Dø und Phoenix, jetzt haben sich die Concrete Knives dazugesellt. Danke für diese üppige wohlschmeckende musikalische Mahlzeit - Haute cuisine!

Samstag, 9. März 2013

Immer wieder NEUE LIEDER Vol. 3

MAZES ... THE CHILD OF LOV ... THE 1975 ... THE MEN








Manchester muss nicht immer nach Madchester klingen! Bereits 2011 mit dem Album "A thousand Heys" gelang dem Quartett MAZES ein tolles Debüt, welches mich mit seinen einprägsamen Melodien und dem Schrammelsound sehr an Dinosaur Jr. erinnerte. Nun ist der Nachfolger "Ores & Minerals" erschienen auf dem deutlich weniger wild gerockt wird, sondern mehr hypnotische Gitarren-Loops zum Einsatz kommen - so wie man es zum Beispiel vom Moon Duo aka Wooden Shjips gewohnt ist. Da Sänger Jack Cooper so schön verhuscht klingt, passt das sehr gut um wie unter Hypnose in andere Sphären zu gleiten. Irgendwie wirken alle Songs wie Gefangene einer Zeitschleife aus der es kein entrinnen gibt. Neben "Sucker Punched",  "Jaki" und "Skulking" ist besonders "Bodies" als Anspieltipp zu empfehlen.




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Indietronic, oder doch mehr HipHop? Auf jeden Fall bedrohlichen flirrende Sounds aus der P-Funk-Kiste! Macht außergewöhnlich ungewöhnliche Musik der Künstler der sich THE CHILD OF LOV nennt. Das Kind der Liebe klingt wie die Wiedergeburt von Funkadelic!

Viel lässt sich über den Künstler allerdings noch nicht erfahren, obwohl er gerade bei den NME Awards 2013 ausgezeichnet wurde. Der Herr lebt wohl in Amsterdam, stammt aber nicht von dort, und an dem für Mai angekündigten Debüt sollen illustre Gäste wie Damon Albarn (Blur), MF Doom und Thundercat (Bassist bei Flying Lotus) mitgeholfen haben. "Heal" und "Give me" könnten sich als Vorboten von etwas Großem erweisen.


The Child Of Lov - Heal von domino


The Child of Lov - Give Me von domino

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Lust auf Schokolade? Eine neue Band aus - schon wieder - Manchester mit dem Namen THE 1975 macht gutgelaunten PowerPop mit wenig Tiefgang. Schokolade isst man ja auch gerne mal zwischendurch. Für das im Mai kommende Debüt-Album dürfte es aber schon etwas Gehaltvolleres sein.


The 1975 - Chocolate from NTSH London on Vimeo.

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THE MEN gibt es seit 4 Jahren und im vierten Jahr folgt nun das vierte Album "New Moon". Kurz und knackig wie es sich für Schrammelgitarrenmusik gehört. Zwischen PunkRock, SixtiesGarage und dem frühen Dylan. Nicht innovativ, aber anrührend nostalgisch und mit ungezügelter Leidenschaft. Allerschönster Song ist unzweifelhaft "Half Angel Half Light". Kein Widerspruch erlaubt!


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Mittwoch, 6. März 2013

THE LONE BELLOW / The Lone Bellow

Eigentlich stammt Sänger Zach Williams aus dem beschaulichen Georgia, lebt aber nun seit geraumer Zeit in Brooklyn. Seiner Musik zwischen Country und Folk merkt man aber noch immer seine Herkunft an. Williams begann nach einem schweren Reitunfall seiner Frau mit dem Songwriting. Seiner Frau geht es mittlerweile wieder gut, aber Gott sei Dank hat Williams nicht mit dem Musik machen aufgehört, sondern zusammen mit Brian Elmquist (Gitarre) und Kanene Pipkin (Vocals, Mandoline) 2010 eine Band gegründet, die nun ein magisches Debüt vorlegt.

Dies liegt zum einen an der feinfühligen Stimme Williams, zum anderen an den herzerwärmenden Harmoniegesängen mit Sängerin Kanene Pipkin, aber ganz besonders liegt es an den exquisiten Melodien des Songwriters. Ähnlich wie bei den Kompositionen von John Bramwell (I am Kloot) treffen die Melodien und Arrangements direkt ins Gefühlzentrum, bleiben dort hängen und verbinden sich ewiglich mit Erinnerungen, Gedanken und Emotionen.

Die beiden herausragenden Songs auf dem Debütalbum von The Lone Below sind "You can be all Kinds of Emotional" und "Fire Red Horse". Beide Songs verfügen über eine exzellente Hookline und strahlen eine überwältigende Wärme aus. Während "You can be all Kinds of Emotional" mit perlendem Klavier, Mandoline und Fidel, zwischen Country und Pop, mit einem Spannungsbogen arbeitet, wie man es von Mumford & Sons kennt, ist "Fire Red Horse" eine zur akustischen Gitarre vorgetragene Folk-Ballade mit feinfühlig reduzierter Instrumentierung. Besonders der Duett-  und Harmoniegesang zwischen Williams und Pipkin, der mich sehr an The Civil Wars erinnert (mit denen die Band passenderweise als Support auf Tour war und nach deren Songtitel "The Long Bellow" sich die Band wohl auch benannt hat), ist umwerfend.



Aber auch die anderen Lieder auf diesem Album stehen den beiden Hightlights nur wenig nach. "Looking for You" beispielsweise trägt mutmaßlich all den Schmerz in sich, den Williams zu tragen hatte, als seiner Frau die Querschnittslähmung drohte. Wer Hochemotionales à la Glen Hansard liebt, der wird je nach Gefühlslage schon mal ein Taschentuch auspacken müssen. Perfekt zum Weiterversinken in der eigenen oder alternativ der Gefühlwelt von Williams, eignen sich auch "Two Sides of Lonely", "Tree to Grow", "Bleeding Out" und "You never need Nobody".


THE LONE BELLOW - "Two Sides of Lonely" [live] from SerialBox Presents on Vimeo.

Leider ist das bei Descendant Records erschienene hörenswerte Debüt-Album in Deutschland im Moment noch schwer zu bekommen. Bleibt zu hoffen, dass die Herren bei Sony, zu denen das Label gehört, das Potential des Albums erkennen und man in Zukunft nicht nur über den teuren Import ( CD / Vinyl) an dieses kleine Meisterwerk herankommt.

Sonntag, 3. März 2013

PALMA VIOLETS / 180



Believe the Hype? Von den neuen Libertines ist die Rede, von harter Konkurrenz für the Vaccines, von der britischen Rockhoffnung für 2013. Ja, die vier Londoner aus dem Stadtteil Lambeth, können wirklich krachenden Indie-Garagerock. Nein, es sind nicht die neuen Libertines, aber Fans von den Vaccines, Babyshambles oder auch den Arctic Monkeys haben sicher viel Spaß mit dem nach ihrem Studio benannten Debüt-Album "180".

Die Palma Violets klingen nach Spaß, Party und ungestümer Jugend. Sehr witzig, dass dann gerade im ersten Song "Best of Friends" (Best Track of 2012 im NME) einem Mädchen erklärt wird, dass Sex unerwünscht ist und man nur ein guter Freund, natürlich der beste, sein möchte. Ha, ha, ha! Weiter geht es mit dem von der Schweineorgel getragenen Song "Step Up For The Cool Cats". Klingt cool, ist es auch, fordert zum Tanzen in der Sonne auf und lässt mich daran erinnern, dass ich mal wieder ein paar alte Songs von den Inspiral Carpets in die aktuelle Playlist werfen muss.



Mit dem nach Sixties riechenden "All The Garden Birds" bewahrheitet sich wieder meine Behauptung, dass jede gute Band mindestens einen Song über Vögel geschrieben haben muss. Der ungekrönte Meister in dieser Disziplin ist und bleibt aber natürlich Mark Oliver Everett!

"Rattlesnake Highway" muss auf jeden Fall von einer hippen Autofirma für den nächsten Werbeclip benutzt werden, schließlich geht es fröhlich rockend um die Lust am Fahren. "Chicken Dippers" tut anfangs so, als hätte die Band nun mal schlechte Laune, aber keine Angst, es kommt immer wieder zu kleinen Freudenausbrüchen. Fein!



Für den lauschigen Sommerabend auf der heinmischen Terrasse eignet sich das leicht schwermütige "Last Of The Summer Wine" hervorragend. Sänger Sam Fryer kann aber auch echt schön veersoffen klingen beim Singen! "Tom The Drum" lässt erneut die Zeit kurz vor der Punk-Revolution, The Who lassen grüßen, aufleben. Dazu passt definitiv kein Glas Wein, sondern ausschließlich Bier aus der Flasche und Kippen - damit man die Revolte auch riecht!



Ja und The Clash können die Jungs tatsächlich auch! "Bei "Johnny Bagga' Donuts" lässt Chili Jeson den Bass grooven, dazu feine Anleihen aus der kleinen Surf-Punk-Schule und fertig ist der Sommerhit für das Baden an verbotenen Stränden.

Wie schon vorher Rihanna, haben auch die Palma Violets die Liebe gefunden, allerdings ist die Liebe bei "We Found Love" viel wilder und heißblütiger. Bei einem Interview mit dem Rolling Stone Magazin, lies die Band verlauten: "Frauen in England sind heutzutage sehr verzweifelt auf der Suche nach Sex", was vermuten lässt, dass es gar nicht so einfach ist, die echte Liebe zu finden ;-).

Bei den letzten Songs "Three Stars" und "14" lassen es die Londoner etwas gemächlicher angehen. "Three Stars" ist eine feine Ballade, bei der im richtigen Moment, auf's Gaspedal getreten wird. "14" ist eine Hymne! Klingt als jammen sich die Jungs durch alles, was Rock 'n' Roll ausmacht. Zum Schwärmen, Mitsingen, Abhängen, Party beenden. Nach sehr kurzer Pause, anfangs dachte ich, es sei immer noch "14", kommt ein Hidden Track ohne Titel mit dem prägnanten Refrain: "I’ve got a brand new song, it’s gonna be number one." Ironie gepaart mit Selbstbewusstein war schon immer eine schöne Verbindung!

Nix Neues, aber trotzdem tolle Scheibe, mit jeder Menge ungebündelter Energie, klasse Melodien und der richtigen Dosis Dirtyness. Live gespielt werden die Songs bestimmt für einen ordentlichen Schub sorgen! Leider stehen aber nur Hamburg und Berlin im Tour-Plan. F***!

Immer wieder NEUE LIEDER Vol. 2

THE STONE FOXES hört sich an nach einer Fusion zwischen den legendären Stone Roses und den Fleet Foxes, klingt aber eher nach den Black Crowes oder den Stones in den 80ern. Schön ist auf jeden Fall, dass die Mundharmonika im Southern Rock auch mal wieder eine Chance bekommt.



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Singer/Songwriter-Mucke mit Soul? Wie wunderbar diese Mischung schmecken kann zeigt MATTHEW E. WHITE.

Bis 2006 war der Herr mit dem außergewöhnlichen Styling Gitarrist und Sänger der Rockband The Great White Jenkins. 2008 hatte er dann anscheinend die Nase voll vom Rock und gründete die Avant-Garde Jazzgruppe Fight the Big Bull. Zwei Alben später war aber auch mit dem Ausflug ins Jazz-Lager Schluss. Nun ist sein erstes, bereits 2010 erschienenes Solo-Album "Big Inner" endlich auch in Deutschland erhältlich. Feines Werk mit viel Soul und dezent jazzigen Grooves.





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Auch wenn die Jahreszeit nun endlich wieder mehr Licht an den Tag legt, versprüht diese Shoegaze-Nummer von LAST LEAF DOWN (aus der Schweiz!) doch ordentlich Atmosphäre - klar im trüben Herbst macht Shoegaze natürlich am meisten Spaß.




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Schnelle Nummer für den Frühling gefällig? Mit SynthiePop aus Englands Hauptstadt? "Pompeii" hat natürlich das Zeug für eine vordere Chartsplatzierung, aber der Refrain ist mir doch etwas zu kitschig und glatt ausgefallen liebe Herren von BASTILLE. Im Background wirken übrigens die Stimmen von To Kill a King mit!

Freitag, 1. März 2013

JOHN GRANT / Pale Green Ghosts

Der amerikanische Singer-Songwriter John Grant war bis 2004 Mitglied der wenig bekannten alternativen Rockband The Czars. 2010 startete er seine Solo-Karriere mit dem Album „Queen of Denmark“ und erlangte damit mehr Aufmerksamkeit als je zuvor. In musikalischer Zusammenarbeit mit der Band Midlake thematisierte er in seinem Debüt seine drogenverhangene Vergangenheit und homosexuellen Neigungen, musikalisch angesiedelt zwischen Antony and the Johnsons und Jay Jay Johanson.

Nach dieser offenherzigen Art der Vergangenheitsbewältigung zieht Grant nach Reykjavik und arbeitet mit der ElectroPop-Band Gus Gus an seinem zweiten Album „Pale Green Ghosts“. Wenig verwunderlich also, dass das neue Werk deutlich mehr elektronische Einflüsse aufweist. Gleichgeblieben ist allerdings, dass Grant in seinen Lyrics sein Innerstes dem Zuhörer ungeschönt wie auf einem Tablett serviert.

Vieles auf „Pale Green Ghosts“ ist lupenreiner ElectroPop oder für alle älteren Semster SynthiePop, so wie ihn zu Beginn der 80er Jahre Bands wie Human League, Soft Cell oder Heaven 17 in die Popwelt brachten. Der Song „Pale Green Ghosts“ ist der Einstieg ins neue Album und das Paradebeispiel für den neuen Sound. Die Beats blubbern fett - es riecht nach analogen Synthesizern - und Bläser aus dem Bond-Fahrwasser sorgen für zusätzliche Dramatik. Obwohl Grants tiefe Stimme und die Art seiner Intonation dies ja sowieso schon übermaßen tut. Er erzählt, wahrscheinlich höchst autobiographisch, wie ein Mann versucht, den Kleingeistern und Zwängen einer Kleinstadt zu entfliehen. Für mich der eindringlingste Song des Albums. "Black Belt" ist vom Tempo her flotter - manche können dazu vielleicht sogar tanzen - und etwas besser gelaunt, aber die Beats und vor allem die flirrenden Keyboardsounds bleiben höchst retro.



Nach dem elektronischen Auftakt folgen drei Balladen."GMF", bei dem erstmals eine Gitarre zu hören ist, wirkt leider etwas zu überfrachtet und schmalzig. Besser gelingt der Spagat zwischen Kitsch und Pathos bei "Vietnam", wo die Beats etwas holpern und sich orchestrale Streicher geschickt einbinden. Inhaltlich stellt Grant darin Vergleiche zwischen Krieg und Liebe an.

Bei "It Doesn't Matter to Him" greift Grant am deutlichsten auf seine musikalischen Wurzeln als Singer/Songwriter zurück. Schönes Songwriting und dazu Backing Vocals von der berühmtesten Glatzköpfin der Popmusik, Sinéad O'Connor - die noch bei weiteren Songs als Gastsängerin mitwirkt. Sehr gewöhnungsbedürftig bleiben aber erneut die sphärischen Synthiesounds. Wenn die Vocals nicht wären, könnte der Song im letzten Drittel auch als Nummer von Air durchgehen!

"Why Don't You Love Me Anymore" läutet dann den Wechsel von der emotionalen Ballade zur tief melancholischen düsteren Electro-Nummer à la Depeche Mode ein. Ganz leichte Tempoverschärfung folgt bei "You Don't Have To". Jetzt geht Grant beim Gesang in die Vollen! Er macht uns doch tatsächlich den Dave Gahan und der Moog-Synthesizer blubbert dazu.

"Sensitive New Age Guy" knüpft wieder an die beiden ersten Songs des Albums an, allerdings klingt Grants Stimme nun nicht so pathetisch, sondern brüchig und sogar ein bisschen dreckig, außerdem wechselt er zwischen sprechen und singen. "Ernest Borgnine" (im Song geht es darum HIV-positiv zu sein) geht noch ein Stück weiter. Die Vocals werden partiell durch den Decoder gejagt und freejazzige Saxophonklänge erklingen. In diese Richtung hätte ich mir ein paar mehr Experimente gewünscht.

Bei den letzten beiden Liedern "I Hate This Town" und "Glacier" darf dann endlich das Musikinstrument, welches beim Debüt-Album die Federführung hatte, zur Geltung kommen. Das Klavier!

"I Hate This Town" verblüfft mit mutigen Tempowechseln zwischen gefühlvoller Ballade und "Schunkellied". Mit der über sieben Minuten langen inbrünstigen Ballade "Glacier", in der Grant erneut seiner Homosexualität thematisiert, endet das Album.

Ein Werk voller emotionaler Intensität, klanglich hervorragend produziert von Biggi Veira (Gus Gus), dem es aber stellenweise etwas am Mut zur Innovation fehlt. Aber großartiges Artwork beim Cover-Design!