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Mittwoch, 31. August 2016

AJJ / The Bible 2

Es war ja wirklich höchste Eisenbahn, dass mal jemand eine Fortsetzung für das meistverkaufte Buch aller Zeiten herausbringt. Allerdings hat wohl niemand damit gerechnet, dass Teil 2 in Form eines FolkPunkAlbums erscheinen würde. Aber so ist es nun geschehen und so soll es sein. Und ich sage euch!


Die Fortsetzung des Dauerbrenners stammt von AJJ - die wahrscheinlich selbst aufmerksame Leser dieses Blogs nicht sofort als Andrew Jackson Jihad identifizieren werden - einer Band, die seit 2004 in ständig wechselnder Besetzung aus Phoenix die Welt mit anarchistischer Folkmusik überzieht und in ihren kritisch-poetischen Texten - über den Mensch an sich, die Armut, Religion & Politik - mit Humor und Ironie philosophieren. Ab jetzt also als Zeichen eines Neubeginns AJJ und nur noch formaly known as Andrew Jackson Jihad.

Wie es sich gehört, beginnt die neue Botschaft mit einem Theme, "Cody’s Theme". Audiophile Persönlichkeiten werden beim übersteuerten LoFi-Geschrammel, das nach wenigen Takten einsetzt, zum Lautsprecher laufen, um zu sehen, ob irgendeine Membran gerissen ist. Aber keine Angst, das gehört so!

In diveresen Vinyl-Gruppen auf Facebook wird immer wieder mal die Frage nach Platten laut, womit man Normalo-Partys stoppen oder ungebetene Gäste vertreiben kann. Wer da mal statt Altbewährtes neues Material einsetzen möchte, der kann jetzt mit "The Bible 2" aufwarten.

Mich würde man allerdings nicht los werden, denn ich finde es wunderbar erfrischend, was die Chaoten zum Beispiel bei "Golden Eagle" abfeuern. Klingt wie ein Meat Loaf-"Musical"-Song, bei der die Gitarren mit einer Motorsäge traktiert werden und Bob Dylan (aber es ist natürlich AJJ-Bandleader Sean Bonnette) versucht wie der Fleischklops zu singen.

Schön runterkommen lässt es sich beim Besuch der "Junkie Church". Da trifft man nette Leute, bekommt ein Bierchen und erfährt alles, was wirklich wichtig ist. Und dann Überraschung: Eine mit Keys angereicherte IndiePop-Nummer! "American Garbage" ist das erste Ausrufezeichen auf dem sechsten Album von AJJ. Zwischen New Wave und Psychedelic. Kraftvoll und trotzdem irgendwie ätherisch, dank des vermutlich analogen Synthesizers, der klingt als wäre er aus dem ersten Editors Album "The Back Room" geraubt.

Klavier! Hatte ich noch nicht erwähnt wie abwechslungsreich die Fortsetzung der Bibel ist? Die Saloon-Klavier-Ballade "No More Shame, No More Fear, No More Dread" mit dem schön schäbigen Gesang kann man auf Beerdigungen von interessanten Menschen sicherlich einsetzen. Der Clou der Nummer ist, dass sie bis zum Einsetzen des Beats, nach ca. 1:30 Minuten nach LoFi-Garage klingt und dann mehr und mehr zur Popballade mit Streichern und allem Brimborium ausgebaut wird - nur der Gesang bleibt schräg ;-). Zweites Ausrufezeichen!



Das erste, was man im Netz von "The Bible 2" zu hören bekam, ist die neue Verabschiedungshymne "Goodbye, Oh Goodbye", die im Video so großartig die überchoreografierten in einem Take fabrizierten Clips von OK Go auf's Korn nimmt. Starring Moorhuhn?! Das Sequel der Bibel macht deutlich mehr Spaß als der moralinsaure Vorgänger!

Drittes Ausrufezeichen mit fröhlicher Botschaft ist "White Worms". Die schleimenden kriechenden Würmer scheinen überall zu sein und die schier unglaubliche Botschaft lautet: "You can stop believing, stop believing. Don't don't stop believing. And if you want to hear the devils music, you should probably listen to the devils music."

Wie eine mysteriöse apokalyptische Offenbarung klingt der Text zu "My Brain is a Human Body". Der Sound ist jetzt wieder völlig übersteuert und verzerrt, so klangen früher Tapes, die zu lange in der Sonne, alternativ dem Fegefeuer, gelegen haben. Schließt an die beiden ersten Nummern des Albums an.

"Terrifyer" schmeckt nach PolkaPunk, der beim Tanzen hilft, wenn man zu viel Messwein gekippt hat. Hektisch, aufrührend, wütend und mit einem aberwitzigen Gitarrensoli versehen. Schönste Textpassage: "Some days you're Emilio Estevez, other days you're Charlie Sheen".

Das dramatische Songwriter-Stück "Small Red Boy" erzählt, wenn ich es richtig gedeutet habe, vom entdeckten und freigelegten Teufel im Leib: "I let my horns grow longer´. I observed my skin get redder.
My soul became a hammer. I started to feel better. My hatred turned to pity, my resentment blossomed flowers, my bitter tasted candy, my misery was power.
" PunkPoesie at it's best!



Zum Schluss ein kurzes Lied ("When I’m A Dead Boy"), ebenfalls in Songwriter-Manier über den Tod. Amen. Fortsetzung folgt?

Tracklist:
01. Cody’s Theme
02. Golden Eagle
03. Junkie Church
04. American Garbage
05. No More Shame, No More Fear, No More Dread
06. Goodbye, Oh Goodbye
07. White Worms
08. My Brain is a Human Body
09. Terrifyer
10. Small Red Boy
11. When I’m A Dead Boy

Schon älter, aber noch immer sehr sehens- und hörenswert:




Sonntag, 28. August 2016

SUFJAN STEVENS / The Age of Adz

HERZPLATTENREMEBER THAT OLD SHIT
Kategorie: Singer/Songwriter / IndieTronic
Veröffentlichung: 2010

 

Multitalent, SUFJAN STEVENS, er spielt unter anderem Gitarre, Banjo, Klavier, Orgel, Bass, Oboe, Saxophon, Querflöte, Akkordeon und Schlagzeug, legte im 10ten Jahr seines musikalischen Schaffens mit "The Age of Adz" sein elftes (!)  und bis dahin innovativstes Album vor.

Erstmalig geht er den Weg und verbindet auf klangästhetischste Weise Folk und klassische Singer/Songwriter-Strukturen mit elektronischen Sounds und orchestralen Arrangements.

Bei "The Age of Adz" sind die elektronischen und orchestralen Züge so omnipräsent, dass seine Fans, die Sufjan bisher eher als puristischenen Songwriter schätzen, sich wohl verwundert die Ohren rieben. Beim ersten Hören erschlägt einen die übersprudelnde Kreativität und opulente Instrumentierung des Albums. Erst langsam schälen sich die großartigen Kompositionen und verschachtelten Melodiebögen aus den Plings und Plongs und Knartzgeräuschen. Durch die Ummantelung seiner Melodien erreichte Sufjan, dass man dem Album bei jedem Hören immer wieder neue Seiten abgewinnen kann. Ständig entdeckt man Neues und auch sechs Jahre nach Erscheinen des Albums bin ich immer wieder erstaunt über Dinge, die mir vorher nicht aufgefallen waren.

Der Titel "The Age of Adz" spielt auf Royal Robertson (1936-1997) an, einem texanischen Künstler, der an paranoider Schizophrenie leidend, visionäre Kunst erschuf: Gott als Kapitän eines Raumschiffes, Frauen (speziell seine) als potentielle globale Bedrohung, apokalyptische Monster und futuristische Fahrzeuge. Das Artwork des Albums besteht zum Großteil aus Werken von Royal Robertson.  



Sufjan ließ sich durch die Malereien inspirieren und schuf dazu Texte rund um die existenziellen Themen Liebe, Sex, Tod, Krankheit, Angst und Selbstmord. Obwohl einzelne Songs hervorstechen und auch als Single funktionieren, ist "The Age of Adz"ein Konzeptalbum, welches man im Ganzen genießen und entschlüsseln sollte.

Trotzdem ein Blick auf die Highlights: Einer der herausragenden Songs ist "Too Much". Der zu Anfang genau das ist, nämlich "zu viel". Aber irgendwann macht es dann klick und man kann dieses Füllhorn an Ideen gar nicht oft genug anhören ... und jedes Mal gefällt einem eine andere Passage besser! Im Moment tendiere ich zur "Hummelflug"-Passage (etwa ab 5:20). Ein unglaubliches Stück: Vielschichtig, geheimnisvoll, opulent und doch auf eine Kernmelodie fokussiert.



Auch das dem Album den Namen gebende acht Minuten lange Stück "The Age of Adz" ist faszinierend: Es beginnt wie eine Science-Fiction-Attacke, verliert sich dann kurz in der Stille des Weltraums, ehe ein an eine Beatmungsmaschine erinnernder Beat den Song weiterträgt. Dann plötzlich großes flehendes Orchester und Choräle, erneuter Break zur Besinnung und die Wiederkehr des Chorus "And when he dies". "Gloria, Gloria", das grenzt schon an eine Oper!

Weitere Anspieltipps sind das klagend ätherische "Now that I'm older", die im weitesten Sinne als Synthi-Pop-Ballade zu bezeichnende Nummer "I walked" und das über 25 Minuten lange "Impossible Soul". Letztgenannter Song ist ein Opus, bestehend aus mindestens 10 Songs, 2000 Ideen und fast so vielen Instrumenten - ein Arrangement nahe an der Schizophrenie.



Und sollte es wirklich jemanden geben, der mit dieser Art von Musik überfordert ist, dann kann man das herrliche Cover-Artwork einfach in einen eleganten Rahmen packen und an die Wand hängen - vorausgesetzt man besitzt "The Age od Adz" auf Vinyl. Was allerdings schade wäre, außer man gönnt sich das Album einfach zwei Mal. ;-).

Tracklist:
01 Futile Devices
02 Too Much
03 Age of Adz
04 I Walked
05 Now That I'm Older
06 Get Real Get Right
07 Bad Communication
08 Vesuvius
09 All for Myself
10 I Want To Be Well
11 Impossible Soul

Freitag, 26. August 2016

NEW SONGS Vol. 131: REIGNWOLF / Hardcore ... JESSE Mac CORMACK / Never enough ... WEVAL / The Battle ... TRAPDOOR SOCIAL / Sunshine


REIGNWOLF / Hardcore

An einen Longplayer vom Gitarrenwüterich REIGNWOLF glaube ich ehrlich gesagt nicht mehr, auch wenn es heißt, dass es nun tatsächlich in diesem Herbst erscheinen soll. Wir werden es sehen, oder besser hören, denn wenn es wirklich erscheint, wird es sicher einen gewaltigen Sturm auslösen.

Beim neuen Song "Hardcore" knurrt der Wolf böse und die Riffs sind nicht ganz so gewaltig wie gewohnt, aber die Nummer pulsiert wie ein eitriger Pickel kurz vor dem Ausbruch. Very fein!

Sorry, dass man die Nummer leider nirgendwo in gänzlicher Länge vorhören kann, aber Reignwolf-Jünger wissen, dass man vom Ein-Mann-BluesRock-Gewitter aus Seattle IMMER die volle Dröhnung erhält - also kaufen!




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JESSE Mac CORMACK / Never enough

Der Kanadier JESSE MAC CORMACK veröffentlicht am 16. September auf Secret City Records die EP "After The Glow", darauf befindet sich neben dem bereits im Mai veröffentlichten Song "Repeat", auch die ausgesprochen lässig groovende Gitarrennummer "Never Enough".

Die fünf Songs der EP hat Mac Cormack zuhause in Montreal in Mamas Garage selbst produziert. Nach seinen beiden 2014 erschienenen EPs "Music for the Soul" und "Crush" ist "After The Glow" das Reifezeugnis und so dürfte es wohl spätestens im nächsten Jahr den ersten Longplayer des Garagenbastlers geben.




Jesse Mac Cormack - Repeat (Official Video) from Secret City Records on Vimeo.


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WEVAL / The Battle

Sehr slicke elektronische Musik macht das aus Amsterdam stammende holländische Duo WEVAL, bestehend aus Harm Coolen und Merijn Scholte Albers.

Die Synthis glitzern, der Bass fließt geschmeidig, die Vocals sind sanft eingebettet in das Arrangement, welches einen gelungenen Spagat zwischen Pop- und Clubmusik hinlegt - passt hervorragend in das Portfolio vom Kölner Label Kompakt.




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TRAPDOOR SOCIAL / Sunshine

Wer beim Refrain von "Sunshine" nicht an die Arctic Monkeys denkt, der dürfte von einem anderen Planeten kommen, aber zwischen dem Refrain klingen TRAPDOOR SOCIAL viel viel poppiger als die Alternative Rocker aus Sheffiled.

Das Quintett stammt aus dem sonnigen Los Angeles, hat bisher zwei EPs veröffentlicht und brachte am 12. August den schlicht "Trapdoor Social" betitelten Longplayer mit 14 Songs heraus. Viel Pop, wenig Rock auf dem neben "Sunshine" die Ballade "Great Lake" und das radiohitverdächtige "Fine on My Own" hervorstechen - der Rest ist eher banales Teenagerfutter für zwischendurch.





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Montag, 22. August 2016

CHRIS STAPLES / Golden Age

Auf der Homepage des amerikanischen Songwriters aus Florida erfährt man, dass CHRIS STAPLES eine lange Zeit voller Sentimentalität der golden Vergangenheit hinterhertrauerte. Aber wer im fortgeschrittenen Alter kennt das nicht, dieses Verklären, dieses „früher war alles besser“. Staples merkte aber, wie ihn dieser ständige Blick zurück blockierte und beschloss, die Vergangenheit endgültig abzuschließen. Er stellte sich der Gegenwart mit all seinen Alterswehwechen und begann mit den Arbeiten an "Golden Age", um die hinter ihm liegenden Kapitel endlich würdig abzuschließen.


Er begann sein Leben zu ordnen. Er kündigte seinen Zweitjob im Baugewerbe, arbeitete weiter als Tischler - wer kann schon nur als Musiker überleben - , gab das Musizieren mit anderen Bands auf und lenkte den Fokus seines musikalischen Schaffens komplett auf das Songwriting für das geplante neue Album.

Aus diesen Schilderungen könnte man zur Auffassung kommen, Staples sei zwar nicht mehr der Jüngste, aber wohl ein junger Hase im Musikbusiness, ersteres ist wahr, aber bei zweiterem trügt der Schein, denn Staples ist seit den späten 90igern auf musikalischen Pfaden unterwegs. Zu Beginn mit der Band Twothirtyeight, später als Discover America und immer wieder eben auch Solo unter seinem bürgerlichen Namen. So zählen mehr als 10 Alben zu seiner Diskographie, aber der richtige Durchbruch als Musiker blieb ihm bisher versagt.

Mit "Golden Age" könnte sich das Blatt wenden, denn Staples gelingt eine feinfühlige Abrechnung mit dem Mythos "früher war alles besser". Das Songwriter-Album zeigt alle Facetten des an der Vergangenheit hängen. Den verklärten nostalgischen Blick, das melancholische von Sentimentalität getragene Zurückblicken, aber es zerstört auch den Mythos, der damit verbunden ist und zeigt Wege in die Zukunft.



Es beginnt mit einer schier permanenten Beziehung ("Relatively Permanent") und läutet dann beschwingt das goldene Zeitalter ein ("Golden Age"). Dieser dem Album den Namen gebende Song könnte für Staples sogar ein kleiner Hit werden, wenn die Radiosender dieser Welt kapieren würden, wie charmant und unverschämt eingängig diese Nummer ist.



"Missionary" dagegen ist, ebenso wie das wehmütig die eigene Kindheit reflektierende "Cheap Shades", mit viel weniger Pop und umso mehr Melancholie beladen. Die Songs sind minimalistisch instrumentiert - Staples und seine Gitarre und nur wenig mehr - aber es genügt, um eine Emotionalität zu erzeugen, die unter die Haut geht.

"Full Color Dream" ist ideale Campfire-Musik, allerdings etwas breitwandiger und weniger geradlinig angelegt als die beiden Vorgänger-Songs, mit der man mit guten Freunden wunderbar bei ein zwei Bier über alte Zeiten sinnieren kann. Tief traurig, nicht nur wegen der Streicherpassagen, ist die akustische Nummer "Park Bench", bei der es um Erinnerungen, Tod und Verlust geht.



Melancholie und Molltöne am Klavier sind schon immer eine gelungene Verbindung. Mit "Always On My Mind" gelingt Staples ein über die verlorene Jugend und Liebe schwelgender Song, der schnurstracks in meine Playlist "Novocain for the Soul" wandert, wo sich Lieder sammeln, die Herz, Seele und Hirn gleichermaßen mit Balsam bestreichen. Irgendwann wird es diese Liste auch hier auf diesem Blog geben, aber da muss ich die mittlerweile mehr als 2000 Songs umfassende Playlist vorher noch etwas ausdünsten ;-).

Wem das Album jetzt schon zu sentimental drauf ist, der sollte die Segel streichen, denn auch "Times Square" ist ein Lied voller Sehnsucht nach den Zeiten, in denen das Leben noch leichtfüßig und die Liebe komplikations- und kompromisslos war. Seufz, wie schön ist eigentlich dieser Duettgesang mit der Sängerin, deren Namen ich nirgendwo ausfindig machen kann?

Aber bitte nicht auf den Gedanken kommen, "Golden Age" wäre rührseelig oder gar kitschig! Nein, Nein, Nein! "Golden Age" ist wie ein Besuch in der guten alten Zeit, der eben manchmal auch schmerzt, aber auch unendlich viel Freude bereitet - man lausche nur "Vacation".

Ähnlich beschwingt wie der potentielle Smash-Hit "Golden Age" ist die vom Akkordeon flankierte Nummer "Hepburn In Summertime", ebenfalls "very fein" wie man hier zu sagen pflegt. Mit "Dog Blowing A Clarinet" kommt dann kurz vor Schluss der musikalische Aufruf, nicht in der Vergangenheit stecken zu bleiben, sondern die Angst abzulegen und zuversichtlich nach vorne zu blicken, ehe mit "Diary" das alte Tagebuch herzzerreißend, aber mit Hoffnung geschlossen wird.

Zarte Melodien, exzellentes Songwriting, behutsame Arrangements und eine gefühlvolle Stimme. Gratulation Mister Staples zum Meisterwerk "Golden Age".

Im Oktober kommt Chris Staples auch nach Deutschland, in vorwiegend kleinen Clubs, auf Tour. Kölner dürfen sich auf einen sicherlich erhabenen Abend am 9. November 2016 in der Wohngemeinschaft freuen. Taschentücher und alte Freunde nicht vergessen!

... und dieser Mann hat Humor UND Ideen! Gibt es günstige Flüge nach Seattle?


Tracklist:
01 Relatively Permanent
02 Golden Age
03 Missionary
04 Cheap Shades
05 Full Color Dream
06 Park Bench
07 Always On My Mind
08 Times Square
09 Vacation
10 Hepburn In Summertime
11 Dog Blowing A Clarinet
12 Diary



Freitag, 19. August 2016

NEW SONGS Vol. 130: RACKETT / Bats ... DÈCOLLAGE / ;) Semicolon Parentheses ... HIGH VIOLET / Give in ... CRUSHED OUT / Out of The Blue + Skinny Dippin


RACKETT / Bats

Ein frisch geschlüpftes Damen-Quartett aus Australien nennt sich RACKETTS und macht fröhlichen PopPunk zum Mitgrölen.

Da sich die Damen [Bec Callander (Bec and Ben), Skarlett Saramore (SHE REX, Fait Accompli and Particles), Ally Gaven (Baby Lips & the Silhouettes, Salvador Dali Llama) und Jessamyn Jean (Mylee and The Milkshakes)]  mit unterschiedlicher musikalischer Vorgeschichte erst in diesem Jahr gefunden haben, gibt es bisher nur den Song "Bat" zu hören, der später auf der im Januar 2017 erscheinenden Debüt-EP zu finden sein wird. Die fantastischen Sticky Fingers haben die Damen schon als Support eingefangen, was vermuten lässt, dass im nächsten Jahr neben "Bats" noch weitere Hochenergiesongs freigelassen werden.




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DÈCOLLAGE / ;) Semicolon Parentheses

2009 gründete der Kopf der Moon Magnet Studios in Denver, Reed Fuchs, die vierköpfige Band DÈCOLLAGE. Da man als Studio-Chef natürlich zahlreiche Kontakte zu Musikern besitzt, waren an der Entstehung des Albums "Magnetize" letztendlich sogar mehr als 20 kreative Künstler beteiligt.

Für eine Albumbesprechung hat es dieses Mal im Gesamteindruck noch nicht gereicht, aber den Song ";) Semicolon Parentheses" kann ich einfach nicht unerwähnt lassen, weil das PsychedelicPop-Stück so wunderschön blubbert und es exzellent in eine Playlist mit den Flaming Lips und Tame Impala passt.




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HIGH VIOLET / Give in

Und wieder Australien. Charmanter IndiePop aus Sydney, der allerdings mehr nach britischem IndiePop schmeckt.

HIGH VIOLET Frontfrau Emily Smart singt mit ihrer angehaucht verruchten Stimme über Versuchung und Sucht und dem Verlangen diesen nachzugeben. Smashige Nummer, die das geschlechtermäßig ausgeglichene Quartett in der Tradition von Bands wie The Preatures, HAIM und Fleetwood Mac sieht. Letztere lassen sich eher bei der ersten Singelveröffentlichung ausmachen.

"Give in" ist nach "Only Heart" die zweite Veröffentlichung der australischen Band - und in meinen Ohren auch die wesentlich bessere ;-).







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CRUSHED OUT / Out of The Blue

Juhu, ein neues Lebenszeichen von meinem Lieblingspaar aus Brookyn, das mich 2014 mit seinem zweiten Album "Teeth" so begeisterte, dass ich mir das Vinyl aus den Vereinigten Staaten bestellen musste, weil es hierzulande nicht erhältlich war.

CRUSHED OUT sind Frankie Sunswept und Mosel Spiller, ein Mann und eine Frau, ein Schlagzeug und eine Gitarre oder einfach Surf-Rock'n' Roll aus der Wüste.

Kennengelernt haben sich die beiden, die mittlerweile verheiratet sind, als Mosel von New Hamsphire nach Brooklyn zog und von da an Tür an Tür mit Frankie wohnte. Es gab einige Flirts im Flur und bei einer Dachparty wurde das Feuer zwischen den beiden endgültig entfacht.

2010 erschien die Debüt-EP "Show-Pony" und seitdem erfreut das Duo eine wachsende Fangemeinde mit psychedelischen Spaghetti-Western-Dessert-Surf-Sounds, griffigen Melodien und exzellenten Gesangsharmonien.

Die beiden ersten, vorab veröffentlichen, Songs vom neuen Album "Out of The Blue" und "Skinny Dippin" machen höllischen Spaß und belegen, dass Crushed Out auf dem besten Weg sind, ihre Einzigartigkeit auszubauen.

Das neue Album "Alien Ocean" erscheint am 16. September und ist dann hoffentlich auch auf Vinyl in Deutschland erhältlich. Falls nicht, bitte bei der im Frühjahr 2017 anstehenden Europa-Tour Good Old Germany nicht vergessen und genügend Vinyl einpacken.






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Montag, 15. August 2016

MILD HIGH CLUB / Skiptracing

MILD HIGH CLUB? Es beginnt, als hätte ein hochzeitsgeplagter, dem Drogenkonsum nicht abgeneigter Alleinunterhalter, aus Verzweiflung über die Musikwünsche der Hochzeitsgäste, einen Song von Mac DeMarco adaptiert. Der Song nennt sich "Skiptracing" und gibt dem Album seinen Namen.


Das Erstaunliche ist, der Sound ist unglaublich geschmeidig und elegant! Vielleicht sieht der Sänger ja aus wie eine Verschmelzung aus Bryan Ferry und Mac DeMarco? Fort mit den Spekulationen, ab jetzt, wenn möglich, nur noch Fakten!

Der Kopf des Mild High Club ist Alexander Brettin, geboren in Chicago und jetzt ansässig in Los Angeles. Sein Debüt gab er im Januar 2015 mit der 45-Inch "Windowpane / Weeping Willow", mit der er bereits andeutete, dass der vom Jazz kommende und in einer Schulband einst als Flötist tätige Künstler für neue musikalische Wege aufgeschlossen ist. Das in L. A. ansässige Label Stones Throw Records erkannte das Potential des Musikers und brachte noch im selben Jahr das Debütalbum "Timeless" heraus, an dem Brettin drei Jahre lang gearbeitet hatte. Während der Arbeit an "Timeless" knüpfte Brettin Kontakte zu anderen Musikern, darunter solche Freigeister wie Ariel Pink, der auf "Timeless" bei "The Chat" die Vocals beisteuert und eingangs erwähnter Mac DeMarco.



Für das neue Album "Skiptracing" benötigte Brettin nur ein Jahr, was wie er verlauten ließ, besonders daran lag, dass er lernte loszulassen und seinen Songs und Sounds mehr Freiheiten gab. Dadurch ist "Skiptracing" einerseits deutlich abwechslungsreicher wie sein Vorgänger und andererseits in einen grazilen Flow eingebettet.



Der "neue" Mild High Club - wenn man die Facebook-Page betrachtet, umfasst er mittlerweile fünf Musiker - macht spacigen-psychedelischen JazzIndieFunk, der aus einer bisher unbekannten Galaxie in unser Musikuniversum vorgedrungen ist, um altebekannte Genres wie Jazz, Indie, Pop, und sogar Country (die wunderbar bekifftetste Pedal Steel-Gitarre aller Zeiten bei "Chasing My Tail") zu assimilieren.

Die Lead-Single "Homage" ist eine hyperelaxte federleichte Mid-Tempo-Nummer mit schrägen Keys und einem groovy Bass, die klingt, als wäre Ariel Pink Mitglied bei Steely Dan geworden. Der Song dürfte sogar in der Lage sein, das wuselige Treiben am Times Square in New York für 2:58 Minuten zu stoppen.



Die Faszination des ganzen Albums ist diese unglaubliche Erdung, die man erfährt, wenn man sich dem schlingernden Flow von "Skiptracing" aussetzt. Ähnlich wie in diesem Jahr, beim natürlich völlig anders klingenden Album "The Waiting Room" von den Tindersticks, schafft es Brettin, dass man das Drumherum ausblendet und den ganzen Scheiß beiseite schieben kann. Bei den Tindersticks funktioniert dies über die Schnittstelle Melancholie beim Mild High Club über eine intergalaktische Form der Relax-Hypnose. Wer z. B. bei "Kokopelli" nicht abschalten kann, dem dürfte nur noch ein schweres Anästhethikum helfen können.

Einer meiner Lieblingsautoren im Musikexpress, der Herr Weiland, schreibt in seiner Rezension als Abschlusssatz zu "Skiptracing": "Das nächste Album vom Mild High Club könnte ein Highlight werden". Ausnahmsweise muss ich widersprechen, denn "Skiptracing" ist eines der ganz großen Highlights in diesem schon bisher wirklich sehr gut verlaufendem Musikjahr. Herzlich wilkommen Herr Brettin im exquisiten Leierkasten-Club, wo sich bereits solche Größe wie Foxygen, Ariel Pink, The Unknown Mortal Orchestra, Iji und Mac DeMarco befinden.

Ach und übrigens nicht den MILD Hugh Club mit dem MILE High Club, auch MHC genannt, verwechseln! Beim MHC handelt es sich um den inoffiziellen Club, in den man automatisch aufgenommen wird, wenn man Sex in einem Flugzeug hätte. Laut Wikipedia idealerweise in einer Flughöhe von 1852 Meter. Es gibt keine Komplikationen, wenn man dabei ganz Laidback die Musik des Mild High Club hört ;-)

Tracklist:
01 Skiptracing
02 Homage
03 Cary Me Back
04 Tesselation
05 Head Out
06 Kokopelli
07 Whodunit
08 Chasing My Tail
09 Ceiling Zero
10 Skiptracing (Reprise)

Freitag, 12. August 2016

FIELD MOUSE / Episodic

Es war einmal eine Indieband aus London, die nannte sich The Field Mice. Sie lebte nur vier Sommer lang von 1987 bis 1991 und nur wenige können sich an deren Indie-Top-20-Hit "Sensitive" erinnern. Seit 2010 gibt es eine Band mit ähnlichem Namen aus den Vereinigten Staaten, die mit dem Major-Debüt-Album "Hold Still Life" 2014 erstmals meine Aufmerksamkeit erregte und mir mit ihren neuen Album "Episodic" nun helle Freude bereiten.


Aus der anfangs etwas ängstlich erscheinenden kleinen FIELD MOUSE ist nämlich ein veritabler Nager geworden, der nicht nur am Rock knabbert, sondern ordentlich Zähne zeigt. Was daran liegen könnte, dass "Episodic" von Hop Along's Joe Reinhardt in Philadelphia aufgenommen wurde und die haben ja mit dem letztjährigen hochgepriesenen Album "Painted Shut" bewiesen, wie man mit fetten und doch melodiösen IndieRock heutzutage bestehen kann. Field Mouse, bestehend aus Rachel Browne (Vocals, Gitarre), Andrew Futral (Gitarre), Saysha Heinzman (Bass), Tim McCoy (Schlagzeug) und Zoë Browne (Synthesizer, Gitarre) schlagen auf jeden Fall in die gleiche Kerbe wie Hop Along oder auch Big Thief, an deren Album "Masterpiece" ich in diesem Jahr schon mein Herz vergeben habe.

Mit "The Mirror" geht die vom anfänglichen Duo zum Quintett gewachsene Band direkt am Albumanfang in die Vollen. Ein treibender Song mit lauten Schrammelgitarren, feinen Breaks und Tempiwechseln und der bezaubernden Stimme von Rachel, die irgendwo zwischen Adrianne Lenker (Big Thief) und Hope Sandoval anzusiedeln ist. Wer den Vergleich zu Hope beim ersten Song noch nicht nachvollziehen kann, wird mir beim verträumten, aber dennoch ordentlich lärmenden "Half-Life" spätestens zustimmen. Wunderbar diese Gitarrenausbrüche inmitten einer DreamPop-Landschaft!



Das groovende "Acessory" lässt zu Beginn die Gitarren hinter den dominierenden Drums agieren, um sie allerdings später mit voller Wucht in die Schlacht zu werfen. Großartig, das angedeutete Gitarren-Soli im Schlussdrittel. Diese Band weiß zu überraschen!

Das anschließende "The Order of Things" klingt vielleicht etwas der Zeit hinterher, aber mit dem geschmeidigen "A Widow with a Terrible Secret", vielleicht dem stärksten Song des Albums, zeigt die Band, die sich aus Mitgliedern aus New York, Philadelphia und Pennsylvania speist, dass im US-IndieRock ab sofort mit ihnen zu rechnen ist.



Auch bei "Beacon" brennt das Feuer! Der Song braucht etwas länger, bis er sich in meine Gehörgänge klebt, sitzt dann aber perfekt. Das Spiel mit lauten und leisen Tönen ist eindeutig eine herausragende Stärke von Field Mouse. Normalerweise changiert die Volume in jedem einzelnen Song, man könnte nach der ersten Minute denken, "Over And Out" ist eine Ausnahme, aber dann erstaunt die Nummer durch die ansteigende Dramatik und lässt am Ende gar schwelgerische Gitarren erklingen, die mich an meine Lieblings-Dinos erinnern.

Das DreamPop-vs-Shoegaze-Konzept zieht sich wie ein roter Faden durch das Album, auch bei "Do You Believe Me Now", einem von einigen Kandidaten für die Indie-Disco und dem herrlich aufschäumendem "Never Would Have Known". Der Kontext des Albums steht, auch wenn der letzte Song "Out of Context" heißt, der mit einer fulminanten Noise-Attacke den perfekten Schlusspunkt setzt. Wird wohl auf ewig der letzte Song bei Live-Konzerten sein - was ich hoffentlich bald erleben darf ;-)



Tracklist:
01 The Mirror
02 Half-Life
03 Accessory
04 The Order of Things
05 A Widow with a Terrible Secret
06 Beacon
07 Over And Out
08 Do You Believe Me Now
09 Never Would Have Known
10 Out of Context


Montag, 8. August 2016

NEW SONGS Vol. 129: LIMESTONE CHORUS / Woods & Water ... LOUIS BERRY / Nicole ... THE BROOD / All Debit No Credit ... HIS CLANCYNESS / Pale Fear


LIMESTONE CHORUS / Woods & Water

Hippie-Folkmusik aus St. Catharine, einer knapp 400.000 Einwohner zählenden Stadt in Ontario/Kanada.

Die vier Herren von LIMESTONE CHORUS, Jordan Nicolaides (Gitarre), Wilson Hadfield (Gitarre), Ben Goerzen (Cello) und Eric Rudling (Schlagzeug) schreiben soulige Songs, die tief im Folk verwurzelt sind. Sie feiern die Natur und glauben an das Gute im Menschen und werfen mit einschmeichelnden Melodien um sich.

"Woods & Water" ist die erste Veröffentlichung vom in Kürze erscheinendem zweiten Album "Deer Friends". Wäre wahrscheinlich wundervoll, wenn die Welt so harmonisch wäre wie die Songs des Quartetts. Let love rule!





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LOUIS BERRY / Nicole

Ob der Newcomer LOUIS BERRY aus England wirklich so eine erschütternde Vita hat, wie die Plattenfirma verlauten lässt, weiß man nie genau. Sollte es aber stimmen, dann freut es mich, dass der Sohn eines heroinsüchtigen Vaters, großgeworden in den übelsten Ecken Liverpools, nach nur zwei veröffentlichten Tracks von Ministry of Sound einen Plattenvertrag erhielt und jetzt mit der ersten Vorab-Single "Nicole" seinen nicht ganz so dreckigen Rock'n'Roll aller Welt präsentieren kann.

"Nicole" ist ein heißer Feger und Louis dunkle Reibeisenstimme passt perfekt zum rasanten Rock'n'Roll-Smash-Hit. Das Debüt-Album wurde in Nashville von Jacquire King (James Bay, Kings of Leon) produziert  und soll demnächst erscheinen. Hoffentlich bleibt Berry der ungehobelte Charme erhalten, der seine furiosen 2015er Singles "Rebel", "Cowboy" und ganz besonders ".45" auszeichnet.




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THE BROOD / All Debit No Credit

Ola, da kopiert jemand Devo, ohne Devo zu kopieren! Und ein bisschen They Might Be Giants und B-52's steckt auch drin!

Schmeckt auf jeden Fall verdammt nach NewWave der Achtziger, was der kanadische Vierer (Seamus Erskine [Vocals, Gitarrre], Billy Taylor Habib [Bass, Vocals], Siobhan Martin [Keys, Vocals]) und Matt Gallant [Schlagzeug]) serviert.

Und, dass der Sound einer Band schräg sein muss, die sich nach Cronenbergs Psycho-Horrorthriller-Meisterwerk von 1979 "The Brood" (dt. Die Brut) benannt hat, ist sicher nicht verwunderlich.




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HIS CLANCYNESS / Pale Fear

2009 gründete sich in Bologna/Italien die Band HIS CLANYNESS aus kanadischen und italienischen Musikern. Das Debüt "Always Mist Revisted" erschien 2011 und speziell der 2013 erschienene Nachfolger "Vicious" sorgte für das in Brighton ansässige Label FatCat Records für exzellente Verkaufszahlen.

Dann wurde es still um das Quartett, bestehend aus Jonathan Clancy (Vocals, Gitarre), Jacopo Borazzo (Schlagzeug), Giulia Mazza (Orgel, Synthesizers) und Nico Pasquini (Bass, Sampler), bis nun vor wenigen Tagen die Doppel-A-Single "Pale Fear / Coming Up" erschien.

"Pale Fear" hat einen archaisch rumpelnden Beat, freaky Fuzz-Gitarren sowie quietschende analoge Synthesizer und manövriert gekonnt zwischen IndieRock, ArtRock und Psychedelic. Dazu ein herrlich bescheuertes Video - was will man mehr! Ähhh auch so ein Tuch für die Kauleiste ;-) .




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Freitag, 5. August 2016

DINOSAUR JR / Give a Glimpse of What Yer No

Amerika und die Welt steht vor großen Umbrüchen. Wird der skandalös unansehnliche Schwätzer Trump der nächste Präsident oder wird es die ungeliebte ehemalige Präsidentin-Gattin Hillary Clinton? Nichts ist gewiss, außer dass auf DINOSAUR JR auch in Zeiten von Chaos und Unsicherheit Verlass ist.


Härter denn je geht das Trio J Mascis, Lou Barlow (Bass) und Murph (Schlagzeug) auf "Give a Glimpse of What Yer No" zu Werke. War die Vorab-Single "Tiny" schon ein ordentliches Brett mit allem, was man an IndieRock lieben kann und muss, so geht der Album-Opener "Goin Down" sogar noch weiter und streift mit seinen brutalen Riffs das Metal-Gefilde.

Dinosaur Jr haben den Kniff gefunden, der Legenden erschafft. Nach wenigen Takten ist klar, welche Band hier spielt, ähnlich wie bei den Ramones oder The Cure oder Motörhead. Die Dinos zementieren ihren Status als IndieRock-Götter, die keine anderen neben sich dulden. Da kann man dann auch ganz problemlos eine Ballade wie "Be a Part" aus den Ärmeln schütteln, die den zahmgewordenen Red Hot Chili Peppers die Harke zeigt.



Ordentlich Dampf am Schlagzeug macht Murph bei "I Told Everyone", die Melodie ist nicht die innovativste, aber es rumpelt wunderbar und Mascis Stimme verpasst einfach jedem Song diese wohlig erhabene Traurigkeit, wie es nur Kurt Cobain in ähnlicher Weise konnte. Beherrscht man sein Metier aus dem Effeff, kann man natürlich überraschen, wenn man sich plötzlich ganz anderen Genres annähert. Bei "Love Is…" überraschen die Dinos! Der Song klingt tatsächlich nach Hippie-Flower-Power und Jefferson Airplane! Ist übrigens wie "Left/Right" aus der Feder von Lou Barlow.

Wer kreischende Gitarren liebt, wird mit dem tummultartigen "Good To Know" seine helle Freude haben. Mascis bearbeitet sein Arbeitsgerät auf unnachahmliche Weise, wie ein kleiner Berserker jagt er Riff über Riff und lässt das Saitengerät jammern, als wäre das Ende der Welt gekommen.

Wer noch immer nicht glaubt, dass Dinosaur Jr den Grunge erschuf, der höre mal bei "I Walk For Miles" genau hin und revidiere dann ganz schnell seinen katastrophalen Denkfehler. Ohne Mascis hätte es Grunge nie gegeben!

Wieder mehr die melodiöse Seite der Dino tritt bei "Lost All Day" zu Tage. Nicht nur, wer jeden Tag verliert, sollte sich beim traurigsten Rock-Trio der Alternative-Szene herrlich sentimental ausweinen können.

Gaaanz sanft und langsam, wie auf seinen exzellenten Solo-Alben klingt Mascis bei "Knocked Around". Eine Ballade ist eine Ballade, ist eine Ballade. Aber eine Ballade aus der Feder von Mascis ist immer etwas mehr als eine Ballade.

"Mirror" lässt ausnahmsweise temporär den Bass auch mal etwas in den Vordergrund treten, aber ansonsten alles wie immer. Ein exzellenter Rocksong, der auf Gitarrenwänden schwebt und auf einem fetten Breitwand-Riff reitet.



Zum Schluss mit "Left/Right" noch mal ein Song aus der Feder von Barlow. Als Songwriter gewinnt er dem Trio durchaus einige neue Momente ab oder gab es schon mal solche Keys in einem Dino-Song? Und der Wechsel zwischen fetten E-Gitarren zu akustischen Klängen ist wirklich exzellent! Gerne mehr von Herrn Barlow, aber auf keinen Fall weniger von Herrn Mascis, also als nächstes bitte ein Doppelalbum ;-)

Ausblick: Welcher Dino wird eher die Fahnen streichen, Dinosaur Jr oder der Hamburger SV? Von mir aus lieber der Bundesliga-Dino, denn der Junior Dino ist frisch und knackig wie eh und je.

Tracklist:
01 Goin Down
02 Tiny
03 Be A Part
04 I Told Everyone
05 Love Is…
06 Good To Know
07 I Walk For Miles
08 Lost All Day
09 Knocked Around
10 Mirror
11 Left/Right

Montag, 1. August 2016

NEW SONGS Vol. 128: MALLRAT / For Real ... ROSS HENRY / The Deep ... COLE RANDALL / Our Golden Years ... FUCK YEAH / C’mon


MALLRAT / For Real

Jugend forscht! Die 17-jährige MALLRAT kommt aus Brisbane in Australien und experimentiert an der Schnittstelle zwischen HipHop/Rap und ElectroPop.

Was dabei herauskommt klingt neu und rotzfrech: Ein  typisch 90er-Jahre Klavierloop, schrille Synthis, fette HipHopBeats und eine Stimme zwischen Lily Allen und Lykke Li.

"For Real" hat das Zeug zur Sommerhymne für Pickelgesichter und ist trotzdem interessanter als das neue Zeug von Grimes und weniger Mainstream als Charlie XCX. Schön, dass sich die junge Dame dazu entschlossen hat, nicht mehr in Malls herumzuhängen, sondern Musik zu machen.




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ROSS HENRY / The Deep

Und noch mal Australien. ROSS HENRY ist ein Musiker aus Sydney, der sich seine Brötchen auch gerne als Produzent verdient.

"The Deep" handelt von der Zeit, wenn die Nacht in den frühen Morgen übergeht. Wer noch wach ist, spürt in jeder Zelle im Körper die Müdigkeit. Es herrscht trügerische Stille, die schon bald dem täglichen Treiben weichen wird.

Den wunderschönen Clip zum Song hat Ross Henry über mehrere Wochen selbst mit dem iPhone gedreht und dann digital bearbeitet und an den sphärischen sanften elektronischen Track angepasst. Besonders toll ist natürlich die Stimme von Ross, die man sehr leicht mit der von The National-Frontmann Matt Berninger verwechseln kann.




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COLE RANDALL / Our Golden Years

Fleißige Leser dieses Blogs dürften beim Namen COLE RANDALL aufhorchen, denn im März diesen Jahres wurde hier das Duo Flora Cash gepriesen, bei dem Randall den männlichen Part stellt.

Während Flora Cash neben den klassichen Folk-Sounds auch DreamPop-Elemente gerne in ihre Songs einbauen, was bei der elfengleichen Stimme von Mitstreiterin Shpresa Lleshaj wahrscheinlich unumgänglich ist, setzt Randall bei seinem Solo-Song "Our Golden Years" auf puristischen Singer/Songwriter-Folk. Die melancholische sehnsuchtsvolle Nummer ist für mich schon jetzt einer der Songs des Jahres. Wer gefühlfvollen Folk für die Seele liebt und schon Patten von den Villagers im Schrank hat, wird sich freuen, dass er einen weiteren großartigen Songwriter neben Conor J. O'Brien entdeckt hat.




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FUCK YEAH  / C’mon

Nein, FUCK YEAH sind keine Engländer und nein, auch keine Amerikaner und auch keine Aussies!

Fuck Yeah sind Bayern! Aus München! Und warum können die ordentlich rocken!? Sogar mit verzerrten Gitarren und 'ner fetten Hookline!?

Keine Ahnung! Fest steht, die nicht mehr ganz taufrischen Herren  Rainer "Gussie" Germann, Gitarrist Kevin Ippisch, Schlagzeuger Michael Metzger und Sänger Markus Naegele haben reichlich Erfahrung im Rockbusiness und machen taufrischen IndieRock, der speziell bei feierwütigen Studenten hoch im Kurs stehen dürfte. Frei nach dem Motto:  "Eine Hook, ein Bier und ab dafür!"

Keine neuen Errungenschaft für die Pop- und Rockgeschichte, aber gute Laune versprüht die Mixtur aus Indie- und GlamRock allemal.



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