Labels

Freitag, 5. August 2016

DINOSAUR JR / Give a Glimpse of What Yer No

Amerika und die Welt steht vor großen Umbrüchen. Wird der skandalös unansehnliche Schwätzer Trump der nächste Präsident oder wird es die ungeliebte ehemalige Präsidentin-Gattin Hillary Clinton? Nichts ist gewiss, außer dass auf DINOSAUR JR auch in Zeiten von Chaos und Unsicherheit Verlass ist.


Härter denn je geht das Trio J Mascis, Lou Barlow (Bass) und Murph (Schlagzeug) auf "Give a Glimpse of What Yer No" zu Werke. War die Vorab-Single "Tiny" schon ein ordentliches Brett mit allem, was man an IndieRock lieben kann und muss, so geht der Album-Opener "Goin Down" sogar noch weiter und streift mit seinen brutalen Riffs das Metal-Gefilde.

Dinosaur Jr haben den Kniff gefunden, der Legenden erschafft. Nach wenigen Takten ist klar, welche Band hier spielt, ähnlich wie bei den Ramones oder The Cure oder Motörhead. Die Dinos zementieren ihren Status als IndieRock-Götter, die keine anderen neben sich dulden. Da kann man dann auch ganz problemlos eine Ballade wie "Be a Part" aus den Ärmeln schütteln, die den zahmgewordenen Red Hot Chili Peppers die Harke zeigt.



Ordentlich Dampf am Schlagzeug macht Murph bei "I Told Everyone", die Melodie ist nicht die innovativste, aber es rumpelt wunderbar und Mascis Stimme verpasst einfach jedem Song diese wohlig erhabene Traurigkeit, wie es nur Kurt Cobain in ähnlicher Weise konnte. Beherrscht man sein Metier aus dem Effeff, kann man natürlich überraschen, wenn man sich plötzlich ganz anderen Genres annähert. Bei "Love Is…" überraschen die Dinos! Der Song klingt tatsächlich nach Hippie-Flower-Power und Jefferson Airplane! Ist übrigens wie "Left/Right" aus der Feder von Lou Barlow.

Wer kreischende Gitarren liebt, wird mit dem tummultartigen "Good To Know" seine helle Freude haben. Mascis bearbeitet sein Arbeitsgerät auf unnachahmliche Weise, wie ein kleiner Berserker jagt er Riff über Riff und lässt das Saitengerät jammern, als wäre das Ende der Welt gekommen.

Wer noch immer nicht glaubt, dass Dinosaur Jr den Grunge erschuf, der höre mal bei "I Walk For Miles" genau hin und revidiere dann ganz schnell seinen katastrophalen Denkfehler. Ohne Mascis hätte es Grunge nie gegeben!

Wieder mehr die melodiöse Seite der Dino tritt bei "Lost All Day" zu Tage. Nicht nur, wer jeden Tag verliert, sollte sich beim traurigsten Rock-Trio der Alternative-Szene herrlich sentimental ausweinen können.

Gaaanz sanft und langsam, wie auf seinen exzellenten Solo-Alben klingt Mascis bei "Knocked Around". Eine Ballade ist eine Ballade, ist eine Ballade. Aber eine Ballade aus der Feder von Mascis ist immer etwas mehr als eine Ballade.

"Mirror" lässt ausnahmsweise temporär den Bass auch mal etwas in den Vordergrund treten, aber ansonsten alles wie immer. Ein exzellenter Rocksong, der auf Gitarrenwänden schwebt und auf einem fetten Breitwand-Riff reitet.



Zum Schluss mit "Left/Right" noch mal ein Song aus der Feder von Barlow. Als Songwriter gewinnt er dem Trio durchaus einige neue Momente ab oder gab es schon mal solche Keys in einem Dino-Song? Und der Wechsel zwischen fetten E-Gitarren zu akustischen Klängen ist wirklich exzellent! Gerne mehr von Herrn Barlow, aber auf keinen Fall weniger von Herrn Mascis, also als nächstes bitte ein Doppelalbum ;-)

Ausblick: Welcher Dino wird eher die Fahnen streichen, Dinosaur Jr oder der Hamburger SV? Von mir aus lieber der Bundesliga-Dino, denn der Junior Dino ist frisch und knackig wie eh und je.

Tracklist:
01 Goin Down
02 Tiny
03 Be A Part
04 I Told Everyone
05 Love Is…
06 Good To Know
07 I Walk For Miles
08 Lost All Day
09 Knocked Around
10 Mirror
11 Left/Right

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen