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Sonntag, 14. Februar 2016

WOLF ALICE live in Cologne [Concert Review]

Location: Clubbahnhof Ehrenfeld
Date: 12.02.2016
Support: Sundara Karma

 

Wir, mein treuer Konzertbegleiter C. und ich, standen vor einer schweren Entscheidung. Kindergeburtstag mit Deichkind in der großen schrecklichen Halle, Tristan Busch vom Staatsakt-Label im Underground II oder die zarteste Versuchung an der Gitarre im Clubbahnhof Ehrenfeld.

Die Würfel fielen aus verscheidenen Gründen  auf WOLF ALICE mit der aparten Ellie Roswell als Frontfrau. Die 23-jährige Ellie startete Wolf Alice 2010 ursprünglich als Solo-Acoustik-Act, fand aber schnell mit Gitarrist Joff Oddie einen Mitstreiter und mauserte sich schließlich mit Drummer Joel Amey und Bassist Theo Ellis (2012) zum Quartett.

Der Clubbahnhof ist trotz starker Konzertkonkurrenz an diesem Abend gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Das Publikum verteilt sich über alle Altersklassen, wobei auffällig viele weibliche Teenager direkt vor der Bühne ihr Unwesen treiben.

Der Konzertabend beginnt mit Sundara Karma, ebenfalls aus Großbritannien stammend. Die noch verdammt junge Band, bestehend aus vier Herren, haben nicht nur einen ausgesprochen schlechten Geschmack für Bandnamen, sondern auch für Bühnenoutfits. Auch wenn das Auge mitisst, interessiert es mich aber nicht die Bohne, wenn die Band mich musikalisch überzeugt. Aber auch hier kann ich für das Quartett nur den Daumen nach unten senken. Pathetischer PopRock mit aufgeblähten Suede-Posen und klarem Augenmerk auf belanglosem StadionRock. Sorry, aber wirklich grauenvoll.

Gegen 20:30 betritt dann Wolf Alice die Bühne. Ich bin nicht so sehr mit dem Repertoire der Band vertraut, dass ich jeden Song an diesem Abend erkenne, aber der Einstiegssong "Your Loves Whore" erkenne ich sofort. Schon beim ersten Song wird ersichtlich, dass die Band sehr gut eingespielt ist und vorzüglich miteinander harmoniert. Die kurzen Stopps in "Your Loves Whore" kommen mir live noch einige Millisekunden länger vor, aber die Briten sind perfekt im Timing und ich bin hingerissen von der hervorragenden Live-Stimme von Ellie Roswell.

Es mag sein, dass ich als Angehöriger des männlichen Geschlechts es nicht wirklich objektiv beurteilen kann, aber für mich ist Misses Roswell ein regelrechter Augenmagnet, obwohl sie sich nicht gerade als Rampensau, sondern eher sehr kontrolliert und kühl präsentiert.

Bei "Freazy", einer sehr poppigen Nummer mit DreamPop-Elementen wird mir klar, dass mein eher dem harten Sound zugeneigter Konzertbegleiter C. an diesem Abend nicht voll auf seine Kosten kommen wird. Natürlich lassen Wolf Alice, wie beispielsweise bei "Fluffy" auch ordentlich die Gitarren krachen, aber es bleibt immer sehr clean oder, um es mit C's Worten zu sagen "Es fehlt das Schmutzige".

Ich kann mich aber trotzdem für die Band begeistern, weil das Songwriting wirklich gut ist - da merkt man wohl, dass Ellie als Singer/Songwriterin gestartet ist - und ich finde der Rasierklingenritt zwischen DreamPop, IndieRock und StadionRock gelingt außerordentlich gut. Auf die Nerven geht mir nur Bassist Theo, der immer wieder zum Mitklatschen auffordert und leider auch einige Konzertbesucher dieser Aufforderung nachkommen. Ich hasse diese Bierzeltstimmung, weswegen auch klar sein dürfte, warum ich mich mit den österreichischen Senkrechtstartern Wanda so schwer tue!



Sehr gut gefällt mir heute Abend neben den lauteren Songs vor allem das sehr atmosphärische von Drummer Joel Amey gesungene "Swallowtail", das mich, obwohl es keine Frau singt, an wunderbare Mazzy Star-Stücke erinnert. Bei dem letzten Song vor der Zugabe, "Moaning Lisa Smile" und  "You're a Germ" beweist Ellie ihre stimmliche Vielfalt und deutet auf jeden Fall an, dass sie wie von C. gewünscht, irgendwann doch noch auf die dunkle Seite wechseln kann ;-).

Das Zugabenset nach knapp 60 Minuten regulärer Spielzeit ist dann auch wirklich feinste Sahne. Es beginnt ganz zärtlich mit dem folkigen "Turn to Dust", bei dem Ellie ihre Stimme noch einmal in aller Pracht präsentieren kann und endet folgerichtig mit dem extrem schmackhaften Riesenpfirsich. "Giant Peach" ist natürlich der ultimative Hit der Band, die Gitarren brettern und Ellie klingt wie die Bühnen-Reinkarnation von Justine Frischmann (Elastica). Großartiger Song!



Auch wenn Herr C. an diesem Abend nicht ganz glücklich den Clubbahnhof verlässt, so sind wir uns doch ziemlich einig, dass Misses Roswell und ihre Gitarre zur Zeit so ziemlich das heißeste Duo im Rock 'n' Roll-Zirkus sind. Die Zukunft wird zeigen in welche Richtung sich Wolf Alice nach ihrem 2015er Debütalbum "My Love is cool" entwickeln. Mehr Dirtyness, mehr Stadion oder bleibt es der Ritt auf der Rasierklinge? All we can do is sit and wait!

Ö

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