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Donnerstag, 4. Februar 2016

ELEANOR FRIEDBERGER / New View

Reviews in der Sparte Singer/Songwriter werden ja häufig mit Adjektiven wie melancholisch oder nachdenklichen bedacht, aber es gibt auch Ausnahmen wie Eleanor Friedberger, die seit sie auf Solopfaden wandelt, auf ihren Alben charmanten SongwriterFolkPop mit sonnigem Sixties-Flair verbreitet.


Auch auf "New View" geizt Friedberger nicht mit ausgefeilten Arrangements und Kompositionen, auch wenn sich dieses Mal kein Hit wie "I Don't Want To Bother You" , aus ihrem letzen 2013 erschienenen Album "Personal Record", befindet.

"New View" ist weniger groovender Pop als es der Vorgänger war. Das neue Werk orientiert sich eher an Eleanor Friedbergers Debütalbum "Last Summer" aus dem Jahr 2011, als sich die Amerikanerin von ihrem Bruder, mit dem sie die IndieRock-Band mit PostProg-Attitüde Fiery Furnances bildete, erstmals löste, um "einfachere" Musik zu machen.

Aber "einfach" bedeutet bei Friedberger keinesfalls einfallslos. Im Gegenteil, dass Friedberger weiter als Songwriterin gereift ist, merkt man daran, dass ihre Songs sich anfangs gerne sperren und erst nach mehrfachem Hören ihre verspielten Feinheiten und intelligenten versteckten Ohrwurmmelodien freigeben. Friedberger ist alles andere als ein Schreihals oder jemand, der mit dem großen Ausrufezeichen wild rumhantiert. Friedberger beherrscht mit ihrer federleichten Musik die Kunst, angenehm unaufdringlich zu sein ohne zu langeweilen!

Bestes Beispiel ist der erste Titel des Albums, "He Didn't Mention His Mother", der schier unauffällig dahinplätschert und erst Aufmerksamkeit auf sich zieht, wenn in der Mitte des Songs plötzlich ein kleines feines Gitarrenintermezzo aus der Reihe tanzt. Nach und nach erschließen sich dann die vielen Kniffe und Finten, die in diesem zeitlosen Stück tatsächlich versteckt sind.



Ähnlich funktioniert "Your World", nur dass bei diesem Song die Keys und nicht die Gitarre einen munteren Ausflug ins Unerwartete startet. Bereits nach Song Nummer vier kann man summieren, dass Friedberger auf "New View" deutlich relaxter und mit weniger überbrodelten Elan, wie zuletzt beim für einen Kurzfilm beigesteuerten Song "False Alphabet City" praktiziert, zu Werke geht.

Bei "Never is a Long Time" schafft Friedberger das Kunststück in die Schnittstelle zwischen Bob Dylan und Carole King vorzustoßen. Sie spielt mit den Worten wie Dylan und findet innerhalb eigentlich traditioneller Songstrukturen neue kleine unausgetretene Pfade wie einst Carole King.

Mit "Cathy with the Curly Hair" ist dann doch plötzlich wieder der Groove und Drive des letzten Albums präsent, aber auch in dieser Bestandsaufnahme einer sich lösenden Beziehung wird unterschwellig langsam deutlich, dass Friedberger sich während dem Sonwriting zu diesem Album nicht unbedingt in ihrer glücklichsten Lebensphase befand. Was bei "Never is a long Time" offen zu Tage trat, wird nun immer deutlicher: Die Songs auf "Niew View" tragen zwar weiterhin größtenteils ein sonniges Gemüt im Herzen, aber es liegt ein (sehr persönlicher) Schatten darüber.



"Two Versions of Tomorrow" bestärkt die eben getätigte These. Auf den ersten Hinhörer ein wunderbares Stück zum Abhängen in der Sonne und erst nach und nach erschließt sich die im Stück und den Lyrics verankerte melancholische Note. Ganz und gar und von Anfang an eingefangen hat mich der emotionalste Song des Albums: "All Known Things". Großartige rumpelnde Melodie, wunderbare Breaks und träumerische Instrumentalparts. "Very fein", wie man hier zu sagen pflegt!

Nächste Feststellung: Das Album wird nach hinten raus zunehmend griffiger! Auch die beiden letzten Songs "Does Turquoise Work?" und "A Long Walk" gehören zu den schönsten Titeln, die Friedberger bisher veröffentlicht hat. Das psychedelisch angehauchte "Does Turquoise Work?" ist nur leider viel zu kurz, aber beim deutlich längeren "A Long Walk" über Countrygefilde möchte man sofort zum Frühlingsspaziergang aufbrechen.


Tracklist:
01 He Didn't Mention His Mother
02 Open Season
03 Sweetest Girl
04 Your Word
05 Because I Asked You
06 Never is a Long Time
07 Cathy with the Curly Hair
08 Two Versions of Tomorrow
09 All Known Things
10 Does Turquoise Work?
11 A Long Walk

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