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Montag, 30. Januar 2017

QUICK & DIRTY: MICK HARVEY / Intoxicated Women

Published: 20.01.2017
Label: Mute (Rough Trade)
Genre: Alternative Chanson
Country: Melbourne, Australia

 


Members:
Michael John "Mick" Harvey (Vocals, Gitarre, Bass, Keys, Schlagzeug, etc.)


In den 90ern begann MICK HARVEY u. a. bekannt durch seine Arbeiten mit Nick Cave und PJ Harvey sein Serge Gainsbourg-Projekt, bei dem er die Songs des französischen Idols der Urspungssprache "beraubt" und die Lieder ins Englische übersetzt und mehr oder weniger neu interpretiert.

"Intoxicated Women", natürlich eine Anspielung auf den Gainsbourg-Song "Intoxicated Man", ist nun das vierte Album aus diesem Projekt, welches sich hauptsächlich mit Songs beschäftigt, bei denen sich Gainsbourg mit den verschiedensten Damen die Vocals teilte oder sie ihnen ganz überlies.

Demzufolge versammelt Harvey für seinen vierten Teil eine illustre Schar an Damen im Studio: Channthy Kak (Cambodian Space Project), die Australierinnen Xanthe Waite (Terry, Primo) und Sophia Brous, Lyndelle-Jayne Spruyt, Jess Ribeiro sowie die deutsche Sängerin Andrea Schröder. Weiterhin ist als Special-Guest Solomon Harvey, Mick Harveys Sohn, zu hören.

Man sollte sich nicht davon ins Bockshorn jagen lassen, dass das Album mit Gainsbourgs größtem Hit beginnt, denn neben dem Klassiker, der nun nicht mehr "Je T’aime… (Moi non plus)", sondern "Ich Liebe Dich… (Ich Dich Auch Nicht)" heißt, sind auch einige kaum bekannte Songs (z. B. "La Noyée/The Drowned One" und "Dents de Lait, Dents de Loup/Baby Teeth, Wolfy Teeth") des großen Franzosen in der gelungenen vierten Harvey-Mischung.



Meine absoluten Highlights sind "Contact", im Original 1968 gesungen von Brigitte Bardot, wo die Sprache zwischen Khmer und Englisch wechselt, das von Harvey wirklich perfekt interpretierte "God Smokes Havanas" ("Dieu est un fumeur de Havanes" im Original mit Catherine Deneuve) und "Puppet Of Wax, Puppet Of Song" ("Poupée de cire poupée de son", damals gesungen von France Gall), das dem großartigen Original ganz neue Facetten abgewinnt.









Tracklist:
01 Ich Liebe Dich ... Ich Dich Auch Nicht (feat. Andrea Schroeder)
02 All Day Suckers
03 Contact (feat. Channthy Kak)
04 Prévert's Song (feat. Jess Rebeiro)
05 The Eyes To Cry (feat. Sophia Brous)
06 Puppet Of Wax, Puppet Of Song (feat. Xanthe Waite)
07 Baby Teeth, Wolfy Teeth (feat. Solomon Harvey)
08 God Smokes Havanas (feat. Andrea Schroeder)
09 While Rereading Your Letter (feat. Sophia Brous)
10 Sensuelle et Sans Suite (feat. Lindelle-Jayne Spruyt)
11 The Homely Ones (feat. Xanthe Waite)
12 Lost Loves (feat. Andrea Schroeder)
13 Striptease
14 The Drowned One (feat. Jess Rebeiro)
15 Cargo Cult

Samstag, 28. Januar 2017

NEW SONGS Vol. 144: SLOWDIVE / Star Roving ... THE CAPTAIN'S SON / Walking Around Purposely ... SAMANTHA CRAIN / Oh Dear Louis ... TIMBER TIMBRE / Sewer Blues


SLOWDIVE / Star Roving

2014 gaben SLOWDIVE bekannt, dass sie nach 19 Jahren beschlossen haben, wohlgemerkt in der Urbesetzung, wieder gemeinsam Musik zu machen.

Bis zum nun veröffentlichten "Star Roving" hoffte man allerdings vergeblich auf neues Material der Briten. Sie gaben zwar kurz nach ihrer Reunion einige Konzerte und stießen Spekulationen an, dass es vielleicht ein neues Album gäbe, aber nach 3 Jahren hatte eigentlich niemand mehr damit gerechnet.

Jetzt also immerhin ein Song! Natürlich machen Slowdive auch 22 Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung das, was sie schon immer machen, weil sie es können: schwelgerischen Shoegaze, der sich warm über die Zuhörer ergießt.




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THE CAPTAIN'S SON / Walking Around Purposely

Der gut gelaunte IndiePop mit Surf- und Sixties-Einflüssen des aus Springfield/Missouri stammenden Trios THE CAPTAIN'S SON lässt auch in diesen arschkalten Tagen Frühlings-, wenn nicht sogar Sommergefühle, aufkommen.

Die Herren Paige Byrd, Jarred Hayden und William Hopkins haben ein feines Händchen für Melodien und Harmoniegesang und verstehen es, Altbewährtes in ein schickes neues Gewand zu kleiden.

Die schlicht "Captain's Son" betitelte EP erscheint voraussichtlich am 10ten März dieses Jahres.




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SAMANTHA CRAIN / Oh Dear Louis

Die kleine, aber großartige Folksängerin SAMANTHA CRAIN, die 2015 mit ihrem vierten Longplayer "Under Branch & Thorn & Tree" einen gefühlvollen Einblick in die amerikanische Working-Class gab, präsentiert mit "Oh Dear Louis" den ersten Song vom am 24ten März erscheinenden neuen Album "You had me at Goodbye".

Wer sich im bisherigen Repertoire von Miss Crane auskennt, wird etwas erstaunt sein, mit wie viel Rhythmus und Groove der neue Song arbeitet, aber natürlich bleibt er wegen der markanten Stimme trotzdem sofort als ein Stück der indianischen Singer/Songwriterin aus Oklahoma erkennbar. Scheint so, als ob Samantha auf ihrem 5ten Album ein paar neue Wege ausprobieren möchte? Wenn es so klingt wie bei "Oh Dear Louis", dann kann da eigentlich niemand etwas dagegen haben.

Der im B-Horror-Movie-Style angelegte Clip ist eine ungewöhnliche Ausdrucksform, um die Lyrics des Songs zu unterstreichen, aber wenn man genau zuhört und hinschaut, erschließt sich schon, was Samantha mit dem Video ausdrücken will.




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TIMBER TIMBRE / Sewer Blues

2014 konnte ich die kanadische Band TIMBER TIMBRE beim Rolling Stone Weekender erleben und noch immer denke ich gerne an diesen wahrlich dramatischen Auftritt zurück.

3 Jahre nach "Hot Dreams" erscheint nun im April "Sincerely, Future Pollution" das sechste Album des Quartetts, um den zornigen Mann Taylor Kirk und mit "Sewer Blues" der erste Song. Wie soll es auch anders sein in diesen Zeiten, der Sound ist gefährlich, dramatisch und würde ich dem Kind einen Namen geben müssen, würde ich es als Science-Fiction-Horror-Blues bezeichnen.




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Donnerstag, 26. Januar 2017

QUICK & DIRTY: MOUSE ON THE KEYS / Out Of Body [EP]

Published: 25.01.2017
Label: Topshelf Records
Genre: Post-Rock, Future Jazz, Avantgarde Electro, Math-Rock, Neo-Klassik
Country: Tokyo, Japan


Members:
Akira Kawasaki (drum, piano, keyboard), Atsushi Kiyota (piano, keyboard), Daisuke Niitome (piano, keyboard)

Es ist, was es ist! Es ist traurig. Es ist ein dunkler Stern. Es ist funkelnd schön. Es löst den Geist vom Körper und deswegen ist der Titel "Out of Body" vortrefflich gewählt. Die 2006, anfangs noch als Duo, heute als Trio musizierende Band MOUSE ON THE KEYS aus der japanischen Hauptstadt Tokyo sind die Mogwai des Jazz oder The XX des Math-Rock oder einfach die Band, die es versteht, atmosphärisch unglaublich dichte Klangwelten zu erschaffen.



Die EP enthält sechs Nummern, durchwegs instrumentale Stücke, die an Dramatik und Wucht keine Wünsche übrig lassen. Die urspüngliche Intention des Trios zur Bandgründung, nämlich die Aggressionen und die Intensität des Hardcore-Genres in künstlerische Klavierkompositionen inspiriert von Jazz, aber auch Klassik, zu überführen, ist nicht mehr in jedem Track absolut spürbar, aber die Intensität der Stücke lässt die einstige Absicht noch immer erkennen.



"Out of Body" ist laut Akira Kawasak ein Werk, welches sich mit dem Tod beschäftigt. Als Inspirationsquellen nennt er die Katastrophe des Atomkraftwerkes in Fukushima, eine eigene schwere Erkrankung und eine Fernsehdokumentation über das Buch "Near-death Experience" des japanischen Journalisten Takashi Tachibana.

Mit minimalistischen Beats aus der HipHop-Ecke, zwei Klavieren und zwei Keyboards erschaffen die Japanern finstere Klänge, die Bilder entstehen lassen und Emotionen wecken, ähnlich wie Ryūichi Sakamoto es schon seit Jahren tut, aber irgendwie doch auch anders.

Tracklist:
01 Intro
02 Earache
03 Dark Lights
04 Afterglow
05 Elegie
06 Out of Body

Mittwoch, 25. Januar 2017

BIG THIEF live im Blue Shell

Location: Blue Shell, Köln
Date: 24.01.2017

 

Aus dem Konzerttagebuch des Ö:

Es ist 3:40, der Wecker klingelt. Wahrlich keine Freude, sich um diese Uhrzeit aus dem warmen Bett zu schälen, aber schon beim Zähneputzen, also knapp 2 Minuten später, fällt mir ein, dass dieser Tag zumindest einen fürstlichen Abschluss finden dürfte, denn die Band, die mir im vergangenen Jahr das schönste Album schenkte, BIG THIEF aus Brooklyn sind zu Gast im Blue Shell in Köln.



Kurz nach 4 Uhr sitze ich im arschkalten Auto auf dem Weg zur Arbeit. Richtig, ich höre kein Radio, sondern "Masterpiece", das Debüt-Meisterwerk der Band, die ich heute Abend endlich auch live erleben darf und welches in der nächtlichen Dunkelheit auf freier Straße auch wunderbar seine Wirkung entfaltet.

4:40 der Rechner ist hochgefahren, alle Programme sind geöffnet, auch iTunes und natürlich gönne ich mir eine weitere Dosis Big Thief, während ich das erste Briefing von der bereits seit 2 Stunden arbeitenden Grafiker-Kollegin erhalte. Das schöne an meinem Beruf ist, dass ich immer und überall beim Arbeiten Musik hören kann, ehrlich gesagt, kann ich glaube ich gar nicht ohne Musik arbeiten. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich alle mit mir arbeitenden Kollegen davon überzeugen konnte, dass wir am besten mit meiner Playlist arbeiten, aber die Widerstände sind gebrochen, auch wenn ich dafür einige, zugegebenermaßen zum Arbeiten anstrengende Songs aus der Playlist eliminieren musste.

Gegen Mittag ist die Arbeit vollbracht und es geht nach Hause. Der Plan ist, schnell etwas zu Mittag essen und dann etwas auf's Ohr legen, um Kräfte zu tanken, aber leider macht mir der Alltag einen Strich durch die Rechnung und der kleine Mittags-Nap muss ausfallen. Richtig, bei der Alltagsbewältigung dient als Soundtrack Musik von Miss Lenker, allerdings nicht mit Band, sondern ich widme mich, in der wagen Hoffnung am Abend auch davon etwas zu hören, dem Prä-Big Thief-Album "Hours Were the Birds", bei dem Adrianne auf den Spuren klassischer Singer/Songwriter aus der Folkecke wandelt und bereits andeutet, was für eine begnadete Songwriterin in ihr steckt.

Time goes by und ich starte meine Konzertvorbereitung. Da mein holdes Weib unerwarteterweise unpässlich und mein sonst so treuer Konzertbegleiter C. in den Sack gehauen hat, muss ich den Ritt aus Kölns nördlichstem Stadtteil zum Barbarossaplatz alleine bewältigen. Da ich mir das ein oder andere Bierchen nach diesem Tag verdient habe, beschließe ich, das Auto stehen zu lassen und mit der KVB ans Ziel der Wünsche zu gelangen. Ich hasse Bahnfahren - zumindest in Köln.

Gegen 20 Uhr bin ich am Barbarossaplatz, ausnahmsweise ohne Belästigung irgendwelcher pubertierender Vollpfosten und ohne Verspätung. Die unverwüstliche V., die man auch getrost als die Verlässliche bezeichnen könnte, wartet bereits auf mich und nach und nach trudeln auch die anderen Mitstreiter Bodo, Frau Hase mit einer netten Freundin, die es hoffentlich verkraftet hat, dass ich keine Haare habe, Yogameisterin Nina und zum Schluss, als wir bereits längst im Warmen sind, auch der Herr Professor.

Man muss sich in letzter Zeit ja oft für Köln schämen, Stichwort Silvesternacht, aber heute Abend schäme ich mich vor allem dafür, dass die sogenannte Metropole am Rhein es wieder mal nicht geschafft hat, einer Band, die sich mit ihrem Debüt in zahlreichen Jahresbestenlisten 2016 befindet, eine ausverkaufte Location zu bescheren. Zu jeder bekackten Karnevalssitzung, ganz egal ob an einem normalen Arbeitstag oder nicht, rafft sich der somnolente Kölner mit Pappnase auf, aber wenn es wirklich etwas Besonderes zu sehen gibt, sucht man die rheinische Frohnatur vergebens.

Ja, das Blue Shell ist nicht ausverkauft, aber als es um 21:45 endlich losgeht, haben sich doch zahlreiche, wenn auch nicht genug, Kulturkenner eingefunden. Die Band beginnt mit einem Solostück von Adrianne, das sich wohl "Cut my Hair" nennt und zwei weiteren mir noch unbekannten Songs, die ich dank der am Ende in meinen Besitz wandernden Setlist als "Those Girls" und "GWS" kundgeben kann. Wie von Big Thief gewohnt, pendeln die Songs virtuos zwischen leisen, von Adriannes hingebungsvoller Stimme getragenen und lauteren Passagen. Adrianne hat beim Singen den Blick gesenkt und die Augen geschlossen, die Verletzlichkeit, die ihre auf der Rasierklinge tänzelnden Stimme eh schon innehat, spiegelt sich in ihrer Mimik und Gestik wieder. Der erste Eindruck ist, dass mir Adrianne vorkommt wie ein scheues Reh, welches urplötzlich in einem Scheinwerferkegel gefangen ist. Aber der erste Eindruck trügt, denn das Reh hat die Kraft das gleißende Licht zu durchbrechen und dem Publikum ins Auge zu sehen, mehrfach fordert sie es sogar auf, doch näherzukommen.

Lied Nummer drei, ein echter Hochkaräter des Albums, ist "Real Love". Der Song, der so sanft beginnt, dann so gewaltig anwächst und in einem kleinen Gitarren-Inferno mündet, zündet live nach den beiden Anfangssongs die nächste Stufe. Leider nervt die Lautsprecherbox am rechten Bühnenrand mit konstantem Brummen, weswegen die vielleicht etwas zu lange ausgedehnte Stille vor dem ungewöhnlichen Gitarrenpart dem Stück etwas den Zauber nimmt. Liebes Blue Shell-Team bitte nachbessern.

Es folgen die beiden Hits "Vegas" und "Masterpiece". Über die Güteklasse dieser beiden Songs wurden genug Worte geschrieben und wer sie nicht kennt, sollte dies schleunigst nachholen:





Der anschließende Song "Black Diamond" ist wieder ein mir unbekannter. Ohne Vorkenntnis kann ich ihn inhaltlich leider nicht entschlüsseln, aber er scheint in der Grundstimmung eher von etwas Tragischem oder Unschönem zu handeln, denn Adrianne bricht den Song mehr oder weniger mit der Begründung ab, dass sie sich für dieses Stück heute nicht in der richtigen Stimmung befindet. Ich weiß nicht, wie es den anderen im Publikum geht, aber ich finde es großartig, zeigt es doch, wie sehr diese Band und speziell deren Frontfrau, die Emotionalität ihrer Musik am Herzen liegt, einen Umstand, den man heute Abend bei jeder Note spüren kann.

Nach dem kalten "Black Diamond" spielt die Band den wohl emotionalsten und wärmsten Songs ihres Debütalbums. Bei "Paul" stellen sich bei mir bei den ersten gesungenen Zeilen jedenfalls noch immer die letzten vorhandenen Körperhaare auf und auch in der heute dargebotenen live Version ist dies natürlich der Fall. Und wie Buck Meek seiner Gitarre die Tränen ausdrückt, ist wahrhaft anrührend. Das ist nicht immer alles absolut perfekt, was Big Thief auf der Bühne abliefern, aber es ist voller Hingabe und Leidenschaft und deswegen ist es gut.

Ein paar Worte zum, im Popbusiness auch nicht gerade alltäglichen Erscheinungsbild der Band. Wer hier irgendwelchen Starappeal oder Statements duch Kleidung im üblichen Sinne sucht, ist bei Big Thief auf verlorenem Posten. Diese Band ist Anti-Pop! Jeder Marketing-Fuzzi, der sich der Band annehmen müsste, würde sich vor Verzweiflung die Haare raufen wegen der konsequent antimodischen Kleidung Adriannes (wo bekommt man heute noch solche Hosen?), der Foxterrier-Zöpfchen-Frisur von Bassist Max Oleartchik, die mich sehr an Alexander Meier von Eintracht Frankfurt erinnert oder dem urgemütlichen Sweat-Shirt, welches Schlagzeuger James Krivchenia während des Auftrittes trägt. Und dann hat sich diese Lenker auch noch ihre schönen langen Haare kurzgeschoren! Das grenzt ja an Marketingverweigerung! Das ist Marketingverweigerung! Der Einzige, der in Sachen Klamotten rocktechnisch vermarktbarer wäre, ist Gitarrist Buck Meek. Aber muss der sich beim Gitarrespielen so die Beine verbiegen? Das grenzt ja an Autismus! Ich sehe das natürlich völlig anders als der fingierte Marketing-Fuzzi, ich finde den Auftritt herzerfrischend, absolut ungekünstelt und höchst gefühlvoll.

Zurück zum Wichtigen. "Parallels" ist an diesem Abend die Nummer, die bei mir im Vergleich zur Platte am meisten wächst. Der Song fließt und in der ständigen Wiederholung des Refrains ertappe ich mich beim Lautstarken mitsingen: "I see all | parallels | I see all | parallels | I see all | parallels | I see all | parallels | I see all | parallels | I see all | parallels | I see all | parallels | I see all | parallels | ..."



Nächste Nummer wieder ein unbekanntes Stück, welche sich laut besagter Setlist, die jetzt einen Ehrenplatz an meiner Konzertkarten-Magnetwand hat, "Magic D" nennt. Prima Nummer, die hoffentlich auf dem zweiten Streich der Band zu hören sein wird.

Nun gehört die Bühne ganz Gitarrist Buck Meek, der ein Acapella-Stück singt, welches auf der Setlist nur als "Buck" vermerkt ist. Interessante Stimme hat der Mann mit den Gummibeinen, der am Ende des Stückes von Schlagzeuger James aus seiner Hypnose, auch er hat vorwiegend die Augen geschlossen, geholt wird, weil dieser sein etwas verschobenes Instrumentarium etwas zu lautstark zurechtrückt.

Es folgen mit "Mythological Beauty" und "Terminal" zwei weitere exzellente neue Stücke, ehe mit "Velvet Ring" wieder ein bekannter Song gespielt wird. Bei so vielen unbekannten Stücken darf man vielleicht wirklich schon 2017 mit einem neuen Album rechnen? Biiiiiittttte!

Der letzte Song, bevor die Band die Bühne verlassen will, ist "Humans". Der kurzzeitig ausgefallene Bass ist wieder voll einsetzbar, was für diesen Song auch zwingend notwendig ist. Schlagzeuger James freut sich über die Uptempo-Nummer und vollführt beim Bearbeiten der Felle Zungenüberschläge, wie man sie in dieser Stadt mutmaßlich noch nicht gesehen hat. Auch dieses Stück wächst live noch mal deutlich!

Bisher wurde während des Konzertes in unserer Gruppe nur wenig gesprochen, zu fesselnd war das, was man da auf der Bühne sah, aber jetzt wage ich einen Seitenblick nach links und rechts und bin mir sicher, dass hier alle voll auf ihre Kosten gekommen sind.

Wie angekündigt soll nun Schluss sein, aber der voreilig die Bühne verlassende Bassist muss schnurstracks wieder auf die Bühne, denn der Rest der Band will sich nicht lange bitten lassen und noch zwei Songs als Zugabe nachschieben. Nach "Randy" und "Animals", ich bin mir ehrlich gesagt nicht mehr ganz sicher, ob es diese beiden Songs waren, denn trotz der hohen Serotoninausschüttung hat sich die Müdigkeit meines alten Körpers bewältigt, ist gegen 23:10 der schon jetzt legendäre Konzertabend zu Ende.

Leider muss ich jetzt noch mal meine Sprintschuhe schnüren, denn die Bahn und mein Bett rufen, ich muss ja morgen früh wieder zeitig aus den Federn. So bleiben essenzielle Fragen leider ungeklärt? Wann kommt das neue Album? Wie ist der Name des Wellensittichs auf dem Cover? Ist das Adrianne in jungen Jahren und wer ist der amerikanische Michel aus Löneberga? Warum sind die Haare ab? Ist Buck ein Verwandter von Elastoman? Lässt es sich unter Trump in Amerika noch leben? Gibt es die wahre Liebe?

TschÖ ... und ratet mal, welches Vinyl sich während des Schreibens auf meinen Plattenspieler rotierte ;-)


Sonntag, 22. Januar 2017

MENACE BEACH / Lemon Memory [LP]

Das letzte Jahr war, vor allem in Sachen Debütalben, ein wahrer Quell der Freude. Das Album "Lemon Memory" der britischen Band MENACE BEACH aus Leeds ist zwar kein Debüt, sondern der zweite Longplayer der Band, aber ein erstes positives Zeichen dafür, dass auch im neuen Jahr das hohe Niveau im Bereich IndieRock anhalten könnte.


Bereits die im Dezember 2016 veröffentlichte und in den News Vol. 140 vorgestellte Single "Give Blood" deutete darauf hin, dass von dem Quintett ein furioses Werk zu erwarten ist. Hatte ich mich damals erst oberflächlich mit dem mir bereits vorliegenden Rezensionsexemplar von "Lemon Memory" auseinandergesetzt, hatte ich nun über den Jahreswechsel alle Gelegenheit dem Album die verdiente Aufmerksamkeit zu widmen.

Über den krachenden Opener "Give Blood" braucht es nicht viele Worte zu verlieren, sondern es sei einfach darauf hingewiesen, dass es die Singlevorauskopplung in den Jahrescharts dieses Blogs auf Rang 4 schaffte.



Ein sägendes Riff und schwebende Keys bilden bei "Maybe We'll Drown" das Fundament für Liza Violets ätherischen Gesang. Der Song bleibt relativ verhalten, verzichtet auf größere Noise-Attacken, sondern versetzt den Zuhörer durch den monotonen Beat des Schlagzeugs und die zart attackierenden Gitarren in einen hypnotischen albtraumhaften Schwebezustand.



"Sentimenta" verschärft das Tempo. Ryan Needham, neben Liza Violet Masterhead von Menace Beach, übernimmt den Gesang und die musikalische Verwandtschaft zu den mit der Band freundschaftlich verbundenen Hookworms, deren Gitarrist Matt "MJ" Johnson die famose 2015er EP "Super Transporterreum" des Quintetts produzierte, tritt deutlich zutage.



Das Titelstück "Lemon Memory" ist ein sich hinschleppender Bastard aus Psychedelic-, DreamPop- und LoFi-Elementen. Ähnlich hypnotisch wie "Sentimental", allerdings weniger bedrohlich, sondern deutlich melancholischer in seiner Wirkungsweise.

Der zweite richtige Kracher auf "Lemon Memory" ist "Can't Get a Haircut". Fette Gitarren spazieren über Keys, die sich irgendwann im nebelverhangenen Space verlieren und die Girarrenriffs sind so scharf, dass akute Gefahr besteht, sich daran zu schneiden. Danach wieder Luft holen beim verträumt taumelnden "Darlatoid". Liza übernimmt jetzt wieder die Vocals und eine wunderbar bekiffte Lead-Gitarre schrammelt vor sich hin.

Erneuter Wechsel am Mic. Bei "Suck It Out " singt Ryan die Strophen und der lautmalerische Refrain gehört Liza - klingt wie eine BritPop-Hymne von den Stone Roses, die aber eigentlich lieber ein Dinosaur JR-Song sein will. Schöne Breaks, noisy Guitars und feiner Basslauf von Matt Spalding.

Herzlich Willkommen mit "Owl" in der Playlist "Vögellieder". Ziemlich geisterhafter Song. Dazu kann man sich ganz gut eine Eule im Nachtflug über ein Schlachtfeld vorstellen. Ein echtes Duett der beiden Leadsänger gibt es beim knackigen "Watch Me Boil" im Refrain. Der Abschlusssong "Hexbreaker II" lässt den Hörer erst geisterhaft im ätherischen Raum schweben, ehe der Beat einsetzt und sich der Song dann immer weiter in den Drone-Himmel abdriftet. Ansonsten gilt für den Song was für das ganze Album gilt: fuzzy Gitarren, schwebende Keys, exquisite Melodien und Arrangements, die immer wieder überraschen. Very fein, eine Band auf dem direkten Weg in die Champions League!

Tracklist:
01 Give Blood
02 Maybe We'll Drown
03 Sentimental
04 Lemon Memory
05 Can't Get a Haircut
06 Darlatoid
07 Suck It Out
08 Owl
09 Watch Me Boil
10 Hexbreaker II 

Freitag, 20. Januar 2017

FOXYGEN / Hang [LP]

Jetzt ist es passiert! Die beiden New Yorker Psychedelic-Freaks Sam France und Jonathan Rado haben sich mit einem 40-köpfigen Symphonieorchester ins Studio begeben um eine fröhlich bekiffte überkandidelte Elton John-meets-David Bowie-meets-Elvis-Platte im Jim Steinman-Sound aufzunehmen.


Als Gastmusiker auf dem mittlerweile fünften FOXYGEN-Album sind die Lemon Twigs und Steven Drozd von den Flaming Lips mit an Bord, für die Arrangements zeichnen sich Trey Pollard  (Spacebomb) und Matthew E. White verantwortlich.

"Hang" ist mit etwas mehr als einer halben Stunde Spielzeit und acht Liedern zwar ein sehr kurzes Album geworden, aber es wäre nicht Foxygen, wenn nicht trotzdem unzählige Spieler- und Spinnereien quer durch die Popgeschichte darin untergebracht wären.

Es scheint ganz so, als hätten die beiden Lemon Twigs-Brüder mit ihrem famosen Debütalbum "Do Hollywood", ihre Förderer dermaßen beeindruckt, das sich France & Rado dazu veranlasst sahen ein ähnlich poppiges opulentes Werk zu kreieren, denn die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Alben sind durchaus vorhanden. Während die Lemon Twigs auf ihrem Debüt allerdings durchaus auch rockige Momente haben, verzichten Foxygen auf "Hang" vollkommen auf Rock and Roll und setzten stattdessen Sounds, die wie aus einem Musical klingen in Verbindung zum orchestralen Zuckergusspop.

Das Album beginnt mit dem bereits bekannten, schmachtend und großspurig in Streichern badenden, "Follow the Leader". Je öfter ich die Nummer höre, desto mehr swingt sich der Schmeichler in meine Ohren. Vielleicht führt es irgendwann sogar dazu, dass ich mich bei einer Formationstanzgruppe für Senioren anmelde?



Titel Nummer 2, "Avalon" klingt ebenso gut gelaunt und erinnert gleichzeitig an Grease, Stummfilmelodien, Westersoundtracks und das Electric Light Orchestra. Vier Dinge, die mir eher fremd sind, die aber in dieser unglaublich kitschigen Mischung wahrscheinlich sogar dazu führen können, dass man sich mit einem Vollpfostennachbarn wieder singend in den Armen liegt. Was für ein Gedudel!? Wahrlich ein mystischer Ort! Wer sich gerade im Schlechte-Laune-Modus befindet, wird die Platte wahrscheinlich an die Wand nageln.

Ich komme nicht umhin nach "Mr. Adams", das stellenweise so pathetisch klingt wie ein später Elvis-Song, und dem bereits bekannten hyperkitschigem "America" zu resümieren, dass Foxygen die Grenze zum Kitsch mit offenen Augen und ganz sicher in vollem Bewusstsein kilometerweit überschritten haben. Ich gestehe, ich fühle mich nach den ersten Hördurchgängen auditiv überfordert :-(. Ist das Kunst oder kann das weg? Werden meine Ohren sich dem Gesamtwerk irgendwann so zuwenden wie es der Song "Follow the Leader" letztendlich doch getan hat?



Die Elton John-Gedächtnisklavierballade "On Lankershim" mit Slide-Gitarre und Streichern gefällt mir schon beim ersten Hören. Klar wird auch hier in Saus und Braus der Pop gepudert, aber das Stück hat einen hinreisenden Flow und irrwitzige Arrangements, die man einfach lieben muss.



Weiter mit "Upon a Hill": Back to Elvis, der sich dieses Mal etwas angetrunken mit Scott Walker duelliert und vorher haben beide wahrscheinlich etwas zu viel Monty Python-Filme gesehen. Hallelujah, ist das vielleicht die einzig wahre Möglichkeit Amerikas der kommenden Trump-Ära etwas entgegenzusetzen? Liebe und Bombast bis zur letalen Hyperglykämie?

Auf jeden Fall scheint Foxygen diesen Weg zu gehen, denn auch "Trauma" drückt auf alle sensiblen Drüsen des menschlichen Körpers! Es wird geschmachtet bis sich die Kitschbalken unter der Streicher- und Orchesterlast biegen. Bin jetzt bei der festen Überzeugung angekommen, dass für nicht Trump-Anhänger dem Album unbedingt eine Insulinspritze beiliegen sollte. Es stellt sich die Frage: gibt es eigentlich Supertramp noch????

Und jetzt Aufstehen für das Finale, denn wer gedacht hat "Trauma" wäre ein würdiges solches, der wird von "Rise up" mit Pauken und Trompeten ... und natürlich Flöten und Streichern ... eines besseren belehrt. Es wäre ja schön, wenn wirklich jeder die Welt retten und mit Liebe überschütten möchte, aber man muss doch noch Luft kriegen! Mir bleibt die jetzt aber erst mal weg und ich bin sehr sehr unentschieden was ich vom VarietéPop-Album "Hang" halten soll. Einzelne Song, wie "Follow the Leader" oder "On Lankershim", erfreuen mein eigentlich gar nicht so unromantisches Herz, aber mit den meisten Songs geht es mir so, als hätte ich ein komplett gefülltes 1-Liter-Naschglas mit Süßigkeiten in 5 Minuten verputzt. Rülps.

Tracklist:
01 Follow the Leader
02 Avalon
03 Mrs. Adams
04 America
05 On Lankershim
06 Upon a Hill
07 Trauma
08 Rise Up

Montag, 16. Januar 2017

NEW SONGS Vol. 143: CHERRY GLAZERR / Nuclear Bomb ... TENNIS / In The Morning I'll Be Better ... DAKOTA / Icon ... SLEAFORD MODS / B.H.S.


CHERRY GLAZERR / Nuclear Bomb

Das aus L. A. stammende Noise- und GarageRock-Trio CHERRY GLAZZER gründete sich 2012. Singer/Songwriterin Clementine Creevy begann bereits in der High-School, Lieder zu schreiben und suchte nach Mitstreitern, um ihre Arbeiten zu Gehör zu bringen. Mit Schlagzeugerin Hannah Uribe, Sängerin Sophia Muller und Bassist Sean Redman fand sie die richtigen Weggefährten, um 2014 das erste Album "Haxel Princess" zu veröffentlichen. Doch noch bevor das Debütalbum erschien, verlies Muller die Band, sodass das Quartett zum Trio schrumpfte.

"Nuclear Bomb" ist eine Liebesballade, aber nicht an eine Person, sondern an das geliebte Musikinstrument Gitarre. Das Video zum Song ist herrlich dämlich, speziell der Quicky auf der Toilette und der Song für das Trio ziemlich brav, aber auf dem neuen Album "Apocalipstick" befinden sich selbstverständlich auch einige Songs, die mehr randalieren.

Nicht vorenthalten möchte ich noch einen Satz, den Creevy im NME zum Besten gab: "Musik ist ein Vehikel für menschliche Emotionen. Musik ist nicht zwangsläufig politisch. Was eine Person auf die Musik projiziert, ist eine Reflexion der gelebten Erfahrung dieser Person." Wo sie recht hat die Clementine, hat sie recht.




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TENNIS / In The Morning I'll Be Better

Das Ehepaar Alaina Moore und Patrick Riley sind die Köpfe hinter der aus Denver/Colorado stammenden Band mit dem suchmaschinenunfreundlichen Namen.

Die beiden lernten sich beim gemeinsamen Philosophie-Studium kennen, gingen dann sechs Monate auf einen Segeltörn und gründeten schließlich 2010 TENNIS. Aus dieser Gründungsphase blieb die kleine Eigenwilligkeit bestehen, dass die Band ihre Songs gerne am Meer bzw. auf dem Meer schreiben.

2014 mit ihrem dritten Album "Ritual in Repeat", auf dem sie dem LoFi-Sound der ersten Jahre den Rücken kehren, wurde ich auf die Band aufmerksam. Bereits auf diesem Werk konnte man erkennen, dass das Duo an seinen Songwriterqualitäten gefeilt hatte und mehr Wert auf geschliffenen Sounds legte.

Am 10. März erscheint nun das, stellenweise ebenfalls bei einem Segeltörn entstandene neue Album "Yours Conditionally"auf dem eigenen Label Mutually Detrimental. Der Song "In The Morning I'll Be Better" ist die erste Veröffentlichung aus dem Werk und vermag auch ohne das feine Video, welches eine Hommage an die Discozeiten der 80er ist, zu überzeugen. IndiePop mit Retro-Herz-Schmerz.




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DAKOTA / Icon

Das Mädchenquartett DAKOTA kommt aus Amsterdam, veröffentlichte 2012 eine 4-Song-EP namens "It Might Be time" und legen nun mit der 6 Songs enthaltenden EP "Leda" nach.

Die Ladies kombinieren DreamPop mit psychedelischen Gitarrenklängen und tupfen zarte GarageRock-Elemente auf ihre verführerischen Melodien. Wer mit Warpaint und Hope Sandoval was anfangen kann, wird sich direkt zuhause fühlen.

Der stärkste Song, "Icon", handelt von einem betrügerischen Ehegatten, der, wie soll man es anders formulieren, ein Arschloch ist und was die Girls dazu an der Gitarre fabrizieren, ist wirklich traumhaft.




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SLEAFORD MODS / B.H.S.

Bei den SLEAFORD MODS, Jason Williamson (Lyrics/Gesang) und Andrew Fearn (Musik) bleibt alles wie es ist - und das ist gut so. Reduzierte düstere harte Beats und böse, aber ehrliche Worte.

Am 03. März erscheint das neuem Album "English Tapas", welches bestimmt wieder schwer verdauliche Songs zum Nachdenken serviert. Das erste Appetithäppchen ist "B.H.S.".

Die drei Buchstaben stehen für British Home Stores, eine Kaufhauskette, geführt von Sir Philip Green, dem Vorstandsvorsitzendem der Arcadia Gruppe, der unter anderem auch die Topshop-Kette gehört. Im Sommer 2016 ging das Unternehmen pleite. 11.000 Angestellte verloren ihre Jobs und 22.000 ehemalige Angestellte ihre Altersvorsorge. Mr. Green zog 400 Millionen £ an Dividende aus der gescheiterten Kette und segelte auf seiner neu erstandenen Superjacht durch das Mittelmeer. Vielleicht wird er ja der nächste britische Premierminister?

Jason Williamson: "Buy a company, run it down, take the money, fuck the workers, it’s legal."




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Freitag, 13. Januar 2017

QUICK & DIRTY: THE XX / I See You

Published: 13.01.2017
Label: Young Turks Recordings
Genre: Indie RNB, IndieTronic, Dark Indie Pop, Electro Indie
Country: London / Großbritannien

 


Members:
Romy Madley Croft (Gesang, Gitarre), Oliver Sim (Gesang, Bass), Jamie Smith (Drum Machine)


Normalerweise hat ein Album mehrere Durchgänge hinter sich, ehe ich mich daran mache, eine Rezension zu schreiben. Für das dritte Album von THE XX habe ich mir vorgenommen, mich in Isolation zu begeben und "I See You" im Erstkontakt zu genießen. Ich habe wirklich keinen einzigen Ton des Albums gehört, als am Freitag, den 13.01.2017 um 13:03 Uhr die Nadel aufsetzt.

Eine blecherne Fanfare, dann ein rumpelnder und scheppernder fetter Beat. Die tiefe Stimme von Oliver Sim setzt ein und wenig später gesellt sich der Gesang von Romey Madley Croft dazu. Unverkennbar der ganz spezielle The XX-Sound zwischen RNB und DarkIndie. Die Bläser kehren wieder, klingen aber nur wie aus der Ferne. Dann übernimmt Romey die Strophe, ehe wieder Harmoniegesang einsetzt und die Beats sich zurücknehmen. Eine Sirene erklingt. Die Beats nehmen wieder Fahrt auf. Die Stimmen versiegen kurzfristig und lassen Beats und Trompete vordergründig werkeln. Fetter Opener dieses "Dangerous".

Hohe Gesangsstimme, Klavierklänge und schwebende Keys eröffnen "Say Something Loving". Weniger düster als der vorherige Song, aber durch den Stakkatoanschlag ziemlich dramatisch. Dann der tiefe Herzschlag-Beat und Oliver und Romey singen mal abwechselnd und mal im Chorus. Hat einige Momente, die an das Dub-Genre erinnern, aber die poppige Melodie steht fest im Zentrum, auch wenn Jamie Smith es rundum wieder ordentlich klackern und klickern lässt.



"Lips": Ähnlicher Beginn wie beim zweiten Song. Der Beat klingt, als wäre er mit hohen Klanghölzern geschlagen. Die Leadstimme gehört nun eindeutig Romey. Ist das eine elektronisch verfremdete Geige, die Klangmaler Smith da im Song integriert hat?

Es plätschern die Keys. Klingt wie die Beschallung bei einer esoterischen Sitzung, bis die Stimme von Oliver einsetzt. Der Sound bei "A Violent Noise" türmt sich immer wieder auf und zerfällt. Die zweite Strophe übernimmt Romey. In den Passagen, wo die Musik anschwillt, muss ich an alte Techno-Trax denken und zuckende Körper im Strobolicht.

Es wird minimalistischer und noch atmosphärischer. Der Gesang bei "Performance" erinnert an Feist. Melancholische Nummer über ein gebrochenes Herz. Die Töne dürfen laaaange klingen. Ein Ton schneidet sich ins Trommelfell und erlischt. Streicher streicheln die wunde Seele.

"Replica": The Rhythm is it. Eigentlich sind es ja immer dieselben Zutaten. Wechselnde männliche und weibliche Gesangsparts, minimalistische Beats und kleine aber feine elektronische Gimmicks. Müsste doch auf dem dritten Album eigentlich mal langweilig werden? Tut es aber nicht, vielleicht, weil die Band sich immer sehr viel Zeit zwischen ihren Alben nimmt und es wirklich keine Band gibt, die eine ähnlichen Sound hinbekommt.

Zerbrechlich und wie hingehaucht klingt die Stimme von Romey bei "Brave for You". Können Stadionhymnen minimalistisch sein? Können elektronische Beats wie ein Trommelwirbel klingen? Und warum muss ich bei dem Song an eine große gotische Kathedrale denken, die in den Himmel zu wachsen scheint?

"On Hold": Der poppigste Song, den die Band bisher aufgenommen hat. Der Maschinenraum blubbert und Vocals dienen als Soundvehikel. Finde Oliver legt etwas zu viel Schmalz in seine Gesangsparts, aber der Refrain ist schon very fein, wie man hier zu sagen pflegt. Gott sei dank höre ich so gut wie nie Radio, denn ich bin mir sicher, die Nummer wird dort doch rauf und runter gespielt, oder?



Und damit ist "On Hold" schon nicht mehr die poppigste Nummer, denn trotz des einfachen und recht zackigen Beats taugen die Lyrics und der Refrain von "I Dare You" dazu, Teenagerherzen zu erweichen. Nicht falsch verstehen, das ist schon gut, aber von Joy Divison und selbst New Order schon ziemlich weit entfernt.

"Test Me": Klavierklänge und die Vokalisten mit erster und zweiter Stimme. Kammermusik. Langsam schält sich ein tropfender Beat aus den spooky Klängen. Der Sound schwillt an, das inszenierte Orchester bläst zur Attacke, trifft auf den Maschineraum und erlischt. Gleich noch mal auflegen.

Tracklist:
01 Dangerous
02 Say Something Loving
03 Lips
04 A Violent Noise
05 Performance
06 Replica
07 Brave for You
08 On Hold
09 I Dare You
10 Test Me

Montag, 9. Januar 2017

NEW SONGS Vol. 142: HALF GIRL / Mojo ... RIVHERSIDE / Need to Speed ... ANDY SHAUF / Quite Like You ... NIKKI LANE / Highway Queen


HALF GIRL / Mojo

Wie üblich tauchen im Januar immer Veröffentlichungen aus dem letzten Jahr auf, die warum auch immer an mit vorbeigerauscht sind. Da wären zum Beispiel HALF GIRL aus Berlin die im September 2016 ihr Debütalbum "All Tomorrow's Monsters" herausbrachten.

Das Quartett besteht aus ehemaligen Mitgliedern von Bands wie Mondo Fumatore (Gwendolin Tägert), Britta (Julie Miess), Luise Pop (Vera Kropf) und Die Heiterkeit (Anna-Leena Lutz) und schrammelt seit Jahren in Berlin in den einschlägigen Clubs IndieRock mit Hardrock-Attitüde. Was nicht verwundert, hieß ihre erste Single doch "Lemmy, I'm a Feminist". Jetzt also endlich auch als schmackhafte Konserve für alle Nicht-Berliner zum Hausgebrauch.






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RIVHERSIDE / Need to Speed

Seit längerer Zeit mal wieder was aus Frankreich. RIVHERSIDE aka Renauld Villet macht ElectroBlues der nicht groß herumeiert, sondern direkt auf die Zwölf geht. Nicht alle Songs gehen ganz so offensiv voran wie "Need to Speed", aber Blues zum Abhängen findet man auf "Electraw Blues Album" nur wenig.

Villet spielte in zahlreichen Bluesbands, ehe er sich  entschloß das Zepter selbst in die Hand zu nehmen. Sein 2012 erschienenes Debütalbum "Something on my Mind" war noch echter RootsBlues, aber dann setzte er seinen Blues unter Strom und lies Elemente aus dem HipHop einfließen.




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ANDY SHAUF / Quite Like You

Der kanadische Multiinstrumenatlist und Singer/Songwriter ANDY SHAUF scheint schon viele beschießenen Partys erlebt zu haben. Oder warum klingt sein im Mai 2016 erschienes drittes Album "The Party" überhaupt nicht nach einer solchen?

Die Musik auf "The Party" ist zwar nicht fröhlich, die Songtexte auf der Platte, die sich alle mit den Gästen beschäftigen, sind es aber definitiv. Da sterben Menschen die sich gerade vorgenommen haben mit dem Rauchen aufzuhören ("Alexander") oder ein namenloser Protagonist wagt sich wie in "Quite Like You" an die weinende Freundin eines bekifften Partybesuchers.

Charmanter Folkpop - trotz Easy-Listening-Feeling - mit Inhalt, der mich an vielen Stellen an den ebenfalls stark unterschätzten Kalifornier Bart Davenport erinnert.




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NIKKI LANE / Highway Queen

Outlaw Country Darling NIKKI LANE sorgte gegen Ende des letzten Jahres für eine schreckliche und eine erfreuliche Nachricht. Die Schreckliche, Nikki hat in Las Vegas den Bund der Ehe geschlossen und meinen treuen Konzertbegleiter C. das Herz gebrochen. Die Erfreuliche, mit "Highway Queen" veröffentlichte sie den Titelsong zum am 17. Februar erscheinenden neuen, ihren Dritten, Longplayer.

Das Cover gehört schon jetzt zu den schönsten des Jahres und sobald das, natürlich schon vorbestellte, Vinyl da ist, werde ich persönlich ausmessen, was länger ist, die Hörner des Bullen oder die Beine von Nikki. In punkto Musik lässt der vorab veröffentlichte Appetithappen die Vermutung zu, dass auch "Highway Queen" wieder exquisiten Country bietet für Menschen die mit diesem oft in Tradition verharrendem Genre eigentlich nicht unbedingt was am Hut haben.




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Mittwoch, 4. Januar 2017

JA, PANIK / DMD KIU LIDT (2011)

HERZPLATTENREMEBER THAT OLD SHIT
Kategorie: DiskursPop, IndiePostPop
Veröffentlichung: 15.04.2011

 

Als alter Freund des DiskursPop aus deutschen Landen hatte ich die Österreicher, die seit Langem in Berlin residieren, bereits seit 2007 ("The Taste and the Money") auf dem Schirm. Einzelne Songs hatten mich immer begeistert, aber ganze Alben der Band hatten bis zu "DMD KIU LIDT" nie den durchschlagenden Erfolg bei mir und auch bei einem größeren Publikum nicht. Aber dann kam das vierte Album, "Das Manifest Des Kapitalismus In Unserem Leben Ist Die Traurigkeit", welches die Band in zehn Tagen im Studio live einspielte. 

"DMD KIU LIDT" ist eine Ode an die Traurigkeit, auf dem Ja, Panik ihr bilinguales Textkonzept ("Sorry for my bad English - but my German is even worse") perfektionieren, nicht zuletzt, um mit der internationalen Pop- und Rockgeschichte in einen Diskurs zu treten. Sichtbar schon in einigen Songtiteln ("Nevermind", "Time Is On My Side", "Suicide") wird man in den politischen und inhaltlich weit "Links" positionierten, gerne aber auch kryptischen Texten mit Referenzen aus Pop und Kultur schonungslos überschüttet. Kaum ein Satz ist Füllmaterial, sondern fast immer dazu formuliert, um die Denkmaschine des Hörers anzustoßen.

Bei der schunkelnden Untergangshymne "This Ship Ought To Sink" proklamiert Sänger Andreas Spechtl am Piano und zu temporär weinenden Gitarren den Untergang der Menschheit, um die Welt zu retten. Im IndiePopSong "Trouble", der einen freundlichen Mitsing-Refrain aufweist und an Phantom/Ghost erinnert, finden sich Querverweise zum deutschen Philosophen Walter Benjamin, der sich 1940 in Portbou ("Ich weiss noch, als er sagte, kurz vor Portbou: Sorry for my bad English, but my German is even worse") auf der Flucht vor den Nazis das Leben nahm. Bei "The Horror" ist Spechtl in Sorge! Er sucht Erleuchtung und Trost bei Berthold und Nico und zitiert die letzten Worte von Marlon Brando in Apocalypse Now. 2010, ein Jahr vor JA, PANIK, hatte die britische Band Foals ebenfalls mit dem Song "Spanish Sahara" den Horror beschworen.



Streicher, Streicher und noch mal Streicher be "Barbarie". Spechtl weint einen ganzen Ozean und scheint, wenn man auf das Jahr 2016 zurückblickt, ins Schwarze zu treffen. Ganz schlüssig bin ich mir noch immer nicht, worauf die im Text erwähnte "Inzuchtdynastie" anspielt, aber wahrscheinlich auf die Sozialisation und Erziehung in einer spezifischen Umgebung, sei es Kapitalismus oder eine religiös geprägte Gesellschaftsform, die immer wieder aufs Neue Gleiches hervorbringt und sich so ständig weitervererbt. Oder einfach Mama und Papa sind schuld ;-)

"Run From The Ones That Say I Love You" ist ein Lied mit Hand-Claps, einen fetten Bass und sanften Klavierklängen über die Liebe ... und Drogen, in dem mutmaßlich Johnny Cash ("San Quentin") zitiert wird und Velvet Underground grüßen lässt. Beim minimalistischen Rocksong "Nevermind" gilt jede Strophe einem Bandmitglied und bezieht sich nicht nur stilistisch auf den Roman "Ulysses" von James Joyce, der in 18 Episoden einen Tag im Leben der Protagonisten Leopold Bloom beschreibt.



Mit elektronischen Beats und ziemlich funky fällt "Surrender" etwas aus dem musikalischen Rahmen. Spechtl groovt, soweit ein Österreicher grooven kann, und singt über jemanden, der den Widerstand aufgegeben hat. Keine versteckten Zitate, sondern eine explizite Ansprache an Menschen, die kapituliert haben - wie Tocotronic bereits 2007 ;-)



"Bittersweet" ist eine bittersüße Manifestation der Traurigkeit. Dramatisch, pathetisch mit Noise-Attacken. Nicht das Ende der Welt, aber das Ende einer Liebe. Das Spiel geht weiter.

"Grey & Old" ist das Lied mit den meisten Wumms oder besser das einzige mit Wumms - und completely english, dafür aber "unverschlüsselt". Spechtl sehnt sich ganz schrecklich nach dem Ende, dem Tag, an dem das Hamsterrad bezwungen scheint. Wunderbar naiv und lässig rumpelt "Time Is On My Side". Das bad English und der Wiener Dialekt verschmelzen wunderbar. Klingt wie ein Pete Doherty-Song mit Falco als Duettpartner und birgt die wunderschöne Textzeile: "Sich dem Absurden unterwerfen heißt den Wahnsinn erst begreifen.", die Herrn Camus sicher gefallen hätte.

Der Herr Spechtl, der erste österreichische Rockstar nach Falco, der irgendwie defekt und ramponiert ist und trotzdem als Held bzw. Anti-Held taugt, liest nicht nur viel, sondern schaut auch gerne Filmklassiker, in denen es um ramponierte Personen geht. Norma Desmond, die weibliche Hauptfigur in Billy Wilders Film "Sunset Boulevard" wird mit Mr. Jones konfrontiert, bei dem es sich zweifelsfrei um den dünnen frustrierten Mann aus Bob Dylans Feder ("Ballad of a thin Man") handelt, wie der adaptierte Satz "Something is happening but you don’t know what it is, do you, Mr. Jones?" beweist. Die musikalische Verpackung ist für die Thematik des Songs unverschämt gutgelaunt.

Das 41 Sekunden kurze Intermezzo "Modern Life Is War" erinnert mich an das Blur-Album "Modern Life Is Rubbish" von 1993, bei dem Damon Albarn und seine Jungs sich musikalisch rückwärtswenden und alten britischen Pop-Heroen wie The Kinks oder The Jam Ehre erweisen. Liegt die bessere Zukunft also in der Vergangenheit? Kann man noch umkehren oder weglaufen oder ist es schon zu spät?

Wer sich aus Leidenschaft selbst das Leben nimmt, muss das Leben lieben, verzweifelt aber an der Bürokratie des Alltagslebens. "Suicide" wirbt nicht für den Freitod, wie man oberflächlich betrachtet meinen könnte, sondern viel mehr für das Ankämpfen gegen vorgegebene Strukturen. Dies, und die damit verbundene Traurigkeit, sind die allgegenwärtigen zentralen Themen auf "DMD KIU LIDT". Man könnte es auch schön bilingual formulieren als "Think positive und biete die Stirn"!



"The Evening Sun" ist eine melancholische Klavierballade mit Western-Saloon-Flair, die sich laut Spechtl auf die Installation "Room with my soul left out, room that does not care" des amerikanischen Künstlers Bruce Nauman bezieht. Es geht um Einsamkeit und die absolute Auswegslosigkeit als letzte wirkliche Zuflucht, weil man dort keine Entscheidungen mehr treffen muss bzw. kann.

"DMD KIU LIDT" ist der Schlüsselsong zum Album. Mehr als 14 Minuten pralles Leben, Wut, Leidenschaft, Romantik & Rebellion gegen das Establishment. Musikalisch ein begnadeter Bastard aus "Desolation Road" und "Jeanny".



Nach diesen Erläuterungen zu den einzelnen Songs sollte klar sein, dass dieses Album ohne Hirnschmalz und Wissen bzw. dem Drang zur Wissensbeschaffung nur schwer genießbar ist. Wer sich keine Zeit nimmt, weil er ständig "On the Run" ist, wird kläglich daran scheitern, sich "DMD KIU LIDT" zu erschließen, denn das Meisterwerk der Ja, Paniker besteht aus Fragmenten, die anfangs nur vereinzelt greifen und die, ja man muss es so hart ausdrücken, erst nach nicht immer einfacher (Zu-)Hörarbeit das große Ganze erkennen lassen. Wahrscheinlich kann man, selbst wenn man das Album täglich hören würde, noch immer neue Schlüsse daraus ziehen.

Also los, wer noch nicht hat! 15 Songs gilt es zu erkunden. Songs voller Melancholie, voller Wut, voller Widerstand, voller Angst, voller Kritik, voller Liebe, voller Slogans und Parolen, die man sich auf ein T-Shirt drucken möchte, um sie der ganzen Welt zu präsentieren:

"I expectet the worst and that's what i got" (aus "Barbarie")

"Save the Planet Kill Yourself": (Zitat der Church of Euthanasia rezitiert bei "This Ship Ought to Sink")

"Give me kicks till I surrender" (aus "Surrender")

"Sie haben uns mehr als die Straße gestohlen, und das sagt da jemand, der on the road klebt" (aus "DMD KIU LIDT")

P.S:
Ähnlich wie bei den Urvätern der politischen Rockmusik, den Ton Steine Scherben, sind Ja, Panik eine Band, deren Musik ich mir fast ausschließlich auf Vinyl anhöre. Warum lässt sich schwer erklären, vielleicht liegt es daran, dass es sich auf diesem Medium einfach authentischer anhört, sicher aber auch weil beim in einem spiegelnden silbernen Cover verpackten "DMD KIU LIDT" es mich immer wieder drängt, die Texte zu lesen. Aber Achtung: Die Sprachen sind vertauscht, also deutsch gesungene Passagen ins Englische übersetzt und umgekehrt.

Tracklist:
01 This Ship Ought to Sink
02 Trouble
03 The Horror
04 Barbarie
05 Run From the Ones That Say I Love You
06 Nevermind
07 Surrender
08 Bittersweet
09 Grey & Old
10 Time is on My Side
11 Mr. Jones & Norma Desmond
12 Modern Life is War
13 Suicide
14 The Evening Sun
15 DMD KIU LIDT


Sonntag, 1. Januar 2017

NEW SONGS Vol. 141: LIV / Wings of Love ... THE SHACKS / Orchids ... DER RINGER / Orbit ... VINEGAR MOTHER / Sunny Seat


LIV / Wings of Love

Zwar bereits im Oktober 2016 erschienen, aber was können wir nach dem Arschlochjahr für 2017 mehr gebrauchen als einen Ritt auf den Schwingen der Liebe?!!!!!!

Der Bandname LIV ist noch ein unbeschriebenes Blatt - bisher gibt es auch nur diesen einen Song - aber die Namen hinter der Band, Lykke Li, Andrew Wyatt von Miike Snow und Björn Yttling von Peter Bjorn and John, sind alles andere als unbekannt. Wir haben es also im Prinzip mit der schwedischen Crème de la Crème des IndiePop zu tun. 

Der von Lykke Li als Regisseurin produzierte Clip zu "Wings of Love" erinnert nicht nur wegen der ausgiebigen Nacktheit der Protagonisten an Sigur Rós, sondern auch wegen des ihm anhaftenden Retro-FlowerPower-Charmes. Auch musikalisch ist der Song ziemlich an den peaceful Seventies orientiert, und weckt Assoziationen zu Fleetwood Mac. Wäre ja schön, wenn nach dem ganzen Scheiß im letzten Jahr mal wieder ein Jahr im Zeichen von Love, Peace and Harmony ins Haus stünde.




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THE SHACKS / Orchids

Wer bisher Hope Sandoval für die zarteste Versuchung im Stimmenuniversum hält, könnte beim Flüstergesang von Shannon Wise, dem weiblichen Part des Duos THE SHACKS aus NY (Queens) ins Grübeln kommen. Zusammen mit Max Shrager (20) verblüfft die gerade erst 18 Jahre alte Sängerin mit leicht verquerem Songwriting und zuckersüßen Melodien zwischen Indie- und DreamPop mit dezenten Einflüssen aus Doo-Wop, Psychedelic ("Rain") und sogar Reggae ("Hands In Your Pockets").

Die sehr empfehlenswerte EP "The Shacks" beinhaltet neun zauberhafte Songs und erschien auf Vinyl im selten 10"-Format. Für das Jahr 2017 darf man, laut Plattenlabel Big Crown, im ersten Quartal mit dem Debüt-Longplayer der Beiden rechnen.




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DER RINGER / Orbit

Das Staatsakt-Label eröffnet das neue Jahr mit dem am 27.01 erscheinende Album "Soft Kill" der Hamburger Band DER RINGER.

Im Pressetext schreibt das Label meines Vertrauens: "Der Ringer aus Hamburg ist die Band, die sie auf keinen Fall verpassen sollten, wenn Ihnen Joy Division genauso am Herzen liegt wie, sagen wir, Frank Ocean." Ganz nah am Herzen liegt mir Joy Divsion, Herr Ocean aber ist deutlich weiter entfernt platziert.

Die Beschreibung des Labels trifft es schon ganz gut, aber geht das überhaupt? Wäre Ian Curtis auch dem Autotune-Virus zum Opfer gefallen?

Der erste, bereits im Dezember veröffentlichte, Album-Vorbote "Orbit" kann schwerelos überzeugen, aber mit dem Album tue ich mich auch nach mehrmaligem Hören noch relativ schwer. Falls ich dem hochmelodiösem CyberAutotuneBlues der Band noch erliege, gibt es demnächst natürlich mehr Infos zu "Soft Kill".




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VINEGAR MOTHER / Sunny Seat

Wer säße nicht gerne auf diesem sonnigen Sitzplatz im Q-Train in New York neben Sängerin Julia Zivic der Band VINEGAR MOTHER und würde dabei den jazzy souligen Klängen dieses Songs lauschen? Aber Vorsicht, in "Sunny Seat" geht es nicht um eitlen Sonnenschein, sondern um das unerträgliche Gefühl des Verlustes, welches auch Sonnenstrahlen nur bedingt lindern können.

Der Song befindet sich auf der gleichnamigen Debüt-EP "Sunny Seat", der natürlich aus New York (Brooklyn) stammenden Band, deren Kern bereits seit 2012 progressiven Soul/Jazz unter dem Namen Julia Zivic & The Brothers spielt.  Die aktuelle Bandbesetzung besteht aus Sängerin Julia Zivic, Itamar Gov-Ari (Keys, Guitar, Vox), sowie Mike Roninson am Bass und Jason Zivic an den Drums.


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