Das Sommerloch ist zwar vorbei, aber einen Nachzügler, den ich unbedingt vorstellen möchte, hab ich noch. Das Album "A Little Death" der texanischen Band MY JERUSALEM erschien Ende Juni dieses Jahres. Gegründet wurde die Band bereits 2008, damals noch in New Orleans, von Bandleader Jeff Klein, der heute noch als einziges Gründungsmitglied an Bord ist. Im März 2010 erschien die Debüt-EP "Without Feathers" und noch im gleichen Jahr der erste Longplayer "Gone for Good". Nach "Preachers" (2012) ist "A Little Death" nun der dritte Streich der Band.
Charakteristisches Merkmal der Band ist die sonore Stimme von Sänger Jeff Klein (vorher bei The Gutter Twins und The Twilight Singers tätig), die unwillkürlich an Nick Cave & The Bad Seeds erinnert, aber auch deutlich Einflüsse aus der DarkWave-Ecke (Bauhaus, Joy Division, The Editors) zeigt. PostPunk-Blues, wenn man es so nennen will.
Das Werk startet mit der düsteren Mid-Tempo-Ballade "Young Leather", die anfänglich an "Personal Jesus" von Depeche Mode erinnert, aber mit deutlich mehr Dramatik und einigen feinen Saxofon-Parts versehen ist. Als Backgroundsängerin macht sich bei diesem Song übrigens Elle King, bekannt durch den Hit "Ex's & Oh's", verdient.
"Rabbit Rabitt" legt an Düsternis und Tempo eine ordentliche Schippe drauf, die Vergleiche mit den Bands aus der DarkWave-Ecke dürften nun verständlich werden. Der nächste Hinhörer ist das mit sehnsüchtigem Gesang vorgetragene "No One Gonna Give You Love", das vom Arrangement und der Aura an großartige Scott Walker-Hymnen erinnert. Solche Songs schreibt man also, wenn man sich einen Monat in ein kleines Häuschen am Brighton Beach in Brooklyn einmietet, um den Tod der eigenen Mutter zu verarbeiten, um den Schmerz und die Erinnerungen in Songs für ein Album zu verwandeln.
Bei "Done and Dusted" darf die Gitarre unendlich lange klingen, nur ab und an ist es Schlagzeuger Grant Van Amburghden vergönnt, sich mit seinem Instrument in Szene zu setzen. Klein wirft einen Blick zurück. Hier klingen die Texaner so getragen und melancholisch wie es auch The National perfekt beherrschen.
Nachdem "Flashes" zu einem hintergründigen Maschinensound durch die Nacht huscht und "Dominoes" zu einem treibenden Beat einzelne Klaviertöne und viel Saxofon präsentiert, folgt mit "Eyes Like a Diamond Mine" ein weiteres Highlight. Ein seltsam schepperndes Schlagzeug führt durch den Song, der durch eine exzellente Hook und formidable Gitarrenarbeit von Herrn Jon Merz besticht. Very fein!
Eine lupenreine Düster-Ballade, in der man alle Sorgen ertrinken lassen kann, ist "Candy Lions". Wahrscheinlich hätte Elvis, wenn er noch leben würde, ein Alterswerk voll mit solchen Nummern herausgebracht. Danach dürfen bei "Jive For Protection" die Gitarren mal etwas mehr randalieren und Jeff Kleins Gesang klingt ansatzweise wie der des leider nicht mehr sehr glorreichen Glenn Danzig.
Der kleine Tod (A Little Death) macht auch vor der Jugend keinen Halt. "Young and Worthless" baut auf eine ausgedehnte Ouvertüre, ehe ein billig klingender monotoner Low-Fi Beat den Takt vorgibt. Alles immer schön im gedrosselten Tempo und mit morbiden Charme.
Zum Schlusspunkt setzt "Chrysalis" ein weiteres Highlight. Ein Herzschlagrhythmus im Ruhezustand, in etwa kurz vor dem Einschlafen wird von Kleins tiefer Stimme umschmeichelt und nur spärliche Akzente gesetzt. Plötzlich, mit einem unerwarteten Schlagzeugfeuerwerk und dröhnenden Gitarren kippt der Song im letzten Drittel und spaziert galant in ProgRock-Nähe.
Insgesamt ein wunderbar rundes Album, das trotz seiner Geschlossenheit nicht langweilig wird und ein idealer Begleiter zu alkoholischen Getränken und hochgeistigen philosophischen Gesprächen zu fortgeschrittener Stunde ist. Prost. Amen. Danke.
Tracklist:
01 Young Leather
02 Rabbit Rabbit
03 It's Torture
04 No One Gonna Give You Love
05 Done and Dusted
06 Flashes
07 Dominoes
08 Eyes Like a Diamond Mine
09 Candy Lions
10 Jive For Protection
11 Young and Worthless
12 Chrysalis
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