In der Mathematik addieren sich zwei positive Werte zu etwas Größerem. In der Küche aber spricht man davon, dass zu viele Köche den Brei verderben. Im musikalischen Bereich hat man schon erlebt, dass Großes entsteht, wenn sich zwei Größen zusammentun, aber es gab auch schon Beispiele, wo dies völlig in die Hose ging - als schlimmstes Beispiel der jüngeren Vergangenheit erinnere ich an "Lulu", die Kolloboration von Lou Reed und Metallica.
Auch bei "Evil Friends", dem mittlerweile achten Album von Portugal. the Man, treffen zwei Big Player aufeinander, denn die Band hat sich als Produzent für ihr neues Werk niemand geringeren als Danger Mouse auserkoren.
Als ich diese Information vor einigen Wochen zum ersten Mal hörte, hatte ich direkt Bedenken, ob Danger Mouse wirklich der Richtige sei, denn überall, wo die gefährliche Maus ihre Finger drin hat, klingt es auch nach gefährlicher Maus. In den meiste Fällen ist das auch gut so, was das letzte Album "El Camino" der Black Keys und auch "Little Broken Hearts" von Norah Jones bewiesen.
Aber Portugal. The Man ist ein spezieller Fall, denn die Band ist gut, so wie sie ist! Bisher waren ihre Songs immer kunstvoll verschachtelte Köstlichkeiten mit nicht zu eingängigen Melodien und einer charmanten Portion Verschrobenheit - in Fachkreisen nennt man das WeirdoPop - so dass nie die Gefahr bestand, austauschbar und zu radiokonform zu klingen.
Portugal.The Man - Evil Friends [Official Music Video] from Portugal The Man on Vimeo.
Der erste bereits vor einigen Wochen veröffentlichte Song "Evil Friend" nahm mir die schlimmsten Befürchtungen, aber dann wurde ein weiterer Song "Atomic Man" vom kommenden Album präsentiert und schon war das flaue Gefühl im Magen wieder da.
Das nun erschiene Album beginnt mit dem sehr minimalistischen und hoch melodiösen Song "Plastic Soldiers". Der Anfang erinnert an frühe Pink Floyd-Songs, aber wenn die Leadstimme und die Backing Vocals einsetzen, weiß man sofort, wer hier musiziert und wenn der Beat sich langsam herausschält, kann man auch schon deutlich heraushören, wer hier produziert hat.
Das erste Highlight ist "Creep in A T-Shirt". Treibendes Schlagzeug, darüber eine leichtfüssige Melodie und im Refrain ein Monster von Hookline, die dem Ganzen eine melancholische Note verleiht. Wow! Anschließend kommt das bereits bekannte großartige "Evil Friends", über das im Netz ja schon unendlich Lobeshymnen ausgeschüttet wurden, und die ich hiermit noch mal alle unterschreibe.
"Modern Jesus" hängt mir seit gefühlten 48 Stunden im Ohr: "Don't pray for us. We don't need no modern Jesus. To roll with us. The only road we need is never givin' up. The only faith we have is faith in us." Und mit diesem Song hat sich mein Glaube an die gelungene Verbindung von Portugal und Mouse gefestigt! Laut Noah und Kane ist "Modern Jesus" der Song, welcher der Band am schwierigsten fiel, deswegen sei den Beiden hiermit versichert: Es hat sich absolut gelohnt!
"Hip Hop Kids" enstand während der Tour mit den Black Keys durch deutsche Lande. Typisch die Chorgesänge und der Songaufbau. Der Song, in dem man am wenigsten Mousegeruch wahrnimmt.
Mit "Atomic Man" stand ich ja zu Anfang etwas auf Kriegsfuß, aber das Kriegsbeil wird wieder eingebuttelt, denn mittlerweile weiß ich das Drumming und die Gitarre zu schätzen, aber mein Favorit auf "Evil Friends" wird er wohl doch nicht werden.
Ein wunderbar verdichtete Folk-Ballade mit leisen psychedelischen Strukturen und Backing Vocals von Haim ist "Sea of Air" geworden. Der Song breitet sich genüßlich aus und zwingt zum Luftholen und Innehalten. Bei "Waves" nähern sich Portugal.The Man noch weiter an das Frühwerk von Pink Floyd an. John klingt weiblicher als je zuvor und die Gitarren breiten sich schwelgerisch im ProgRock-Himmel aus.
"Holy Roller" klingt, als wäre er vom letzten Jack White-Album, dazu feine Breaks mit viel Raum für die euphorischen Vocals. Und die Bläsersektion verleiht dem Song einen verdammt fluffigen Groove! "Someday Believers" erinnert mich an einen meiner Lieblingssongs ("Head is a Flame") der Band und zeigt, wie perfekt die Band mittlerweile die Arrangments um die Melodie wickelt. Waren früher die Melodien absichtlich verschachtelt und verhüllt, manchmal vielleicht sogar einen Tick zu viel, gelingt es den Männern aus Alaska nun in jedem Song den Focus perfekt zu setzen, ohne ihren bisherigen Charme einzubüßen.
Portugal. The Man - Purple Yellow Red and Blue [Official Music Video] from Portugal The Man on Vimeo.
Das auffälligste bei "Purple Yellow Red and Blue" ist das vordergründige Schlagzeugspiel, welches dem Song nach einem gelungenen Keybord-Intro antreibt. Songwriting vom Feinsten mit feiner Bridge und perfekter Hookline. Zum Schluß pfeift uns die Band bei "Smile" dann auch noch einen und sorgt für einen hochromantischen Ausklang des Albums.
Ja, Portugal. The Man sind etwas eingängiger geworden, aber zu meinem Erstaunen stört mich das überhaupt nicht, so dass ich ohne Umschweife sagen kann: Gut gemacht Danger Mouse, klasse ihr Mannen aus Alaska - dieses Album wird mich durch den Sommer begleiten! Danke.
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