„Musikalisch wurden wir eher von Bands wie Gun Club, Echo & the Bunnymen, den B52's oder Klassikern wie den Ramones oder Beatles inspiriert als von Riotgrrrls-Bands wie Bikini Kill“ erklärt Sängerin Andreya Casablanca, die eine Hälfte vom in Berlin ansässigen Duo GURR.
Oftmals fragt man sich dann bei Bands, wo diese Einflüsse denn geblieben sind, aber beim GaragePop der beiden Wahlberlinerinnen sind die Inspirationsquellen deutlich zu entdecken. Es rumpelt aus der Garage wie bei den Ramones, ab und an schimmert der düstere PostPunk des Gun Glub durch und die eingängigen poppigen Melodien schmecken nach den beiden Liverpooler Bands.
Im Mai diesen Jahres, damals noch als Trio (Wo ist Jill?) unterwegs, beigeistert mich die bereits 2015 erschienene EP "Furry Dreams" und daran hat sich natürlich auch nichts geändert. Dann erschien im September mit "Moby Dick" die erste Nummer vom Debütalbum, dass nun endlich in den Regalen steht.
"In my Head" startet vielversprechend mit "Breathless". Eine hektische Gitarre, ein zackiger Beat, eine bekömmlich hysterische Stimme, kleine krawallige Ausbrüche und es geht um eine Nacht, die bis in den Morgen geht. Kann gerne so atemlos weitergehen.
Bei "#1985" setzen die beiden Freundinnen Andreya und Laura auf einen treibenden Schlagzeugrhythmus, Melodie und Chorgesänge. Hat Zug, aber Melodien können die Mädels noch besser, was der nächste Song "Moby Dick" beweist. Über den Song habe ich mich ja bereits in den NEWSONGS 132 ausgelassen, fehlt nur noch der Hinweis, dass es inhaltlich um die Konfrontation mit der eigenen Ignoranz geht. Sollte man also vielleicht einem gewissen Herrn Trump besonders ans Herz legen.
Der Song "Walnuss" überrascht mit einem deutschen Text. Ausgestattet mit einem rumpelnden Beat und der Mädchenchor-Melodie wieder eine neue Variante, die Gurr ihrem Repertoire hinzufügen. Die Gitarre und der Basslauf bei "Yosemite" erinnern an die frühen The Cure. Gurr beobachten dabei als Außenstehende den Verlust einer Liebe.
Mit seinen feinen Tempiwechseln und dem Lofi-Gescheppere klingt "Free wie ein improvisierter Jam aus der Garage, dass die Garage in Berlin steht, mag man kaum glauben, so sehr klingt es nach US-Westküste. "Klartraum" schließt nahtlos an, drückt aber noch mal das Gaspedal richtig durch.
Der Surf-Sound, der schon in einigen Songs durchschimmerte und besonders bei "Moby Dick" dominiert, tritt bei "Rollerskate" noch deutlicher zutage. Very fein", wie man hier zu sagen pflegt. Mein Highlight auf "In my Head" ist aber das grandios aufspielende "Diamonds". Wunderbar, wie der Song bei 0:58 Sekunden explodiert und die punkige Energie, die auf "Furry Dreams" noch wesentlich mehr zum Tragen kam, ausbricht.
Woher kommen die Mädels eigentlich wirklich? Wie kam es zum Bandnamen? Hier gibt es die Antworten!
Ein Frauenschrei, wie aus einem alten Horrorstreifen, eröffnet "Computer Love". Twang! Twang! Da hört man jetzt auch beim Gesang deutlich den B-52's Einfluss durch. Der letzte Song des Albums "Song For Mildred" ist eine LoFi-Ballade, die als Ausklang ganz gut funktioniert, ein bisschen an die hochverehrten Galaxie 500 erinnert, aber sicher nicht das stärkste Stück der Platte ist.
Insgesamt ein wirklich rundes Album, das sicher auch international (trotz des Lidl-Logos auf dem Cover ;-) ) auf sich aufmerksam machen wird, aber mir persönlich fast schon ein bisschen zu viel poliert wurde, weil die unbändige Energie und Lust des Duos, zumindest auf Tonträger, etwas an Vehemenz verloren hat. Hoffe, ich kann mich bald davon überzeugen, dass dies live keine Auswirkungen hat, also auf nach Köln Mädels! Und bitte in keinem Radiointerview mehr so tun als wäre Franken gleich Bayern ;-).
Tracklist:
01 Breathless
02 #1985
03 Moby Dick
04 Walnuss
05 Yosemite
06 Free
07 Klartraum
08 Rollerskate
09 Diamonds
10 Computer Love
11 Song For Mildred
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