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Montag, 9. März 2015

MATTHEW E. WHITE / Fresh Blood

"Wellness" ist ja so ein Begriff, der einen die letzten Jahre ständig um die Ohren gehauen wird. Fragt man Bekannte, wo sie am Wochenende waren, lautet die Antwort gerne "Wir haben uns ein Wellness-Wochenende" geleistet. Hunde erhalten eine Wellness-Massage, und es gibt Heringe in Dosen mit dem Aufdruck "Wellness". Bezieht sich das eigentlich auf die Fische in ihrem Blechsarg?

Egal, wo ich hin will ist, dass es manchmal einfach nur der richtigen Musik bedarf, um einen Zustand körperlichen und geistigen Wohlbefindens zu erreichen.

MATTHEW E. WHITE aus Virginia ist so ein Musiker, der es bei mir spielend schafft, wohlige Wärmeschauer zu erzeugen. Das gelang ihm mit seinem wundervollen Solo-Debüt-Album "Big Inner" (2013) und es gelingt ihm erneut mit seinem neuen Album "Fresh Blood". Und wie macht der Mann, der aussieht wie das friedvollste Lebewesen auf Gottes Erdboden, das? Moll! Soul! Neo-Folk! Geigen und Bläser! Und eine Stimme, die an Weichheit nur mit der von Curtis Mayfield oder Marvin Gaye zu vergleichen ist.

Der Einstieg ins Album, "Take Care My Baby" klingt wie ein verschollener Soul-Klassiker. Irgendwie will man gar nicht wahrhaben, dass es dieses Lied nicht schon seit Jahrzehnten gibt, so vertraut und behaglich klingen die Streicher, die Bläser und der Refrain, der eigentlich gar keiner sein will. Musik, die wunderbar schmeckt, aber nie satt macht.



"Rock & Roll is cold" ist eine witzige Nummer, die dem Rock & Roll mal nicht beschert, dass er tot ist, sondern einfach nur kalt, weil er keinen Soul hat. Die Ansicht ist sicher streitbar, aber wer es so schön in eine pfiffige FolkPop-Melodie verpackt, der darf sogar Lautmaerleien a la "Ulala" darin unterbringen. Als nächstes besteigt Matthew mit uns einen Baum voller Früchte ("Fruit Trees") und besucht Orte, die sich verdammt paradiesisch anhören. Ich will sofort, dass sich der gelbe Ball am Himmel zeigt!

Aber nicht ist immer alles rosig! Mit der "Holy Moly" stimmt etwas nicht. Ganz leise haucht Matthew die Frage, was mit ihr los ist, erst allmählich steigert sich die Dramaturgie im Song, mischen sich weibliche Chorgesänge und böse Worte dazu. Ich fürchte Moly ist ein hoffnungsloser, aber wundervoller Fall.

Nach so viel Aufregung wird es aber wieder friedlich. Mit "Circle Round the Sun" steht eine warme Umarmung mit Jesus auf dem Programm, der man nur schwerlich widerstehen kann. Eigentlich muss man sich jetzt wohlfühlen und damit man kein schlechtes Gewissen hat wegen so viel Glücksgefühl, gibt Mr. Matthew im nachfolgenden Soul-Schmeichler "Feeling Good Is Good Enough" die Absolution dafür. Was anfangs übrigens sehr schnulzt, wird nach hinten ein echt grooviger Jam!



Damit aber niemand zum Laster des Übermuts neigt, wird postwendend "Tranquility" verteilt. Himmlischer Streicherfrieden! Es wird Zeit die "Golden Robes" überzuwerfen, wie alles bei Matthew E. White ist auch dieses Gewand kunstvoll und subtil gewoben. Welch großartiges tapferes Schneiderlein, das da auf einen Streich die in die Jahre gekommene Dame Soul mit Herrn Folk verbandelt hat. Dazu benötigt man "Visionen" und Liebe ("Love is Deep") und von diesen Zutaten hat Matthew E. White wahrlich eine Riesenportion.

Fazit: Noch besser, weil noch runder und geschmeidiger als "Big Inner". Das relativ wankelmütige Album "Outer Face" ist vergessen, Matthew auf dem Zenit seines Schaffens. Hallo liebes Rolling Stone-Team, gerne noch mal zum Weekender an die Ostsee einladen!

Wer hätte gedacht, dass Herr White ein alter Grunger ist:






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