Date: 21.05.2018
Support: RVG
"Ein herzliches Willkommen in Köln an die zornigen jungen Menschen von der Insel, die zu Beginn des Jahres mit "Songs of Praise," ein Debütalbum hinlegten, das die Messlatte für alle noch kommenden Alben in diesem Jahr verdammt hochlegt.
Kein Wunder also, dass deswegen mit sehr großer Vorfreude mein treuer Konzertbegleiter C. - in Begleitung der charmanten P. - und meine Wenigkeit bei bestem Wetter am Pfingstmontag, also am Tag, als der heilige Geist entsendet wurde, auf den Weg in einen kellergewölbeartigen dunklen Club sind, um die "Loblieder" dieser fünf jungen Briten zu empfangen.
Bevor die Briten loslegen dürfen, gibt es allerdings eine Vorband aus Australien zu hören. Das Quartett mit Frontfrau Romy nennt sich RVG (Romy Vager Group) und stammt aus Melbourne. Die Band veröffentlicht im Juli ihr Debütalbum "A Quality Of Mercy", welches mit Musik aufwartet, die man zwischen AltRock und PostPunk einordnen kann und die in erster Linie von der rauchigen und sehr markanten Stimme der Frontfrau lebt.
Live kann mich die Band nicht wirklich begeistern, denn das Songwriting ist eher mittelmäßig und bleibt wenig im Gedächtnis. Mein treuer Konzertbegleiter sieht das ganz genauso, wohingegen P. mutmaßt, dass wir die Band nur nicht gut finden, weil die Frontfrau nicht aussieht wie Ellie Rowsell - was natürlich völlig absurd ist!
Ziemlich pünktlich um 21 Uhr entern die Herren Eddie Green, Charlie Forbes, Josh Finerty, Sean Coyle-Smith und Charlie Steen die Bühne. Los geht es nach kurzer Ansage mit "Dust On Trial" und es geht wirklich sofort richtig los! Schon nach wenigen Sekunden hat Sänger Charlie Steen das Publikum an den Eiern (*der politischen Korrektheit wegen) und Eierstöcken - denn im ausverkauften Yuca sind durchaus auch eine stattliche Zahl an weiblichen Gästen - und zeigt, dass SHAME in erster Linie eine Liveband sind.
Im zarten Alter von 16 Jahren begann Steen mit dem Schreiben von Songs und sein allererster ("One Rizla") wurde Jahre später zum Hit ihres Debütalbums.
Aber Steen ist nicht nur ein verdammt guter Songwriter, sondern auch ein Frontmann, der diesen Namen verdient. Steen will Spaß auf der Bühne UND er will dem Publikum Spaß bereiten. Immer wieder fordert er die Zuschauer auf, näher zu rücken, zu tanzen und sich aktiv am Konzert zu beteiligen. Das kann nerven, tut es in diesem Falle aber nicht, denn Steen scheint der geborene Rock 'n' Roll Entertainer zu sein, der in seinen stärksten Momenten tatsächlich an die Punk-Legende Henry Rollins erinnert.
Bereits nach dem zweiten Stück ("Concrete") ist sein Oberkörper entblößt, denn es wird heißer im Yuca! Der Sound lässt etwas zu wünschen übrig, aber das spielt heute Abend eine absolut untergeordnete Rolle, denn hier und heute zählt einzig der Rock 'n' Roll-Funke, der wie bei einer Kettenreaktion überspringt und ALLES in Brand setzt.
Bereits Lied Nummer drei in diesem furiosen Ritt ist der Hit "One Rizla". Es brodelt! Herr Gott, dieser Typ ist gerade mal 20, aber er weiß genau was und wie er es zu tun hat! Fu**ing fantastic!
Bei seinen zum Teil noch sehr bubihaft aussehenden Mitstreitern hat man allerdings eher den Eindruck, als könnten sie es noch gar nicht richtig glauben, dass sie weit weg von Zuhause in einer fremden Stadt gerade ein Publikum ausrasten lassen – wahrscheinlich rufen sie noch heute Abend ihre Mütter an und erzählen wie geil der Auftritt war. Der Ersatzpapa, ist übrigens der nicht mehr ganz jugendliche Drummer der Vorband, der die Jungs auf der Bühne mit Bierchen versorgt und schmunzelnd neben der Bühne lehnt und dabei den Gesichtsausdruck eines stolzen Vaters trägt ;-)
Aber neben aller Jugend sieht man doch auch, dass sich die Band, bei dem was sie tut, pudelwohl fühlt und dass sie schon ein paar Konzertchen auf dem Buckel hat.
Nachdem die Band zu Beginn ihrer Karriere als Support für die Slaves, Warpaint und später für GURR unterwegs war, spielt sie im Jahr 2017 mehr als 250 Konzerte. Das kann man sicher nur durchhalten, wenn man so viel Spaß bei der Arbeit hat wie diese fünf Jungs aus dem Londoner Stadtteil Brixton.
Gekonnt absolviert das Quintett die Songs aus ihrem Debütalbum und überrascht außerdem mit einem neuen Song, der entweder noch unbetitelt ist oder aber später mal "Untitled" heißen soll. Feine Nummer, die sich nahtlos in das perfekte Set einfügt.
Feststellung des Abends: Selten machen Songs mit sozialkritischen Botschaften soviel Spaß wie bei diesem Gig, der BritPop und Punk so wunderbar perfekt verbindet, dass man sich fragt, wieso eigentlich niemand vorher auf diese eigentlich doch nahe liegende Idee gekommen ist?
Nach nicht mal einer Stunde sind Shame mit ihrem Set durch, aber den kürzesten Song ("Donk") ihres Debütalbum haben sie sich als Zugabe aufgehoben und so dürfen sich noch einmal ALLE sowieso schon schweiß- und biernassen Körper ineinander verkeilen und den heiligen Geist des Rock 'n' Roll an diesem Pfingstmontag empfangen. Amen.
Dann ist Schluss und ich gehe davon aus, dass jeder, der heute Abend hier war - wenn ihm oder ihr nicht der Himmel auf dem Kopf fällt - auch beim nächsten Gastspiel der Band am 12. Dezember im Kölner Luxor dabei ist.
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