Der böse Mann brummt wieder. Dabei hatte sich Mastermind Taylor Kirk mit seinen Mannen eigentlich vorgenommen, ein Album mit etwas besserer Laune als gewöhnlich aufzunehmen. Aber wie das Leben so spielt, kam es anders - ganz anders.
"Sincerely, Future Pollution" ist das dunkelste Album, das die Kanadier TIMBER TIMBRE in ihrer 12-jährigen Bandgeschichte aufgenommen haben - und die fünf vorherigen Longplayer sind auch nicht gerade voller überbrodelnder Lebensfreude.
Aber trotzdem ist das 6te Album etwas ganz Besonderes, denn Taylor Kirk, Simon Trottier, Mathieu Charbonneau und Olivier Fairfield begaben sich zu den Aufnahme für das neue Album in ein Schloss (La Frette) in der Nähe von Paris, wo sich seit Beginn der 80er Jahre zahlreiche analoge Synthesizer und vorsinntflutliche Drumcomputer vor der globalen Digitalisierung versteckt halten.
Vom ersten Song an "Velvet Gloves & Spit", der klingt als hätten sich Nick Cave und The Human League für einen Song zusammengetan, prägen diese archaischen Fundstücke den Sound auf "Sincerely, Future Pollution".
Auch stilistisch wagt sich das Quartett auf bisher eher unbeackertes Feld. Folk und Blues sind weiterhin das eigentliche Lebenselixier der Band, aber bei "Grifting" dominiert eine coole funky Grooveline - die man auch aus der Schreibtischschublade von Prince oder Roxy Music hätte ziehen können - die Nummer, was zusammen mit Taylors sonoren Stimme eine atemberaubende Mixtur ergibt.
Es bleibt funky! Beim rein instrumentalen "Skin Tone" flirren die Keys im Science Fiction-Modus. Es klingt nach Art of Noise, aber auch nach einem neuen spooky Theme für Blade Runner.
Wie perfekt Timber Timbre ihren neuen vielfältigeren Sound mit ihrem "alten" Folk & Blues-Gerüst verbinden, demonstriert "Moment". In welche Kategorie soll man dieses Stück einsortieren? PostBlues? DarkSynthiFolk? Who cares, it's magic!
"Sewer Blues" ist das Stück, welches die Band als erstes aus "Sincerely, Future Pollution" veröffentlicht hatte und es ist eindeutig das Stück, welches am wenigsten erahnen lies, welch großen Schritt Timber Timbre in eine neue Richtung gehen würden.
Bei der mit leichten Lationrhythmen unterlegten Ballade "Western Questions" akzentuieren punktuell eingesetzte Perkussionklänge den führende Drumcomputerbeat, während Taylor sehr gefühlvoll ein beschissenes Ende besingt. Alles sehr traurig hier, aber auch sehr schön.
Der Titelsong "Sincerely, Future Pollution" des Albums packt gefährlich dröhnende Maschinengeräusche auf einen monotonen Beat, der von einer Art Dauersirene begleitet wird. Erst zum Ende des Song erklingt Taylors bedrohliche Stimme, eine kurze dramatische Steigerung des Beats, dann ist Schluss - wahrscheinlich Sauerstoffmangel.
Die "Bleu Nuit" ist schon ziemlich Dunkelblau. Sehnsuchtsvoll flirren die Keys und der Beat stolpert mit Unterbrechungen durch die Nacht. Die zur Roboterstimme verzerrte Stimme singt ein trauriges Lied. Erschöpft und hoffnungslos. So würde es vielleicht klingen, wenn Daft Punk den Blues entdecken.
Zum Schluss versöhnlichere Klänge mit der Country-Drumcomputer-Blues-Ballade "Floating Cathedral". Beim ersten Anhören etwas eintönig, entwickelt aber später durchaus seinen eigenen Charme - so ist er halt der charmante böse Mann.
Wer sich dafür interessiert, weswegen Taylor Kirk auf diesem Blog gerne als der böse Mann bezeichnet wird, der darf sich hier tiefer in die Materie einlesen.Und wer die Band, die jetzt auch wieder in Deutschland auf Tour ist, live sehen kann, sollte es unbedingt tun:
Tracklist:
01 Velvet Gloves & Spit
02 Grifting
03 Skin Tone
04 Moment
05 Sewer Blues
06 Western Questions
07 Sincerely, Future Pollution
08 Bleu Nuit
09 Floating Cathedral
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