2008 gründete der Ire Conor J. O'Brien die VILLAGERS. Seit dem durften sich Menschen, die an einfühlsamen IndieFolk gefallen finden, über drei großartige Platten freuen.
2010 debütierte die Band mit "Becoming a Jackal"*, einem surreal anmutenden Album mit malerischen Melodien und poetischer Tiefe, bei dem O'Brien fast alle Instrumente selbst einspielte. 2013 wagte Conor mit "{Awayland}"** den Schritt zur echten Band, üppigen Arrangements und lauteren Tönen.
2015 erschien "Darling Arithmetic"***, ein geradezu fragiles Werk, näher am Debüt als am Vorgänger, aber noch minimalistischer und intimer.
Nicht einmal 12 Monate später veröffentlichen die Villagers das Album "Where Have You Been All My Life", eine Art Werkschau, bei der Conor ausgewählte Stücke aus seinen Arbeiten neu arrangiert. Das erklärte Ziel des Singer/Songwriters war aber nicht eine Best of Compilation herauszubringen, sondern den Zauber seiner Liveauftritte auf einem Tonträger einzufangen, weswegen er die Songs dann an einem Junitag in den RAK-Studios in London live einspielte.
Das "Konzert" beginnt mit dem um eine Minute in die Länge gezogenem Stück "Set the Tigers Free" vom Debütalbum. Conor lässt dem Song in der neuen Version mehr Raum sich zu entfalten, drosselt leicht das Tempo und bleibt mit seiner Stimme immer sanft auf knisterndem Kaminfeuer-Niveau.
Mein liebster Song vom letztjährigen Album "Darling Arithmetic" verändert sich kaum. "Everything I Am is Yours" bleibt ergreifend schlicht und schön. "My Lighthouse", der mutmaßlich leiseste Song vom Album {Awayland}, wird weiter skelettiert auf die Essenz des Leidens. Wer Conor einmal live erleben durfte, ich hatte schon zwei Mal das Vergnügen und freue mich auf mein drittes Konzert im Februar, der wird mir unumwunden Recht geben, dass niemand schöner, feinfühliger und ergreifender leidet als der Ire mit der markanten Stimme.
Was genau Conor mit "Courage" bei seiner Liveeinspielung in London anders macht, kann man schwer beschreiben, aber es klingt luftiger, weniger traurig, so als läge jetzt plötzlich ein größerer Hoffnungsschimmer auf dem sensiblen Song. Dominierte bei "That Day" in der ursprünglichen Version die Rhythmik in einem schier orchestralen Arrangement, präsentiert Conor den Song nun in einer Lagerfeuerballade mit Akustikgitarre und sanft blasenden Hörnern.
Mit "The Soul Serene" verfährt O'Brien in umgekehrter Weise. Die Nummer erhält nun etwas mehr Drive durch das schnellere Gitarrenspiel. Das einzige Stück, welches bisher auf keinem regulären Tonträger der Villagers zu finden war, ist "Memoir". Den Song schrieb Conor für Charlotte Gainsbourg, er erschien als 7-Inch 2011 unter dem Namen CHARLOTTE GAINSBOURG + THE VILLAGERS / Memoir-Set The Tigers Free und auf dem 2012 erschienenen Album "Stage Whispers" der Französin. Fans werden auch in der Version von Madame Gainsbourg die Feder Conors erkennen. In der Neubearbeitung fügt Conor dem bisher von einer akustischen Gitarre geführten Song eine sanft Basslinie hinzu und verschnörkelt ihn mit verspielten Pianoklängen, so dass die Nummer deutlich mehr groovt und swingt.
"Hot Scary Summer" bekommt durch die neu implementierten Pianoklängen eine melancholischere Note und wird speziell zum Ende hin wesentlich schwelgerischer als das Original. Am gespanntesten war ich, was Conor in der Überarbeitung aus dem mit elektronischen Beats arbeiteten "The Waves" zaubern würde. Wie vermutet mutiert dieser Song am deutlichsten. "The Waves" dehnt sich auf über sieben Minuten Spielzeit zu einer geisterhaften epischen Nummer mit faszinierenden Tempowechsel und gesungen mit einer begeisternden Eindringlichkeit, wie sie nur wenige Sänger auf einen Tonträger bannen können.
Auffällig an vielen Neubearbeitungen ist, dass Conor vermehrt das Piano einsetzt, so auch bei "Darling Arithmetic". Einige Stücke erfahren dadurch eine schwermütigere Stimmung, behalten aber ihren sensiblen Charakter, gleiten nie ins Depressive ab, denn irgendwo scheint immer ein kleines Licht der Hoffnung zu brennen. "So Naive" ist der Song, an dem O'Brien nur marginale Veränderungen durchgeführt hat. Zu Beginn sind kaum Unterschiede auszumachen, erst gegen Ende des Songs verleihen ein spooky Keyboard und Bläserarrangements dem Stück eine schwebendere Atmosphäre.
Als letzten Song covern die Villagers "Wichita Lineman" vom amerikanischen Songwriter und Komponisten Jimmy Webb , der in den späten Sechzigern mit Songs wie "Up Up and Away" für The Fifth Dimension Erfolge feierte und beispielsweise in den 80ern den Soundtrack für den Zeichentrickfilm "Das letzte Einhorn" komponierte. "Wichita Lineman" schrieb Webb für den Country-Sänger Glen Campbell , der mit der gefühlvollen in Streicherklängen badenden Ballade 1968 in den USA und in Großbritannien einen TopTen-Hit landete.
Conor O'Brien macht aus "Wichita Lineman" einen lupenreinen Villagers-Song, in dem er das Stück auf die Kernmelodie herunterbricht und von sämtlichem schwülstigen Ballast befreit. Emotional aufwühlend wie alle Songs auf diesem rührendem Album voller Liebe und Hoffnung. Ziel erreicht Mister Conor!
Tracklist:
01 Set the Tigers Free*
02 Everything I Am is Yours***
03 My Lighthouse**
04 Courage***
05 That Day*
06 The Soul Serene***
07 Memoir
08 Hot Scary Summer***
09 The Waves**
10 Darling Arithmetic***
11 So Naive***
12 Wichita Lineman
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