"Rebel Rebel, you've torn your dress Rebel Rebel, your face is a mess Rebel Rebel, how could they know? Hot tramp, I love you so!"
Diese Zeilen stammen natürlich von niemand geringerem als vom kürzlich verstorbenen David Bowie und sie haben schon eine ziemliche Vergangenheit auf dem Buckel, passen aber noch immer vorzüglich, wenn man einen Einstieg in das neue Album "Adore Life" der Londoner PostPunk-Band SAVAGES sucht.
Auf dem Plattencover sieht man die rebellische Faust von Lead-Sängerin Jehnny Beth kämpferisch in die Höhe gestreckt, bewaffnet mit Ringen, die aussehen wie Krallen, die man bestimmt auch als Waffen einsetzen kann. Vielleicht eine andere Möglichkeit statt Pfefferspray, um grabschenden Vollidioten wie in Köln in der Silversternacht Einhalt zu gebieten? Dann macht die handbreit Abstand, die die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker gefordert hat, vielleicht auch Sinn?
Die Botschaft des neuen Albums, das Leben zu feiern und die Liebe zu leben, liegt offen auf der Hand, dass es ein ziemlich zorniges und wütendes Statement geworden ist, war bei diesem energiestrotzendem Damen-Quartett ebenfalls zu erwarten. Für alle Verstrahlten, die dieser Tage die Welt so unsicher machen, gibt Savages auch gleich im Albumopener "The Answer" die klare Antwort: Liebe, ist die Antwort ihr Vollpfosten da draußen, die ihr uns den Spaß am Leben & der Liebe nehmen wollt! Und wer nicht hören will, dem zeigen wir die Faust!
SAVAGES - THE ANSWER from Giorgio Testi on Vimeo.
Ist das schon ein klarer Aufruf zur Revolte? Eine neue Revolution für die Liebe? Nicht mit Blümchen im Haar und Peace-Button am Reviers, sondern der Aufruf zum gemeinsam Kampf für die Liebe durch kreischenden Gitarrenriffs?
Und wer ist der Feind? Der Feind ist alles, was sich der Liebe & dem Leben entgegenstellt. Im außerordentlich poppigen Song "Evil" sind es exemplarisch die katholische Kirche und Menschen, die sich gegen die gleichgeschlechtliche Liebe ausgesprochen haben, was hoffentlich auch dem letzten Schwarz-Weiß-Maler ziemlich klar macht, dass der Feind vielschichtig ist und nicht nur in einer Ecke zu suchen ist. Ruft man sich dann noch ins Gedächtnis, dass die Gitarristin Gemma Thompson in einem Interview der SPEX zum Debütalbum "Silence Yourself" verlauten lies, dass sie der Gedanke fasziniert, dass in uns allen das Böse ruht, sollten sie viele Menschen, die in den sozialen Medien dieser Tage verstörende Kommentare hinterlassen, den biblischen Satz "... der werfe den ersten Stein." noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
Genau dieses selbstkritische Reflexion zeigen Savages beim stürmischen, bassgetragenen "Sad Person", das einerseits anklagt, andererseits aber auch die Tür für eine Annäherung "I'm flirting with you" offen lässt.
Savages / Adore from Anders Malmberg on Vimeo.
Der Sound des Albums ist im Vergleich zum Debüt übrigens deutlich fetter und aufgeräumter geworden, was wahrscheinlich an der Abmischung des dänischen Elektronikmusikers Anders Trentemøller liegt. Diese neue Klarheit tut den Songs ausgesprochen gut, denn es gelingt dem Dänen, der Band trotzdem ihre Ecken und Kanten zu lassen, wenn nicht sogar noch besser herauszukitzeln. Schöne Beispiele dafür sind das düstere "Slowing Down The World", wo der fette Bass von Ayse Hassan konsequent tief in die Magengrube fährt oder das balladeske "Adore", wo man wieder nicht umhinkommt die Stimme der gebürtigen Französin Jehnny Beth mit NewWave-Legende Siouxsie Sioux zu vergleichen.
"Surrender" klingt ungewöhnlich elektronisch, so dass man schier den Eindruck bekommt als hätte Trentemøller auch beim Songwriting die Finger im Spiel gehabt. Aber in "I Need Something New" singt Beth ja auch, dass sie etwas Neues in ihren Ohren hören möchte ;-)
Wunderbar gewohnt randalieren die ungewöhnlichen Botschafter für die Liebe dagegen wieder bei "T.I.W.Y.G.". Wer jetzt noch nicht Verstanden hat, worum es den Damen geht, der hat es halt nicht anders gewollt: "This is what you get, when you mess with love!"
Tracklist:
01 The Answer
02 Evil
03 Sad Person
04 Adore
05 I Need Something New
06 Slowing Down The World
07 When In Love
08 Surrender
09 T.I.W.Y.G.
10 Mechanics
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