Damen, die Bier trinken, finde ich prinzipiell sehr ansprechend. Wenn diese Damen dann auch noch dreckig Gitarrespielen und klingen als hätten sie ihr ganzes Leben in der Garage beim Musizieren verbracht, gibt es weitere Bonuspunkte. Eine Beleidigung für das Auge sind die vier Riot-Girrrls aus Madrid auch nicht, könnte sich also meine erste (musikalische) Liebe für dieses Jahr anbahnen.
Manche Platten sollte man unter perfekten Bedingungen hören. Ich öffne also ein Bierchen, ganz gepflegt mit dem Flaschenöffner, stecke mir einen Glimmstengel ins Gesicht und gebe mich nach zweifachem kurzen Durchhören nun mit voller Konzentration und Leidenschaft dem blechern rumpelnden Sound von "Leave me Alone" hin.
Das Debüt der jungen Spanierinnen beginnt mit "Garden", bei dem die Gitarristinnen Ana Perrote und Carlotta Cosials wunderbar auf ihren Instrumenten schrammeln und dazu krächzen als hätten sie nach einer durchzechten Nacht gerade mit einem Schluck Whisky die Morgentoilette hinter sich gebracht, um nun im Garten etwas abzuhängen und die schönsten Lieder der Nacht nachzugrölen.
"Fat Calmed Kiddos" zeigt zu einer feinen Basslinie von Ade Martín die Dame mit den Lippen am Flaschenhals, die softere Seite des flotten Vierers. Immer noch schräg und roh, aber doch auch niedlich und sehr melodiös. "Warts" und "Easy" schlagen in die gleiche Kerbe, aber dann kommt mit "Castigadas En El Granero" ein echter Leckerschmecker. Die so wunderbar wie hingerotzt klingende Nummer hat alles, was es braucht, um dunkle Wolken zu vertreiben und fröhlich mit zu trällern.
Zur Verschnaufpause für die krakelenden Stimmen gibt es exakt zur Albummitte mit "Solar Gap" ein vergnügt dahinplätscherndes Instrumentalstück, zu dem man im Sonnenschein sicher schön wegschlummern kann. Nächste Station "Chili Town". In dieser scharfen Stadt gefällt es mir außerordentlich! Die HINDS erinnern vom Sound und von der Gitarrenmelodie im Hintergrund her an die legendären Velvet Underground in ihrer Ursprungsbesetzung. Feiner Song mit den hochpoetischen Textzeilen, bei denen man hofft, irgendwann in einer Kneipe auf die Ladys zu treffen: "I am swimming in the dark 'cause all your friends are sharks ... I am stealing your cigars just 'cause they're closer than mine ... I am flirting with this guy so you can watch my crime ... "
Sechs Sekunden lang eröffnet der Bass das furiose "Bamboo", welches mich durch seine archaische und anarchistische Attitüde verdammt an die Slits erinnert. Knackiger SixtiesGarage-Sound meets klebrigen Punk. In "San Diego" geht es dann natürlicherweise wieder sonniger zu. Die Gitarren toben wie ausgelassene Bälger über die das Trommelfell angreifenden Stimmen des Gesangsduos. Krach, der verdammt viel Spaß macht!
Nicht wundern, die Hinds hießen erst Deers, mussten sich aber wegen eines Urheberrechtsstreit umbenennen.
Die nächsten beiden Songs des Albums sind reduzierter und ruhiger. Bei "And I Will Send Your Flowers Back" klingt das nach FreakPunkFolk und vor allem nach den letztjährigen Abräumern Girlpool, bei "I’ll Be Your Man" bezaubert die poppige naiv-charmante Melodie. Der Schlusssong "Walking Home" lässt die Gitarren wieder twangen und die beiden unbegnadeten ;-) Sängerinnen Ana Perrote und Carlotta Cosials beweisen einmal mehr, dass Perfektion für gute Rock- und Popmusik absolut zweitrangig ist.
Das perfekte TweePop-Album für einen feuchtfröhlichen Abend mit guten - am besten trinkfesten - Freunden, um über Musik und die Welt zu philosophieren oder um es sich einfach nur gut gehen zu lassen. Und wenn die Mädels dann noch an die Tür klopfen würden, stünde einer ausgelassenen Party überhaupt nichts mehr im Wege.
Tracklist:
01. Garden
02. Fat Calmed Kiddos
03. Warts
04. Easy
05. Castigadas En El Granero
06. Solar Gap
07. Chili Town
08. Bamboo
09. San Diego
10. And I Will Send Your Flowers Back
11. I’ll Be Your Man
12. Walking Home
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