Labels

Mittwoch, 25. Oktober 2017

IGLOOGHOST / Neō Wax Bloom [Review]



Dass die Verpackung nicht immer auf den Inhalt schließen lässt, zeigt die neue Platte von IGLOOGHOST, hinter dem kitschigen Nintendo-Look des Covers verbirgt sich nämlich eine Vinylscheibe mit meisterlichem Inhalt.


Der Knabe - Mann wäre beim zarten Alter von 18 noch etwas übertrieben - mit dem Hang zum gruseligen Cover und futuristischen Sounds, ist Seamus ­Malliagh. Erstmals etwas von sich hören ließ der Ire im Jahr 2014, als er eine Tape auf Error Broadcast veröffentlichte.

Danach ging es sehr schnell voran mit der Karriere des Elektroniktüfftlers. 2015 erschien die EP "Chinese Nü Yr" auf dem kalifornischen Indie-Label Brainfeeder, das niemand geringerer als Flying Lotus, seines Zeichens ebenfalls ein Soundtüfftler vor dem Herrn, in 2008 gegründet hatte. Es folgten zwei weitere EPs in 2015 und 2016, ehe nun mit "Neō Wax Bloom" sein Debütalbum in den Regalen steht.

Mir persönlich sind die Sachen von Labelvater Flying Lotus meist zu sehr Track und zu wenig Song und genau das macht den Unterschied zum mir viel lieberen "Ziehsohn" Iglooghost, beim dem man in jedem Track ganz klare, wenn zum Teil auch aberwitzige Songstrukturen erkennen kann. Dass wir uns richtig verstehen, wer sich mit elektronischer Musik nicht anfreunden kann, bei dem wird sich an dieser Abneigung auch nichts durch "Neō Wax Bloom" ändern.

Das letzte Electro-Album, welches mich so dermaßen geflasht hat, wie es jetzt bei "Neō Wax Bloom" der Fall ist, war das Jungle/Breakbeat/Drum 'n' Bass-Meisterwerk "Timeless" von Goldie aus dem Jahr 1995! Und diese beiden Alben, die ja von ihrem Erscheinen mehr als 20 Jahre auseinanderliegen, sind sich wirklich erstaunlich ähnlich! Beide geizen nicht mit kompromisslosen harten Beats, beide verfügen über einen wahnsinnigen Flow, trotz aller Breaks und Spielereien, beide loten die Grenzen der aktuellen Möglichkeiten des Genres und darüber hinweg aus und beide muss man in hoher Lautstärke hören, damit sich die Wirkung des Soundspektakels entfalten kann.



Im Gegensatz zu Goldie verzichtet Iglooghost allerdings fast komplett auf unverfremdete Vocals (Ausnahme: "Infinite Mint"), sondern pitcht und schraubt an allem Organischen so lange herum, bis es klingt wie ein körperloses Etwas aus den Tiefen des unbekannten Weltalls. Klingt dämlich? Herzlich willkommen in der fantastischen Welt von Seamus Malliagh. Auf seiner ersten EP ging es schon um einen Gelatinewurm auf Zeitreise, auf "Neō Wax Bloom" nun auch um zwei gigantische Augäpfel, die auf einen Planeten namens Mamu stoßen.

Wer sich auf das knapp 48 Minuten lange Album einlässt, wird bereits nach wenigen Minuten mit mir übereinstimmen, dass diese gigantischen Augäpfel einem ADHS-Patienten entnommen worden sein müssen, so zappelig, frickelig und hyperaktiv ist dieses Album.



Wäre "Neō Wax Bloom" die Skulptur von einem bildenden Künstler, dann sähe man ein futuristisches Wimmelgebilde, mit unzähligen Lötstellen durch die unterschiedlichste Materialien miteinander verbunden sind. Nennen wir es also Klangskulpturen, die der mittlerweile in England lebende Ir(r)e aud Vogelzwitschern, gepitchen Rapsalven, Breakbeat-Infernos, Jazz-Sprenkseln, Nintendosounds und hysterischen Keys zusammenlötet.

Herrschaften wie Aphex Twin, Arca, Liima, Squarepusher oder auch Gold Panda, Pantha Du Prince, Holly Herndorn müssen aufpassen, dass sie von diesem Frischling nicht gnadenlos überrollt werden.

Tracklist mit Anwendungsmöglichkeiten:
01 Pale Eyes - Flug in der Schwerelosigkeit
02 Super Ink Burst - Freejazzern die Grenzen aufzeigen
03 Bug Thief - Soundtrack für einen futuritischen Flipperautmaten
04 Solar Blade - The Prodigy eine mögliche Zukunft zeigen
05 White Gum - Produktion an einem Fließband erhöhen
06 Purity Shards - Pantha Du Prince Angst einjagen
07 Zen Champ - Nächtliche Autofahrt auf der Gegenfahrbahn - nicht empfohlen!
08 Infinite Mint (ft. Cuushe) - Mount Kimbie Angst einjagen
09 Teal Yomi / Olivine (ft. Mr. Yote) - Busta Rhymes erblassen lassen
10 Peanut Choker - Flug mit Lichtgeschwindigkeit in ferne Galaxien
11 Göd Grid - Treffen mit Gott



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen