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Freitag, 18. November 2016

JACUZZI BOYS / Ping Pong [LP]

Bereits seit 2007 treiben sich in Miami drei Herren, Gabriel Alcala, Diego Monasterios und Danny Gonzalez, die sich die JACUZZI BOYS  nennen, in der dortigen Musikszene herum und arbeiten an einer Mixtur aus Garage, Psychedelic und SurfPunk. 

 

Nach einigen 7-Inches und der Debüt-LP "No Seasons" veröffentlichte das Trio 2011 das Album "Glazin‘" und legte zwei Jahre später mit "Double Vision" den Nachfolger vor. 

 

Bereits 2010 hatte niemand Geringerer als Iggy Pop im Interview mit Nashville Scene darauf hingewiesen, dass es in Miami eine Band mit bescheuertem Namen, aber einem guten Spirit gibt, die man auf dem Radar haben sollte. Und Iggy hat natürlich recht!


Am 18. 11 erschien nun der vierte Streich, der den Namen "PingPong" trägt und die Band ist nun endlich auch auf meinem Radar erschienen. Warum? Weil die Band mit dem bescheuerten Namen ungeheuer lässig Groove und Rock verbindet.

Mal ganz ehrlich unter uns Freunden der Rockmusik:  Zu Bildern von exzessiven Pool-Partys mit leichtgekleideten Damen, betrunkenen Herren, die alles, was sie in die Finger bekommen, im Pool versenken, Gesichtern, die nicht nur breit grinsen, sondern auch breit sind, passte bisher am besten Musik mit fetten Beats. HipHop, Techno oder ElectroClash.

Die Jacuzzi Boys lassen diese These rigoros verwerfen, denn "Ping Pong" ist eine ungezügelte Partyplatte, zu der man Dinge anstellen will, die man im fortgeschrittenen Alter eigentlich nicht mehr machen sollte! Versuchen wir doch einfach mal die einzelnen Songs in Szenarien umzusetzen.

Party ab mit "Lucky Blade"! Ein angetrunkener Langhaariger mit verklärtem Blick bahnt sich den Weg durch eine Menge, die in Konversation erstarrt scheint. Rüde nimmt er die Katy Perry Scheibe vom Plattenspieler, zieht aus einer mitgebrachten orangefarbenen Plattenhülle Vinyl und legt es zärtlich auf den Turntable. Sanft und ohne zu zittern, was in seinem Zustand schier unglaublich scheint, setzt er den Tonarm auf die Rille.



Es knistert kurz, dann Noise, dann Gitarren. Die Boxen flattern, Köpfe drehen sich, und mit jedem "Hu Hu Hu" heizt sich die Stimmung auf. Ein Mädchen im Ramones-T-Shirt, welches noch nie einen Song der Band gehört hat die sie auf ihrer Brust preist, beginnt zu tanzen.

Nachdem bisher vor allem das weibliche Geschlecht vom Rock-Virus erfasst wurde, beginnen die männlichen Gäste beim brachial einfachen Riff von "Boys Like Blood" zusehend auf die Tanzfläche zu strömen.



Zur "Refrigeration" öffnet eine Dame die obersten Knöpfe ihrer Bluse und eine Flasche Tequilla. Bei "Seventeen" kehren 50% der Gäste ins Zeitalter ihrer Pubertät zurück. Es wird gefummelt, geknutscht und Kissen geschlachtet.

"Can’t Fight Forever". Es riecht nach Schweiß. Die erste Schlacht ist geschlagen und der ein oder andere muss seinem Übereifer Tribut zollen. Vor der Toilette bildet sich eine Schlange aus der Rauch aufsteigt - aus der Toilette hört man Geräusche menschlicher Befriedigung, "Easy Motion"!

Zweite Runde. Zu "New Cross" werden neue Kräfte freigesetzt, eine Vase verabschiedet sich ins Nirvana und ein junger Mann versucht seinen wachsenden Hunger mit dem Abendessen des Haushundes zu stillen.

"Zoo". Jemand löscht das Licht. Einzelne Smartphones werfen bläuliches Licht auf die gespenstische Szene. Wie bei einer Stampede bewegt sich die zuckende unkontrollierbare in Mauern gefangene Masse.



Der Sohn des nicht anwesenden Hausherrn entzündet zu den einsetzenden Klängen von "Gamma" Kerzen. Die Party bebt weiter, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. In der sanften Passage des Songs schlingen sich Zungen umeinander, ehe der Refrain das ruchlose Treiben unterbindet.

Nasse erschöpfte Leiber zucken zu "Strange Exchange" erneut auf. Es regnet bunte Pillen. Endlich fragt jemand, welche Band da die ganze Zeit gespielt wird. Das Mädchen mit dem Ramones-T-Shirt übergiebt sich am Treppenaufgang. Von oben kommt ein Pärchen, die Klamotten noch richtend herab und reicht dem Teenager eine Bier zum Mundspülen.

Auf der Tanzfläche schwingen nur noch wenige Körper zu "Iodine". Ekstatisch, mit geschlossenen Augen, ausufernden Bewegungen, aber mit gebremstem Tempo. Die meisten Körper schmiegen sich müde an Möbel, Wände, Gegenstände, den Haushund oder aneinander. Das Telefon klingelt.

Der Sohn des Hausherrn dreht die Volume herunter und verkündet, dass mit "Tip of My Tongue – Edge of My Brain" der letzte Song gespielt wird, da seine Eltern unerwarteterweise in einer Viertelstunde nach Hause kämen. Er fragt, ob er vielleicht die nächsten Wochen bei jemandem unterkommen könnte und will die Telefonnummer von dem Mädchen mit dem Ramones-T-Shirt.

Seufz. Pubertät und Sturm und Drang - Do you remember?

Tracklist:
01 Lucky Blade
02 Boys Like Blood
03 Refrigeration
04 Seventeen
05 Can’t Fight Forever
06 Easy Motion
07 New Cross
08 Zoo
09 Gamma
10 Strange Exchange
11 Iodine
12 Tip of My Tongue – Edge of My Brain

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