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Sonntag, 27. Oktober 2013

THE THERMALS live im G9 in Köln

Neulich hatte ich eine echte Alptraumwoche. Heizung defekt. Die Installateure bringen das Ding wieder zum Laufen, aber dabei geht der Haupthahn flöten. Für den Haupthahn ist die liebe RheinEnergie zuständig und so führe ich diverse Telefonate mit einem sächselnden RheinEnergie-Mitarbeiter bis ein Termin steht. Beim ersten Termin wird festgestellt, dass der Haupthahn wirklich klemmt und ausgetauscht werden muss, also neuen Termin ausmachen. Nebenbei wird, nicht gerade lautlos, das Treppenhaus gestrichen und unsere treue Familienkutsche gibt den Geist auf. Fahrzeuglos geht mit zwei Kindern nicht, also diverse Autohäuser aufgesucht und Probefahrten absolviert. Unglaublich, was man da für Menschen kennenlernt. Und wieso gehen eigentlich immer alle Dinge kaputt, sobald das Weihnachtgeld in Sichweite ist? Zu allem Überfluss fühlt sich der liebe Nachbar durch einen hochgewachsenen Busch gestört, also Säge geschnappt und oberschenkeldicke Äste abgesägt und zerkleinert.

Ganz ohne Rezept und mit 100%iger Erfolgsgarantie lassen sich solche F******-Days mit einer ordentlichen Dosis PunkRock abbauen. Eine der derzeit besten PunkRock-Bands,  The Thermals aus Portland (Oregon), gastierten am 23.10. im Gebäude 9 in Köln und ohne Empfehlung meines Arztes oder Apothekers begebe ich mich also dorthin, mit der absoluten Gewissheit, den Akku neu aufzuladen.

Wir sind wieder mal viel zu früh vor Ort, aber es gibt Becks, die Mucke ist gut und das Wetter für einen Oktoberabend äußerst mild. Dann ist es endlich soweit und die Vorband Volley aus Köln beginnt im mittlerweile gut gefüllten G9 das Publikum für die Thermals anzuheizen. Aber das funktioniert leider überhaupt nicht, die Songs sind lausig, der Gesang erbärmlich, die PunkRock-Attitüde wirkt aufgesetzt und die Ansagen ans Publikum "Wir sind Volley wie Volleyball ohne Ball" führen dazu, dass wir kopfschüttelnd ohne Worte den Konzertraum verlassen, um im Vorraum noch gemütlich einige Becks zu konsumieren, bevor es wirklich zur Sache geht.

Um 21:45 geht dann die Post ab. Die Thermals, Sänger Hutch Harris, Bassistin Kathy Foster und Drummer Westin Glass sind vom ersten Song an präsent und legen los als gäbe es keinen Morgen. Die anfänglichen Soundprobleme bekommen sie schon nach den ersten Songs in den Griff, was gut und wichtig ist, denn direkt danach nimmt die PunkRock-Maschinerie mit "Born to Kill" volle Fahrt auf. Hutch ist ein hoch aggressives Energiebündel mit einer schneidenden Stimme, die mich bei einigen Songs sehr an Brian Molko erinnert. Kathy Foster hat ihren Bass absolut im Griff und Schlagzeuger Westin Glass verprügelt seine Felle so dermaßen, dass man Sorge hat, ob er das Set durchsteht. Die Gefahr ist nicht unbegründet, schließlich hat die Band schon drei Schlagzeuger verschlissen ;-).


The Thermals - "Born to Kill" (Official Music Video) from Jeff Rowles on Vimeo.


Knapp 50 Minuten rockt die Band. Gefühlte 100 Songs, immer kurz und knackig. Balladen verboten! Das Pogo tanzende Publikum wird von Minute zu Minute größer. Das erinnerungswürdigste Ereignis findet aber nicht auf, sondern vor der Bühne statt. Ein Typ vor mir, der gerade noch ausgelassen Pogo getanzt und sich in die gefahrenfreie Zone zurückgezogen hat, übergibt sich auf den Boden. Er schüttelt sich kurz und gibt dann wieder den Kopfnicker. Seine Begleiterin geht, kommt mit einen Bier wieder, er greift zum Kölsch, nimmt einen kräftigen Schluck und verschwindet wieder in der pogenden Menge. Viva la PunkRock ;-)!


The Thermals- "The Sunset" (Official Music Video) from Jeff Rowles on Vimeo.

Die Stadt-Revue hatte das Konzert der Thermals als Tagestipp ausgeschrieben und folgenden schönen Satz dazu lanciert: "Wenn wir noch ein paar Jahre warten, werden die Burschen noch die neuen Ramones." Ich kann hiermit bestätigen, dass die Band nach mittlerweile sechs Alben und Hits wie "The Sunset", "Now we can see" und dem atemberaubenden "I Might Need You to Kill" mit dem wunderbaren Nirvana-Rip-Off auf dem besten Weg dorthin ist.



Grossartiges Konzert, das nach etwas mehr als 60 Minuten und mit dem Abschlusssong "Overgrown, Overblown!" endet und unzählige verschwitzte Körper in die noch junge Nacht entlässt. Von der Kotze am Boden ist übrigens nichts mehr zu sehen, ist wohl in der Hitze der Nacht verdampft.

Fazit: Der Volley ging ins Netz. Satz und Sieg für die Thermals!

Freitag, 25. Oktober 2013

NEW SONGS Vol. 28: LUCIUS ... THE HEAD AND THE HEART ... LORDE ... THE FRATELLIS

LUCIUS / Tempest ... THE HEAD AND THE HEART / Shake ... LORDE / Royals ... THE FRATELLIS / This Old Ghost Town

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LUCIUS / Tempest

Ein Quintett aus Brooklyn macht sich auf den IndiePop mit seinem gelungenem Debüt "Wildewoman" frischen Wind einzuflößen. Keine spektakulären Sounds oder Genrewanderungen, aber feiner abwechslungsreicher melodiöser Pop/Rock den die beiden Leadsinger Jess Wolfe und Holly Laessig zusammen mit Dan Molad an den Drums und den beiden Gitarristen Peter Lalish und Andrew Burri servieren. Weitere Anspieltipps: "Nothing Ordinary" "Go Home" und "Turning around". Achtung Lucius sind hochgradig infektiös!







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THE HEAD AND THE HEART / Shake

Die erste Single aus dem neuen Album "Let's Be Still" der Band aus Seattle die 2011 mit ihrem selbstbetitelten Debüt sich direkt in die Herzen vieler Indie-Fans gespielt hat. Das neue Album von The Head and the Heart, wie auch die Single, geht zwar mehr in Richtung Pop und ist  in den Arrangements nicht ganz so reduziert wie der Erstling, aber keine Angst es sind noch genügend Folk-Spuren zu finden.



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LORDE / Royals

Das junge Mädchen welches sich hinter dem Künstlernamen Lorde verbirgt, hat den leicht von den Lippen gehenden bürgerlichen Namen Ella Maria Lani Yelich-O'Connor, wird in Kürze 17 und stammt aus Auckland in Neuseeland. Stimmlich denkt man bei einigen Songs direkt an Lana del Ray, aber die reduzierten Sounds und fetten HipHop-Beats erinnern mich aber auch immer wieder an Dillon , Rihanna und sogar The XX. Da sich auf dem Album "Pure Heroine" noch einige Hits ("Team", und vor allem "Glory and Gore") verstecken kann man davon ausgehen, dass das Album, wie schon in Neuseeland und Australien, durch die Decke geht.




Lorde -- Tennis Court - MyVideo

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THE FRATELLIS / This Old Ghost Town

Drei Alben in 7 Jahren kann bedeuten die Band verweigert sich dem Popzirkus und veröffentlicht nur wenn sie es für notwendig hält oder es handelt sich um Perfektionisten die ewig am Songmaterial tüfteln oder es sind ganz einfach sparsame Schotten ;-).

Das neue Werk der Fratellis, "We need Medicine", ist wieder ein feines Rockalbum, welches sowohl Fans aus dem Indie- als auch aus dem klassischem Rockbereich begeistern dürfte. Mit "Henrietta", "Chelsea Dagger" und "Flathead" hat die Band ja schon drei gerne in der Indie-Disco gespielte Klassiker und mit "This old Ghost Town" dürfte noch einer hinzukommen. Fein, fein!



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Dienstag, 22. Oktober 2013

ERIC PFEIL / Ich Hab Mir Noch Nie Viel Aus Dem Tag Gemacht

Womit anfangen? Das beste Musikmagazin, welches je das Licht der Mattscheibe erblickte, ist womöglich bis in alle Ewigkeit das leider längst verblichene "Fast Forward". Produzent dieser Sendung war ... Eric Pfeil.

Danach entwickelte er in popkulturellen Kreisen  bekannte Formate wie „Sarah Kuttner – Die Show“ oder „Charlotte Roche unter …“. Über die Sarah-Show lies sich streiten über letzteres nicht.

Pfeil arbeitet als Musikjournalist (Spex, Musikexpress), schreibt Rezensionen, Konzertberichte und von 2009 bis 2012 verfasste er für den Online-Auftritt der FAZ den vielbeachteten Blog „Das Pop-Tagebuch". Nachlesbar als Buch mit dem Titel "Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee".

Bis heute führt er sein unterhaltsames UND lesenwertes digitales Tagebuch, jetzt selbst als potentieller Popstar. Auszug: "Auf Anraten meines Managers Dimitri schlafe ich viel und esse ausschließlich Kartoffelpfanne Serengeti."

Nun also genug Popkultur konsumiert, kritisiert und seziert, jetzt wechselt der in Bergisch Gladbach geborene Autor die Seiten und macht selbst Musik. Sein Debüt "Ich hab mir noch nie viel aus dem Tag gemacht" ist ein Album im und für den goldenen Herbst. Pfeil erzählt Geschichten, die man nur (glaubhaft) erzählen kann, wenn man über einen gewissen Erfahrungshorizont, eine gehörige Portion Sarkasmus, aber auch Gelassenheit (ich verkneife mir den Ausdruck "altersmilde") verfügt.

Musikalisch liegt der Troubadour, wie er sich selbst nennt, gut aufgehoben zwischen Olli Schulz, Element of Crime und Funny van Dannen - und da liegt es sich doch verdammt gut. Ähnlich wie bei Schulz und van Dannen dauert es bei mir etwas, bis mich die relativ simpel gehaltenen Kompositionen/Melodien überzeugen und sich herausschälte, wie perfekt diese zu den transportierten Texten passen. Also nicht nach dem ersten Hören die Flinte ins Korn werfen, sondern dranbleiben und warten, bis es klickt macht - es lohnt sich!

Nach mehrfachem Hören hat es bei mir folgendermaßen geklickt:

01 "Drachentöter": Der Skorpion tötet den Drachen, aber er war müde und hat nicht aufgepasst. Und wem ist das noch nicht passiert, was Pfeil hier so wundervoll  und voller Leichtigkeit umschreibt.

02 "Reproduktion": Ich persönlich habe auch schon öfter darüber nachgedacht, ob Reproduktion für alle Menschen sinnvoll ist. Zum Beispiel bin ich relativ froh, dass sich Tebartz-van Elst, zumindest offiziell und Kraft seines Amtes, gegen die Reproduktion entschieden hat. Bei Herrn Pfeil habe ich persönlich aber überhaupt nichts gegen Reproduktion.

03 "Die Liebe kennt den Weg": Wie ein warmer Sommerregen mit Schmetterlingen im Bauch und Toscana-Country-Flair. Selten wurde über die Liebe weniger abgedroschen philosophiert.

04 "Lieblingszahl": Romantische Weisen zu harmonischen Orgelklängen über die Kostbarkeit von Zeit ... und schon wieder über Liebe.



05 "Süden": Italophiler Song über die Leichtigkeit des Seins an anderen Orten. Summerjam anders!




06 "Arena": Primär wohl kein Song für Schalker, könnte man aber nach den ersten Zeilen meinen. Eric bist du königsblau? Charlotte ist es ja auch ;-). Aber auf jeden Fall ein Song über ... die Liebe.

07 "Müde Marie": Mit der Müdigkeit hat es der in die Jahre gekommene Mann anscheinend. Aber wo er Recht hat, hat er Recht.

08 "Soul (für Lucio Battisti)": Seufz. Zum Weinen, Lachen und Tanzen. SOUL!



09 "Leider nur Liebe": Stimmt gar nicht, er hat auch schöne Worte und große Melodien.

10 "Der Mann, der Venedig hieß": Was für ein Geschichtenerzähler ... und wieder Bella Italia und ein Lied über die Liebe :-)



11 "Feiertagsfrau No. 35 & 36": Maultrommel und T. Rex-Gedächtnis-Riff, muss man sich erstmal trauen!

12 "Cowboys auf dem Mond": Männer im fortgeschrittenen Alter sitzen gerne bei einem Bierchen am Lagerfeuer und sinieren über das Leben, die Frauen ... und natürlich die Liebe. Prost auf die Liebe und das Leben!



13 "Antibiotika": Antibiotika (von griech. ἀντί- anti- „anstelle, gegen“ und βίος bios „Leben“ mit lateinischer Endung; Einzahl Antibiotikum) sind im ursprünglichen Sinne natürlich gebildete, niedermolekulare Stoffwechselprodukte von Pilzen oder Bakterien, die schon in geringer Konzentration das Wachstum von anderen Mikroorganismen hemmen oder diese abtöten. Heutzutage wird der Begriff „Antibiotikum“ weiter gefasst ... [Quelle: Wikipedia]




Mittwoch, 16. Oktober 2013

NEW SONGS Vol. 27: DARKSIDE ... POKEY LAFARGE ... JUNGLE ... CHINA RATS

DARKSIDE / Golden Arrow ... JUNGLE / The Heat ... POKEY LAFARGE / Central Time ... CHINA RATS / N.O.M.O.N.E.Y.

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DARKSIDE / Golden Arrow

Knapp 2 Minuten sphärische Sounds, dann setzt ein sanfter Beat ein der sich im Schneckentempo aufmacht, vorbei an Geigen und Flirren und Fiepsen. Nach ca. 4:30 Stille. Dann plötzlich ein Beat, nun dreister und dominanter. Ab 5:30 ein Groove schält sich aus der Tiefe. Nach 6:35 gesellen sich menschliche, durch Vocoder verfremdete, Stimmen zu Beat und Groove und öffnen die Türe in die technoiden Tanzclubs dieser Welt. 8:35 ALLES bewegt sich. 10:45 Ein Hilfeschrei und Tabula Rasa.11.20 Ende und Gut.

Nicholas Jaar und Dave Harrington sind Darkside!



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POKEY LAFARGE / Central Time

Ziemlich im Trend die Mischung aus Ragtime, Jazz und Country, aber Pokey LaFarge, alias Drew Heissler, kann man keinen Vorwurf machen, denn er hat sich schon 2006 auf diese Art von Rootsmusik festgelegt. Warum? Weil er es kann!



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JUNGLE  / The Heat

Nein, nicht wirklich HipHop, eher ein atmosphärischer, groovender Track der sich aus Zutaten von Jazz und Funk zusammensetzt. Die flächige Keys, die hohe Gesanglage und der sehr smoothe Sound, lassen mich unweigerlich an Soundtracks aus der Blaxploitation-Ära denken ... aber auch  an das letzte Daft Punk-Album.




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CHINA RATS - N.O.M.O.N.E.Y

Die chinesischen Ratten kommen aus England (Leeds), machen richtig Radau ohne zu vergessen, dass Melodie auch Punkrock-Songs besser macht, und schauen wie alle diese wilden Jungen aus als hätte sie gerade eben ihren Schulabschluss hinter sich gebracht.

Die für jede jede Indie-Party geeignete EP "Don't play with Fire" der China Rats erscheint am 14. Oktober. Besonders höhrenswert ist der Beat-Rocker "Reeperbahn".




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Samstag, 12. Oktober 2013

JAMES BLAKE live im Kölner E-Werk

Am Anfang war der Bass! Um die Jahrhundertwende scharrten sich Auserwählte in Londonder Clubs und huldigten ihm. Was übrig blieb aus Drum 'n' Bass, Jungle und 2-Step nannte man von da an Dubstep.

Verhasst waren geradlinige Trax und Melodie. Die Beats mussten stolpern, die Bässe ultratief sein, und wenn schon Stimmen, dann mussten diese bis zur Unendlichkeit verfremdet sein.

Ein schmächtiger Brite namens James Blake, der zu dieser Zeit tagsüber an der Goldsmith University of London "Popular music" studiert, tingelt nachts durch die Clubs, saugt die Klänge des Untergrunds auf und  beginnt sich diese zu Nutzen zu machen.

2009 erscheint seine erste Single "Air & Lack Thereof", bei der sich Blake noch vermeintlich streng an die eingangs erwähnten Grundsätze hält: tiefer fetter Bass und "Störelemente" wie Flippergeräusche.



Aber bald wird ersichtlich, was den Sohn eines britischen Gitarristen von den vielen DJs unterscheidet. Blake hat Musik studiert und er beginnt nach der Dekonstruktion des Sounds mit dem Wiederaufbau. Auf der 2010 erscheinenden EP "CMYK" werden erstmals Melodieführungen deutlicher erkennbar und Blake experimentiert zunehmend mit der vielfachen Verfremdung seiner Stimme.



Mit seinem 2011 publizierten schlicht "James Blake" betitelten Debüt-Album, wird Blake auf der Insel zum musikalischen Wunderkind ausgerufen. Die Feuilletons der Welt überbieten sich mit Lobgesängen und mit dem Feist-Cover "Limit to your Love" gelingt ihm sogar ein veritabler Hit. Mit Dubstep im ursprünglichen Sinne lies sich dieser neue Sound nicht mehr benennen, deswegen erschuf die Presse eigens für Blake die Sparte Post-Dubstep. Aber auf dem Album versteckt sich ein Song, "The Wilhelm Scream", der noch gewaltiger ist und der noch deutlicher hervorhebt, wieviel Emotionalität Blake in seine elektronischen Klanggebilde steckt und der zeigt, dass Blake schwer in ein Genre zu pressen ist.


James Blake - The Wilhelm Scream from Alexander Brown on Vimeo.

Mit eben diesem Song (The Wilhelm Scream") war es um mich geschehen, ich erwarb alles, was Blake je herausgebracht hatte und arbeitete mich durch seinen Back-Katalog. Leider führten widrige Umstände dazu, dass ich kein Konzert der damaligen Tour besuchen konnte und auch den Auftritt bei den Electronic Beats in diesem Jahr konnte ich nicht wahrnehmen. Deswegen war es nun absolute Pflicht am Donnerstag, den 10. Oktober  James auf seiner "Overgrown"-Tour 2013 die Ehre zu erweisen.

Kurz nach neun betritt Blake die dramatisch ins Licht gesetzte Bühne. James beginnt mit "I Never Learnt to Share". Er sampelt seine Stimme live, immer und immer wieder, es entsteht ein vielschichtiger Loop und so singt er mit sich selbst (und mit dem mitgesampelten Kreischen des Publikums). Als der Bass einsetzt ist es ein gewaltiges Ereignis. Die Hosenbeine vibrieren und die Vibration klettert den Körper hoch und bringt tatsächlich den Kehlkopf zum Schwingen. Ein nie für möglich gehaltenes Gefühl!

"To the Last" ist das erste Stück von der neuen Platte "Overgrown", welches Blake an diesem Abend live spielt. Der Beat schlürft und Blake, begleitet von einem Schlagzeuger und einem Gitarristen, in gleisendes Licht gebettet, beweist, dass seine Stimme auch ohne große Verfremdung Gänsehaut erzeugen kann.

Nach "Life round here" spielt Blake zu meiner großen Freude, nach "Air & Lack Thereof", das großartige "CMYK". Ich würde behaupten, ich höre die Stücke des Briten zu Hause ja schon mit deutlich höherer Lautstärke als so manch andere Musik, aber ich beschließe an diesem Abend, dass es immer noch zu leise ist, denn wie sich "CMYK" heute Abend atmosphärisch ausbreitet, ist wirklich atemberaubend.

Bei "Overgrown" kommen wieder die Freunde des eingängigeren Songmaterials zu ihrem Vergnügen. Die tiefe Traurigkeit, die man beim Hören von Blakes Songs oftmals in den heimischen Wänden erfährt, bleibt beim Konzert größtenteils außen vor. Das liegt zum Großteil sicher an den glasklaren Sounds bei hoher Lautstärke, aber auch daran, dass die einzelnen Lieder eben dadurch an Erhabenheit gewinnen. Es ist fast so, als wohne man einem religiösen Ereignis bei. Sorry lieber Gott ;-)


James Blake [overgrown] from nabil elderkin on Vimeo.

Mit "Digital Lion" wird der Bass dann wieder körperlich deutlich spürbar. Der Beat ist treibend und die vielschichtigen Vocal-Samples paaren sich mit der Gitarre zu hypnotischen Gebilden. Danach kommen mit "Our Love Comes Back" und dem Joni Mitchell Cover "A Case of You" zwei ruhige Songs zum Luft holen und andächtigem Lauschen.

Nach den beiden, mich live noch mehr an Bon Iver erinnernden, zusammengehörenden Songs "Lindisfarne I" und "Lindisfarne II", kommt endlich der Song ("Limit to your Love"), auf den der Großteil des Publikums gewartet hat, was unschwer daran zu erkennen ist, dass gefühlte 1000 Handys in die Höhe schrecken, um diesen Moment festzuhalten. Gerade in dem Moment muss ich an das Erdmöbel-Konzert letzte Woche denken, weil dort ein ganz anderes Publikum war und ich so gut wie kein gezücktes Handy gesehen habe ;-).



Anschließend zeigt Blake bei "Klavierwerke", einem Stück aus dem Jahre 2010, das sein Musikverständnis etwas anders tickt. Wer bei diesem Titel ganze Pianopassagen erwartet, wird sich nämlich über einen sehr am Deep House gebauten Track mit nur marginalen Pianospuren verwundert die Ohren reiben.

Nach "Voyeur" leidet Blake dann mit "Retrograde", bei dem ich tatsächlich einige Damen schluchzen höre, das Finale ein. "Retrograde" ist auch live der beste Beweis dafür, dass elektronische Musik sich mit Seele/Soul verbinden kann.



Das letzte Lied ist, wie könnte es anders sein, "The Wilhelm Scream". Blake spielt ihn live in leicht abgewandelter Form - der Gitarrist muss ja auch etwas zu tun haben ;-) - aber auch nicht schlechter als das Original. Nach frenetischem Applaus bedankt sich der vornehme Brite artig und verlässt die Bühne, um dann noch einmal zu erscheinen und das Konzert so zu beenden, wie es begonnen hat: singend mit sich selbst ("Measurements"). Und dieses Mal ohne Publikumsgeräusche, weil er vorher das Publikum um Ruhe gebeten hat :-).

SETLIST:

I Never Learnt to Share
To the Last
Life Round Here
Air & Lack Thereof
CMYK
Overgrown
I Am Sold
Digital Lion
Our Love Comes Back
A Case of You (Joni Mitchell Cover)
Lindisfarne I
Lindisfarne II
Limit to Your Love (Feist Cover)
Klavierwerke
Voyeur
Retrograde
The Wilhelm Scream

Encore:
Measurements



Freitag, 11. Oktober 2013

ERDMÖBEL "Kung Fu Fighting" im Gloria in Köln

Erdmöbel hatten drei Jahre lang eine schwere Last zu tragen. Nach, von der breiten Öffentlichkeit sträflich vernachlässigten sieben Alben, erblühte mit dem 2010 erschienenen "Krokus"-Album die Wortmalerei der Band und fand die verdiente Aufmerksamkeit.

In zahlreichen Medien wurde "Krokus" gefeiert und fand sich schließlich in nicht wenigen Jahresbestenlisten wieder. Natürlich zu Recht, denn wie die kongenialen Partner Markus Berges (Texter und Songwriter) und Ekki Maas (Produzent und Arrangeur) Wort und Musik verbinden, ist von eigener Art im deutschsprachigen Popzirkus.

Nun erschien vor wenigen Tagen das in der Presse bereits vielerorts besprochene Album "Kung Fu Fighting" und anhand der Rezensionen in der Fachpresse scheint es so, als könnten Erdmöbel auch Kampfsport. Sogar im Spex schaffte es die Band mit dem Song "Gefäße" auf die CD-Beilage!

Heute (4.10.2013) also Heimspiel für die Wahl-Kölner im Gloria. Ich bin sehr gespannt, weil ich bisher nur wenige Songs vom neuen Album kenne, und ich die neuen Wortschöpfungsketten von Berges somit noch nicht memorieren kann, was live etwas schwierig werden könnte, denn es macht einfach Spaß, Wörter wie "Wurzelseeliger" mitzusingen.

Zu meinem Erstaunen ist das Gloria nicht ausverkauft, was uns allerdings entgegen kommt, denn meine drei Konzertmitgänger haben noch keine Tickets. Mein treuer Konzertbegleiter C. spottet etwas über das nicht mehr ganz taufrische Publikum und zieht freche Vergleiche zum Bandnamen - aber er übertreibt natürlich - ist halt eigentlich eher ein Anhänger von Rock- als Popmusik ;-).

Die Bühne ziert ein schlichtes Bild mit Kirschblüten und es stehen erstaunlich viele Instrumente bereit. Es scheint so als hätten sich Erdmöbel für die "Kung Fu Fighting"-Tour noch einige Musiker an Bord geholt. Gegen 20:30, leider ohne Vorband, und leider auch ohne Vorfilm wie bei meinem letzten Erdmöbel-Konzert, geht es los. Die Liveverstärkung besteht aus einem Posaunisten (Henning Beckmann), der allerdings live eigentlich schon zur Stammbesetzung zählt und der charmant zurückhaltenden Flötistin Christa Becker. Letztere ist an diesem Abend aber auch wirklich von Nöten, denn wie sich im Laufe des Abends herausstellt, scheint Ekki Maas für seine neuen Arrangements den Flötentönen verfallen zu sein.

Der Anblick der Band ist ja immer ein Augenschmaus, aber an diesem Abend, wo sich die Musiker geschlossen in zartes Rosa gewandtet haben, schauen sie noch putziger aus als gewöhnlich. Absoluter Blickfang ist Ekki Maas, dem die Verschmitztheit wieder einmal ins Gesicht geschrieben steht und dessen Grinsen in etwa so infektiös ist wie ein Legionellenstamm -aber Gott sei Dank nicht so bösartig ;-). Dem Aufruf ans Publikum, beim Konzertbesuch bei der Kleiderwahl doch auch Rosa zu präferieren, ist gnädigerweise so gut wie keiner gefolgt - wäre wohl auch etwas zu viel des Guten gewesen.



Dank ihres stattlichen Back-Kataloges können sich Erdmöbel mittlerweile auf viele Songs stützen, die sich live bewährt haben. So liegt der Schwerpunkt des Abends zwar auf den neuen Songs, aber eigentlich wird es eher ein Best-of-Abend, denn die Band weiß, dass sie sich auf ihr Kölner Publikum verlassen kann und lässt sich deswegen nicht lumpen, auch alte Hits wie "Dawei, Dawei", "In den Schuhen von Audrey Hepburn" und natürlich "Vergnügungslokal mit Weinzwang", alle aus dem bereits 2003 erschienenen Album "Altes Gasthaus Love" zu spielen. Erdmöbel-Neueinsteigern sei dieses frühe Meisterwerk wärmstens empfohlen!

Los geht das Konzert aber mit einem lauten Knall: "Peng". Der neue Song ist sehr schmissig, auf der Platte eigentlich der Schlusspunkt, gefällt mir aber als Einstieg wirklich sehr gut. Er ist vom Arrangement weniger dezent, sondern haut ordentlich auf den Putz und Berges klingt sogar eine Spur - oder besser einen Hauch - aggressiv. UND das mit dem Mitsingen funktioniert auch sofort: "Oer-Erkenschwick. Schwick! Schwick! Schwick!" Da sollte Herr Thees Uhlmann mal ein bisschen Nachhilfe beim Texten anfordern, denn "Die Bomben meiner Stadt machen Boom, Boom, Boom." klingt zwar ähnlich, ist aber GANZ ANDERS!

"Kung Fu Fighting" wird mit sattem Applaus begrüßt. Der Song ist schon einige Wochen bekannt und hat mit seinem Video, bei dem man Zungen im Nahkampf beobachten kann, für einiges Aufsehen gesorgt. Laut Ekki Mass findet ein Großteil der Männer das Video eklig, aber im Publikum sind wohl nur Freunde von ausgeprägter Zungenakrobatik, denn es outet sich keiner als Feind des Clips als Ekki danach fragt.



Natürlich werden auch Songs aus "Krokus" gespielt: "Wort Ist Das Falsche Wort",  "Ausstellung Über Das Glück", "Das Leben Ist schön" und der perfekte intelligente Popsong "77ste Liebe". Im Vergleich fällt auf, dass sich die neuen Lieder noch etwas mehr an der Arrangementkunst Burt Bacharach und dem Sound der Sixties orientieren, ohne sich aber zu sehr vom "zeitgenössischen" Pop - wenn es so etwas Allgemeingültiges überhaupt gibt - zu entfernen, denn die Melodien und Refrains sind und bleiben: Pop, Pop, Pop!

Die weiteren Highlights der frisch erschienenen Erdmöbel-Platte, (die natürlich alle gespielt wurden) im Schnelldurchlauf:

"Blinker": Berges gefangen in einer Wortschleife. 18 Mal "Blink" bis zum "Schlüsselbund"! Und wenn er singt" "... das bin ich" klingt er wie Jochen Distelmeyer, ein anderer großer der deutschsprachigen Popmusik.



"Cardiff": Malerische sanfte melancholische Jugenderinnerung an eine Reise von London nach Wales mit Hauhechel-Bläulingen, viel Flöte, schleicht sich gemächlich in die Gehörgänge. Großartig!

"Bewegliche Ferien": Groovt gewaltig, sogar die Flöte verliert die melancholische Note und beim Konzert kommt Schlagzeuger Christian Wübben sogar ins Schwitzen ;-). Ach und was hat das nun mit dem "Duisburg Eisenpimmel" auf sich?

"Gefäße": Mit südamerikanischen Rhythmen weiten sich die Gefäße und der Bann bricht. Lieblingslied!

"Zollstockbad": Ich habe überhaupt nichts gegen eine Portion Kölsch, aber Schwimmbäder mag ich an sich nicht und auch das Zollstockbad ist mir etwas zu seicht ausgefallen. La, la, la.

"Club der senkrecht Begrabenen": Nein trotz Bandname und Songtitel keine Spur von Morbidität, sondern ganz im Gegenteil es swingt und der Refrain wird live zum vielstimmigen Chorgesang. Wird man in zwanzig Jahren noch wissen, was ein Cupcake ist?



"Vivian Maier": Romantische Pianoklänge (Wolfgang Proppe), die Rollei von V. M., Erftkreis statt Kölle und Goldgeist forte ein ganzes Jahr im Haar. Schöööön. Darauf eine Ja-Cola!

"Jetzt": Fängt an wie ein Mike Flower Pops-Song, swingt und groovt und smells like Gloria Vanderbilt. Schnief, auch schön.

"Jede Nacht (Shenzhen oder Guangzhou)": Live leider ohne die in L. A. weilende Désirée Nosbusch, aber ehrlich gesagt finde ich Christian Wübben als Ersatz sogar besser! Ziemlich gefährlich nahe am Schlager das Liebesgeplänkel, aber Erdmöbel dürfen (fast) ALLES.



Erdmöbel bleiben Erdmöbel, daran kann auch der große Erfolg von "Krokus" nichts ändern: lyrische Verwirrungen in wohldosiertem Zuckerwatte-Pop mit unschlagbaren Hooklines - können ja auch Kung Fu die Wahl-Kölner! Und was in Erinnerung bleibt ist ein tolles Konzert und mehr als Worte.

SETLIST in KÖLLE:

1 Peng
2 Ausstellung über das Glück
3 77ste Liebe
4 Cardiff
5 Bewegliche Ferien
6 Jetzt
7 Kung Fu Fighting
8 Vivian Maier
9 Wurzelseliger
10 Dawai Dawai
11 Wort ist das falsche Wort
12 Gefäße
13 Jede Nacht
14 Im Club der senkrecht Begrab.
15 In den Schuhen von Audrey H.
16 Blinker
17 Das Leben ist schön

Zugaben:
Zollstockbad
Vergnügungslokal mit Weinzwang
Nah bei Dir *
Dreierbahn **
Anfangs Schwester heißt Ende
Die Devise der Sterne

* feat. Kölle Gloria-Chor
** Besonderes Danke!

Dienstag, 1. Oktober 2013

NEW SONGS Vol. 26: FILTHY BOY ... THE JULIE RUIN ... CAITLIN ROSE ... SOCIETY


FILTHY BOY / That Life ... THE JULIE RUIN / Oh come on ... CAITLIN ROSE – Piledriver Waltz + Waitin' ... SOCIETY / 14 Hours

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FILTHY BOY / That Life

Falls das am 1. November erscheinende Debüt-Album "Smile That Won't Go Down" von Filthy Boy das hält, was die Single "That Life" verspricht, sollte die Musikfachpresse dieses Jahr nicht zu früh damit beginnen, die Alben des Jahres zusammenzustellen. Für meine Songs des Jahres ist "That Life" auf jeden Fall ein heißer Kandidat!

Die vier Süd-Londoner Paraic (Singer and Songwriter) und Michael Morrissey, Harry Weskin und Benjamin Deschamps machen seit knapp 5 Jahren Musik und klingen als hätte Nick Cave gemeinsame Sache mit den Arctic Monkeys oder Franz Ferdinand gemacht. Die Jungs sind very british, besitzen eine wunderbar schlampige Nonchalance und Paraic ist ein brillanter Geschichtenerzähler mit einer gehörigen Portion Sarkasmus. Ich denke mal der Nachname "Morrissey" ist ein Künstlername und ein weiteres Indiz dafür, in welcher Schule Parais Erfahrung für seine Texte gesammelt hat ;-).

Und sorry Mister Andrew Bird, aber ab sofort habe ich einen neuen Liebling in den Whistle-Songs.



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THE JULIE RUIN / Oh come on

Ja, klar man mit der Stimme der Sängerin Kathleen Hanna (Bikini Kill und Le Tigre) Glasscheiben zum Bersten bringen, aber das passt doch wunderbar zum lärmigen PunkRock-Sound. Die Krachmacher The Julie Ruin kommen aus New York City und das erste Album "Run Fast" wurde am 3. September veröffentlicht. Riot Grrrl!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!



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CAITLIN ROSE – Piledriver Waltz + Waitin'

Freunde des alternativen Countrys sollten sich unbedingt das neue Album "The Stand-in" von Caitlin Rose zu Gemüte führen. Die Texanerin verfügt über eine exquisite Stimme und auf ihrem zweiten Album sind auch einige feine Songs, wie z. B. "Walkin'", die nicht ganz so gefällig sind wie "Piledriver Waltz".






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SOCIETY / 14 Hours

Londons Society besteht im Prinzip aus James Girdler. Der Typ ist 24 und hat ein absolutes Händchen für soulige Ohrwürmer. Der Anfang von "14 Hours" erinnert an Portishead und James Blake, der Gesang an Richard Ashcroft, der Refrain an BritPop in seiner Hochphase und das jazzige Piano zu den spooky HipHopBeats ist einfach nur wunderbar. Sehr, sehr schön und verdammt elegant! Herr Blake bitte warm anziehen!