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Donnerstag, 26. September 2013

INTROducing im Gebäude 9 mit CHARITY CHILDREN, den RUEN BROTHERS und JOY WELLBOY


24.09.2013 Soeben lese ich im Kölner Stadt-Anzeiger, dass unsere Bundesregierung auch sinnvoll Gelder ausgeben kann! Zum ersten Mal wurden nämlich, wie der Stadt-Anzeiger so schön formuliert, "popkulturelle Überzeugungstäter" sprich die besten Clubs einer Stadt ausgezeichnet. Nicht verwunderlich, dass in Köln der Stadtgarten, das King Georg und das verehrte Gebäude 9 für Köln die (Geld-)Preise einheimsten. Glückwunsch!

Zwei Tage vorher war ich wieder einmal im G9. Das INTRO-Magazin hatte zum dritten Mal in diesem Jahr zur Introducing-Tour eingeladen, einem kleinen aber feinem "Festival", bei dem drei noch relativ unbekannte Bands jeweils ca. 45 Minuten ihr Können präsentieren dürfen. Und das alles für umsonst!

Dieses Mal standen als Acts Charity Children, die Ruen Brothers und die Temples auf dem Programm,. Aus nicht genannten Gründen sagten die Temples leider kurzfristig ab und wurden durch das belgische Duo Joy Wellboy ersetzt. Schade, am meisten hatte ich mich auf die Newcomer aus England gefreut, aber mit den Ruen Brothers war immer noch eine Band am Start, die ich unbedingt live sehen wollte.

Leider, leider hat es die Millionenstadt Köln wieder einmal nicht geschafft, ein kulturelles Ereignis, welches es verdient hätte ausverkauft zu sein - und das, obwohl wie gesagt die Introducing-Tour ein kostenloses Event ist! Aber mein treuer Konzertbegleiter C. (obwohl der FC ein Pokalspiel in Mainz hatte) und ich waren trotz typischer KVB-Blockade (der Bus kam einfach nicht!) rechtzeitig vor Ort, um gegen 20 Uhr den Konzertbeginn mit den Charity Children aus Berlin zu erleben.


Sechs Mann und Sängerin Chloë Lewer füllten die Bühne im G9 bis auf den letzten Platz und versprühten vom ersten Takt an ihren charmanten folkigen IndiePop, der sich ähnlich wie bei Of Monster and Men, sehr beschwingt und gut gelaunt gibt. Die Band lebt zwar in Berlin, aber das Ensemble setzt sich aus Mitglieder vieler Nationen zusammen. Den Gesang teilen sich z. B. Chloë Lewer (Vocals, Ukulele and Percussion) und Elliott McKee (Vocals, Ukulele, Guitar, Harmonica and Melodeon) aus Neuseeland und die Perkussions liegen in den Händen des gebürtigen Iraners Shooresh Fezoni.

Da die Band auf einen Schlagzeuger verzichtet, unterliegt es Fezoni mit allerlei Trommelwerk die Songs rhythmisch zu unterfüttern und dem vielstimmigen kleinen Orchester (Bass, Cello und Trompete kommen neben den bereits genannten Instrumenten auch zum Zuge) Groove zu verleihen. Das gelingt im Prinzip auch prima, trotzdem sollte die Band vielleicht darüber nachdenken ,zumindest live einen "echten" Schlagzeuger einzubinden, denn stellenweise fehlte es etwas an Druck, um die schnelleren Songs ("Killing Time") nach vorne zu bringen.



Bei den leisen Tönen zeigen sich aber am besten die Stärken der Band. Die leicht kratzige Stimme der stets im Rhythmus zappelnden Chloë ist bezaubernd und die Duette mit Elliott McKee sind ein Ohrenschmaus. Ein Highlight des Konzertes war natürlich der in Berlin als "Best Song at the Berlin Music Video Awards" ausgezeichnete Song "Elizabeth", aber auch "Empty Vicious Nights", wo Chloë fast wie PJ Harvey klingt, gefiel mir sehr gut.

Was ich mit mehr "Druck" meine, zeigten dann die Ruen Brothers. Das Geschwister-Duo Henry und Rupert stammt aus der englischen Kleinstadt Scunthorpe und erregte meine Aufmerksamkeit vor einigen Wochen durch die Veröffentlichung des Songs "Walk like a man". Die Brüder, live verstärkt mit Bassist Gary Cleaver und Schlagzeuger Charlie Hart, legen los als gäbe es kein Morgen. Der Sound ist fett, sehr fett! Der Bass lässt mir die Hosen schlackern und was Charlie Hart da am Schlagzeug treibt, lässt vermuten, dass sein Nachname nicht von ungefähr kommt.

Die Brüder +2 machen das, was man in der Musikgeschichte als Beat-Musik deklariert hat. Ähnlich wie Willy Moon bedienen sie sich reichlich aus dem großen Fundus des Swinging Sixties.  Die Brüder sind gerade mal Anfang 20, aber wie sie da in ihren coolen schwarzen Klamotten rocken und wie Henry die Elvis-Posen andeutet, ist feinste Unterhaltung. Henrys volle Stimme zieht die Töne wie Roy Orbsion und die Songs sind griffig wie es die Beatles in ihren Anfangsjahren praktizierten.


Ruen Brothers - Aces from Fred Perry on Vimeo.

Bei den ersten drei Songs (inkl. "Walk like a man") bin ich Feuer und Flamme, und obwohl Henry eindeutig über massive Bühnenpräsenz verfügt, muss ich immer wieder zu Schlagzeuger Hart schauen, der mit brachialer Gewalt und animalischer Mimik seine Bude malträtiert. Danach muss die Band dem furiosen Einstieg leider etwas Tribut zollen, ich weiß nicht, ob es am schwer in die Gänge kommenden Publikum liegt oder weil die nachfolgenden Songs über weniger Breaks verfügen und dadurch der Spannungsbogen leidet, auf jeden Fall wird, was als ein sehr sehr guter Gig anfing, dann jedenfalls "nur" noch zu einem guten. Trotzdem sind die Ruen Brother eindeutig die Abräumer des Abends!


Ruen Brothers - Walk Like a Man from Fred Perry on Vimeo.


Als letzter Act kommt, nachdem sich das G9 leider schon etwas geleert hat, das Duo Joy Wellboy aus Brüssel auf die Bühne. Hinter dem etwas albernem Namen, der wie aus einer Porno-Produktion entliehen klingt, stecken Sängerin Joy Adegoke und Gitarrist Wim Janssens.

Die beiden, die übrigens wie auch das Gesangsduo der Charity Childrens im privaten Leben ein Paar sind, machen im weitesten Sinne Elektro-Pop. Meist klingt er düster und sucht die Nähe zur Klangwelt von The XX, aber auch Soul und RNB fließen in den Sound von Joy Wellboy. Freunde handegemachter Mucke sind hier also an der falschen Stelle, denn die Beats kommen natürlich alle vom Band à la Sampler, und das ist leider ein Faktor, der mich bei einem Live-Konzert immer ziemlich abtörnt - vorallem, wenn ich gerade einer Band zuhören durfte, die ordentlich abgerockt hat.


JOY WELLBOY : THE MOVEMENT SONG live at BADWATER, DEATH VALLEY. from JOY WELLBOY on Vimeo.

Kurzum so richtig warm werde ich mit den beiden nicht. Die Stimme von Joy ist gut, aber wenig facettenreich und setzt viel zu wenig Akzente, nur als Wim ein paar Vocals bei einem Song zusteuert, wird die Monotonie durchbrochen. Die Beats sind nicht neu, aber in Ordnung, was bleibt ist das Gitarrenspiel von Wim. Das ist in meinen Ohren gute Musik für Zuhause (aus der Konserve), aber leider kein adäquater Ersatz für die Temples, die live sicher mehr Spass gemacht hätten.

Und bitte liebe Joy denk mal über deine Bühnengarderobe nach! Ein derartiges Outfit gestehe ich der militant radikalen M.I.A. zu, aber ...

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