1999 gründete Joseph Mount im Alter von 16 Jahren die Band METRONOMY, die eigentlich schon immer nur live eine Band war, ansonsten aber Mounts ureigenstes Projekt ist. Er schreibt die Songs, spielt Keyboard und Gitarre und gibt der Band (s)eine Stimme.
"Summer 08" erklärt er zum persönlichsten Album, weil er es als musikalischen Rückblick auf seine wilde Zeit in London konzipierte und bis auf die Hammond-Orgel jedes Instrument im Studio selbst einspielte.
Im Rückblick ist immer alles besser und deswegen klingt "Summer 08", welches als Pendant des 2008er Album "Nights Out" gedacht ist, deutlich besser gelaunt und weniger verkrampft, man könnte auch sagen leichtfüßiger. Aber so ist das, wenn man reifer wird: Neben den Pickeln verschwindet auch die Verkrampfung ;-). Außerdem liegen zwischen den beiden Werken ja auch Welten, indem unter anderem das Meisterwerk "The English Riviera" entstand, das Metronomy 2011 den Durchbruch verschaffte.
Mittlerweile lebt der 1982 in Tronte/Großbritannien geborene Joseph Mount in Frankreich, in dem Land, in welchem er seine größten Erfolge feiert, hat Frau und Kind und sicherlich deutlich weniger existenzielle Sorgen als 2008.
"Holiday" taken from their album "Nights Out"
Das verbindende Element zwischen "Summer 08" und "Nights out" ist trotz aller Gegensätzlichkeiten der Sound. Es ist der gewohnt elegante IndieTronic/ElectroPop, aber im Vergleich zu seinen letzten Alben "Late Night Tales" und "Love Letters" sind die Tracks wesentlich weniger opulent und vielschichtig, sondern direkter. Als neues belebendes Element, vielleicht auch durch den neuen Lebensmittelpunkt beeinflusst, lässt Mount Disco und Funk, Daft Punk grüßt, in seine Nummern einfließen.
Der Opener "Back Together" startet mit einem fetten Funkbass und analogen Synthis, die omnipräsente Spiegelkugel beginnt sofort zu rotieren. Manche nennen es SpaceFunk. "Miami Logic": quengelnde Stimme, like Prince in den späten 70ern mit quietschenden Keys und Falset-Chorus - auch Funkadelic lassen grüßen.
"Old Skool": Das komplette Stück über hört man einen fetten Beat, der wie eine Remix-Version von New Orders "Blue Monday" klingt. Dazu klingeln hochgepitschte Glöckchen und Mount singt über Parties, Sex und Tänzen in Londons West End. Dazwischen wieder spacige Keyboard-Passagen und feines Scratching von Beastie Boys Mix Master Mike. Warum Mount im dazugehörigen Video die 70er statt das eigentlich angestrebte Jahrzehnt abbildet, bleibt sein Geheimnis.
"16 Beat": Klingt von den Beats als wären gerade erst Rap und Breakdance geboren worden. Ich muss unweigerlich an selige Bands, wie die Rock Steady Crew und vor allem an Lisa Lisa and Cult Jam denken. Reitet schon ziemlich ausgiebig auf der Nostalgiewelle der Herr Mount.
Der sehr schöne Titel "Hang me out to Dry", bei dem sich Mount mit Robyn die Vocals teilt, fällt etwas aus dem Rahmen. Grooved wie die Disco-Remineszenznummern, die Kylie Minogue Anfang des Jahrhunderts ihr Comeback bescherten. Okay, aber zu austauschbar und mehr ein Robyn- als ein Metronomy-Song.
"Mick Slow": sanfter leicht stolpernder Beat, leicht bekiffte Keys und eine erhöhte Dosis an Melancholie. Wie der letzte Song nach einer rauschenden Party, wo man weiß, dass das Erwachen am nächsten Morgen mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein wird.
"My House": orgelnde Background-Keys, die irgendwie gespenstisch anmuten, ein knarziger Bass, darüber aber eine eher leichtfüßige Melodie und eine der stärksten Hooklines auf "Summer 08".
"Night Owl": neben Daft Punk, dürften auch Phoenix den Neu-Franzosen beeinflusst haben. Die feine ElectroPop-Nummer klingt wirklich sehr frankophil. Vielleicht singt der gebürtige Brite auf seinem nächsten Album schon englische Vocals mit französischem Akzent ;-).
Was ich von "Love’s Not an Obstacle" halten soll, weiß ich nicht. Gebremster Handclap-Rhythmus, flächige Keys und monotoner Beat. Ich weiß es doch: Leider etwas langweilig.
Der letzte Song "Summer Jam" macht seinem Namen alle Ehre. Schmeichelnder Echo-Beat und blubbernde Keys. Die Hitze scheint so groß, dass der Jam eher träge fließt. Es ist zu heiß! Erstmalig eine zeitgemäße Konkurrenz für den LatinFunk Klassiker "Losalamitos" von Gene Harris.
Nicht das beste Metronomy-Album, aber wer die angestaubte Disco wieder so schön zum Glitzern bringt, der verbreitet einfach Spaß und gute Laune und darf sich deswegen von mir aus gerne mal eine Auszeit vom ausgefeilten Songwriting nehmen und die Tanzschuhe schnüren - ist ja auch Sommer.
Tracklist:
01 Back Together
02 Miami Logic
03 Old Skool
04 16 Beat
05 Hang Me out to Dry (featuring Robyn)
06 Mick Slow
07 My House
08 Night Owl
09 Love’s Not an Obstacle
10 Summer Jam
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen