In einer der schönsten Locations der Stadt, mit leider oftmals der schlechtesten Musik der Stadt, fand am Freitag den 4.12. das Konzert von EL VY, dem neuen Bandprojekt von THE NATIONAL-Frontmann Matt Berninger und seinem langjährigen Musikerfreund Brent Knopf, seines Zeichens zur Zeit als RAMONA FALLS im Musikgeschäft unterwegs, statt.
Aus unserem heute Abend zehnköpfigen Team dürfte der Großteil wegen der sanften Stimme von Berninger Tickets erworben haben, wohingegen meinereiner ein großer Fan von Brent Knopf ist, den ich auch aus seiner Zeit mit Menomena sehr schätze und auf den ich persönlich mich besonders freue. Unterschiedliche Vorzeichen also, aber beide Namen und das Album "Return to the Moon" sollten eigentlich für einen großartigen Konzertabend bürgen.
Da in der Kantine am Wochenende ja immer diese gruseligen Veranstaltungen für Menschen stattfinden, die so alt sind wie sie sich wohl auch fühlen und die meistens noch älter ausschauen, ist der Einlass bereits ab 18:30 geöffnet. Wir sammeln uns im pittoresken Biergarten und trinken Flaschenbier von Veltins auf die Königsblauen, die heute Abend auch noch ran müssen. Ich gestehe, mein treuer Konzertbegleiter C., der alte Karnevalsvereinanhänger, weigert sich vehement mit mir anzustoßen, aber als ich erläutere, dass Hannover 96 der heutigen Gegner sei, wünscht er mir heute doch einen Sieg ;-).
Nach dem Einstiegsgetränk geht es rein in die warme Stube und bei der Jacken-Abgabe erheitert mich wieder einmal der festgelegte Preis von 1,60 EUR für die Garderobe. Welcher hirnverbrannte BWL-Fuzzis hat sich denn diese Kacke ausgedacht. Kostet das Pinkeln bald 35 Cent? Will aber hier niemanden auf blöde Gedanken bringen!
Nach einer völlig hinterhältigen Aktion von Frau H. - sie versucht mich in den Über-50-Bereich zu schubsen, obwohl ich noch ein Jahr habe! - kommen wir in den Konzertraum, der noch kaum gefüllt ist. Der Merchandise-Stand ist allerdings schon aufgebaut und ich bin not amused about the Vinyl-Price: 25 Euro! Bei einem großen Internethändler aus USA zahlt man zur Zeit 19,99 EUR. So behandelt man eigentlich nicht das Publikum, das einem die Ehre erweist, oder?
Es werden noch einige Bierchen geleert bis um Viertel vor Neun die Vorband The Penny Serfs die Bühne betreten. Ein kurzer Google-Check förderte den Clip "Dead Love" zu Tage und führte bei mir zu der Annahme, dass es sich lohnen dürfte den Herren aus Iowa zu lauschen.
Aber, ich bringe es direkt auf den Punkt. Die Band hatte entweder den schlechtesten Tag ihres Lebens oder sie sind wirklich so scheiße. Sänger Michael Loy kann nicht singen und verfügt über die Bühnepräsenz eines betrunkenen Schlumpfes. Schlagzeuger Kyle Lewis, der wie der junge Jochen Distelmeyer ausschaut, spielte das schnarchigste und unpräziseste Schlagzeug seit Menschen mit Stöcken auf Fell trommeln und vom Soundcheck scheint die Band auch noch nie etwas gehört zu haben. Wäre vielleicht alles noch zu ertragen gewesen, wenn die Band vor Spielfreude fast aus den Latschen gekippt wäre, aber es schien eher als hätten einige vorher zu sehr am Dope geschnuppert, was auch erklären würde, weswegen die Band so schlecht miteinander harmonierte. So, genug den Knüppel aus dem Sack gelassen.
Nach fast einer ganzen Stunde erlöst uns der zornige Support-Gott endlich und wenig später betreten endlich EL VY die Bühne. Die Herren präsentieren sich überwiegend in strahlendem Weiß und mit einer sehr aufgeräumten Bühne. Brent positioniert sich hinter den Keys und Berninger hinter dem Mikroständer. Die Rollenverteilung ist ebenso klar wie bei der Entstehung des Albums. Berninger gehören die Vocals & Lyrics und Knopf liefert Songs & Sound. Die Bühne gehört ausschließlich den beiden, obwohl zur Verstärkung zwei weitere Musiker on Stage mithelfen, aus dem Projekt eine echte Band zu machen.
Das Konzert beginnt mit "Careless", dem letzten Song des Albums. Der Sound ist zwar um Klassen besser als bei der Vorband, aber perfekt ist auch anders. Trotzdem kommt die einschmeichelnde Stimme von Berninger gut und die andächtige Stimmung wie man sie beim Hören von National-Songs gerne bekommt, breitet sich in der Kantine aus. Es folgen die Songs "It's A Game" und "Sleepin' Light", bei denen man Knopf ansehen kann, dass das Keyboard sein liebstes Instrument ist. Aber er hängt sich auch immer wieder während des Konzertes die Gitarre um und zeigt, dass er auch das Saiteninstrument vortrefflich beherrscht. Während Berninger eine eher in sich gekehrte Performance abliefert, er krümmt sich am Mikroständer und presst die Töne wie unter Qualen hervor, tänzelt Knopf gut gelaunt zwischen seinen Instrumenten. Man merkt schon, dass hier zwei Freunde miteinander musizieren, aber auch, dass sehr unterschiedliche musikalische Charaktere aufeinandertreffen. Berninger muss etwas mehr aus sich heraus als bei den ruhigen National-Geschichten und Knopf, der sonst eher übersprudelnde musikalische Wundertüten abfeuert, muss sich etwas zurücknehmen.
Es funktioniert nicht wirklich als Band, aber es hat durchaus seinen Reiz, wie die beiden ihre musikalische Annäherung live darbieten. Sehr gelungen vor allem bei "Sad Case", einem meiner Lieblingssongs der Platte. Nach "Happiness, Missouri" und "Silent Ivy" kommt der Smash-Hit "Return to the Moon", der mich, warum auch immer, an Duran Duran erinnert. Schöner Song, macht gute Laune, ist aber fürchte ich nicht von sehr langer Haltbarkeit.
Da hat der nächste Song "Paul is alive" deutlich mehr zu bieten. Könnte man sich durchaus auch auf einer National-Platte vorstellen, obwohl er diesen feinen unterschwelligen Groove in sich trägt, der sicher dem kreativen Köpfchen von Brent Knopf entstiegen ist. Eher auf einer Black Keys-Platte würde man das folgende "I'm the Man to Be" erwarten, besonders weil EL VY den Song live etwas krawalliger präsentieren - was dem Stücke wirklich sehr gut tut.
Dann kommt ein Knüller! Dass EL VY ziemlich im 80er-Jahre-Sound-Laden naschen, hört man bei vielen Songs, dass sie sich dann auch noch trauen den Gassenhauer "She drives me crazy" von den Fine Young Cannibals zu covern, ist genial! Ich finde die Interpretation auf jeden Fall very fein wie ich zu sagen pflege, auch wenn sich da die Meinung bei meinen Konzertmitstreitern teilt.
Da in der Kantine um 22 Uhr die schrecklichen Motto-Abende stattfinden, muss die Band sich sputen und so fällt eine große Verabschiedung und "Zugabe"-Rufe aus. Die Band spielt ohne große Umschweife die großartige Ballade "No Time to Crank" und als finalen Song "I need a Friend". Schade, hätte unbedingt noch ein paar Ramona Falls- oder auch National-Songs gehört, aber die Hoffnung war wirklich nur sehr gering.
Kein berauschendes, aber ein sehr interessantes Konzert, auch wenn mein treuer Konzertbegleiter C. dem Abend heute nur wenig abgewinnen konnte. Da es arschkalt geworden ist und ich das letzte Mal nach einem Konzert in der Kantine mit Rick Astley belästigt wurde, ziehen wir alle sehr schnell Leine. C. und meine Wenigkeit nutzen den Freitagabend, um bei Kölns großartigstem Wirt Theo im Burghof in Worringen noch einige Gerstengetränke zu leeren und über die Musik, die Liebe, das Leben und das Leiden zu philosophieren. Ja, man braucht einen Freund. Schön war's - und auch der Sieg gegen die Niedersachsen ;-)
Ö
SETLIST:
Careless
It's A Game
Sleepin' Light
Sad Case
Happiness, Missouri
Silent Ivy
Return to the Moon
Paul is alive
I'm the Man to Be
She drives me Crazy
No Time to Crank the Sun
Need a Friend
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