Labels

Donnerstag, 5. November 2015

NEW SONGS Vol. 112: NAYTRONIX / Mister Divine [LP] ... LEVIN GOES LIGHTLY / Neo Romantic [LP] ... DEERHUNTER / Fading Frontier [LP] ... DARLINGSIDE / Birds say [LP]


NAYTRONIX / Mister Divine [LP]

Unter dem Namen NAYTRONIX fabriziert Nate Brenner, seines Zeichen Bandmitglied bei den Tune-Yards, seinen ersten Longplayer namens "Mister Divine" für welches die Zeit vielleicht heute noch gar nicht reif ist. Ist mir persönlich aber Schnuppe, denn mich versetzt das Werk in eine unglaubliche, an Hypnose grenzende Tiefenentpannung und dass OHNE mich zu langweilen - was eine echte Kunst ist!

Es gab eine Zeit da nannte man extrem chillige Musik boshafter Weise Fahrstuhlmusik, passt aber nicht, weil aus diesem Fahrstuhl möchte zumindest ich nicht mehr aussteigen. Paternostermusik?  Passt besser, weil dieses Transportmittel ja auch nonstop in Schleife fährt und dadurch etwas Meditatives an sich hat - genau wie die Musik von Herrn Brenner. Aber Paternoster klingt so altertümlich und das passt nun wieder gar nicht zum fiepsigen ElectronicJazzFolk von Naytronix.

Mmmh, ach überlegt euch doch einfach selber etwas schön Klingendes aus den Bausteinen: Jazz, Electronic, Frickel, ScienceFiction, Paternoster, Dream, Pop, Folk, Groove und Dub. Und dann kauft das kleine Meisterwerk am besten auf Vinyl in limitierter Colored-Edition!





---------------------------------------------------------------------------------------------------

LEVIN GOES LIGHTLY / Neo Romantic [LP]

Schon wieder Stuttgart! Im Fußball läuft es für die Baden-Württembergische Hauptstadt ja eher suboptimal, aber in Sachen Musik entwickelt sich in der sechstgrößten Stadt Deutschlands zunehmend eine höchst beachtenswerte Szene. Neuester auffälliger Act ist der 25-jährige Levin Stadler, der unter dem etwas sperrigen Namen LEVIN GOES LIGHTLY im weitesten Sinne PostRock inszeniert.

"Neo Romantic" ist nach dem 2013 erschienenen Debüt „Dizzy Height“ das zweite Album, das Stadler zusammen mit Paul Schwarz (Gitarre), Thomas Zehnle (Bass) und Max Rieger am Schlagzeug eingespielt hat.

Mit "1989" dem ersten Song des Albums wird eigentlich schon deutlich, dass es sich um eine düstere Zeitreise in die musikalische Vergangenheit von Gothic und Dark Wave handelt. Die analogen Keys flirren, der Beat vom Drumcomputer ist minimalistisch und auch im Gesang orientiert sich Stadler an legendären Dunkelmännern wie Ian Curtis oder Andrew Eldritch. Aber auch wenn die Vorbilder dermaßen offen liegen, vermag es Levin goes Lightly, ganz wie es der Albumtitel verspricht, dem Genres neues Leben einzuhauchen.



So schafft es "Bouquet" zum Beispiel mühelos den schwierigen Spagat zwischen lieblichen DreamPop und albtraumhaften NoWave à la Suicide hinzubekommen und das fulminante "Speedways" zirkuliert vom NoWave auf 8 Minuten Länge zum DroneRock wie ihn Erik "Ripley" Johnson mit seinen Bands Wooden Shjips und Moon Duo zelebriert.



Weitere Höhepunkte des Albums sind das mit spacigen PsychedelicSounds mäandernte "Spider's Web" und die hingebungsvolle Düster-Ballade "Perfume" mit Gastsängerin Mehtap Avci. Ja, wohin treiben sie denn? Auf jeden Fall in die richtige Richtung!

Für alle Vinyl-Junkies sei die auf 500 Stück limitierte Platte, die man für mindestens 15 Euro auf der Bandcamp-Seite von Levin goes Lightly bestellen kann, wärmstens empfohlen.

---------------------------------------------------------------------------------------------------


DEERHUNTER / Fading Frontier [LP]

Ist es tatsächlich so, dass eine amerikanische Band als erstes ein Album herausbringt, dass Europas Flüchtlingkrise in adäquater Weise thematisiert? Explizit bezieht sich DEERHUNTER aus Atlanta auf ihrem sechsten Album nicht auf die derzeitige humanitäre Herausforderung unserer Zeit, aber im Kleinen handelt das Album "Fading Frontier" in vielen Songs von nichts anderem als von dem Gefühl nirgendwo hin- und dazuzugehören.

Vielleicht, weil dieses Thema sehr von Emotionalitäten geprägt ist, oder weil Mastermind Bradford Cox dieses Mal nicht persönlich von schweren Schicksalsschlägen (Todesfälle im Freundeskreis) getroffen wurde, sind Deerhunter auf "Fading Frontier" sanfter und wesentlich melodiöser als je zuvor. Was letztendlich der Grund ist, vermag wahrscheinlich nur Cox selber aufzulösen, vielleicht war es auch der schwere Autounfall, der Cox unter starken Schmerzen lange ans Bett band, aber es spielt eigentlich keine große Rolle, denn auch im neuen eleganteren Gewand bleiben Deerhunter im Prinzip ihrem eigenen Stil treu.


Deerhunter - Snakeskin von asif66023

Besonders hinhörenswert sind das rumpelige "Snakeskin" ("Carrion" lässt ähnliche Assoziationen zu, geht aber mehr in die Psychedelic-Richtung), das mich doch tatsächlich irgendwie an coole Frühwerke von Marc Bolan erinnert, obwohl man das Stück nicht wirklich als GlamRock bezeichnen kann. Auch das hymnische mit kräftig zupackenden Gitarren versehene "All the same" und die mit elektronischen Blubbereien ausgestattete verhuschte Ballade "Living my Life", wissen zu überzeugen.


Deerhunter - Breaker
von bestvideochannel

---------------------------------------------------------------------------------------------------


DARLINGSIDE / Birds say [LP]

Wer es liebt in Harmoniegesängen zu versinken, wer den unverkrampften Folk der Sixties zu schätzen weiß, aber auch wer virtuose Grenzgänger wie die Pfarmers (Review) wertschätzt, der wird voraussichtlich sein Herz an DARLINGSIDE verlieren.

Das Quartett aus Massachusetts besticht durch sanfte melodiöse Songs, die zwar fest im Folk und Country verwurzelt sind, aber durch schrulligen Charme, spielerischen Witz und Kreativität sehr gegenwärtig klingen.

Audiophile Hörer werden hin- und hergerissen sein vom grazilen Gitarrenpickling von Harris Paseltiner (spielt außerdem das Cello), dem Geigen- und Mandolinenspiel von Auyon Mukharji, den Banjoklängen von Don Mitchell oder eben von den  mehrstimmigen Harmoniegesängen, zu denen sich Bassist Dave Senft als vierte Stimme hinzugesellt. Und wer ganz genau hinhört, wird immer mehr Instrumente (12-saitige Gitarre, Wurlitzer, Harmonium, etc.) und musikalische Schattierungen (Bluegrass, KammerPop, Indie und und und) aus den subtilen Arrangements wahrnehmen.



Wahrscheinlich ist es mit der Wärme und der Intensität, die dieses Album vom ersten Ton an ausstrahlt sogar möglich, eine arktische Nacht im Freien ohne Polar-Equipment zu überleben. Für mich als ausgewiesene Frostbeule ist "Birds say" definitiv ein Album, das mich tröstend über den bedrohlich näherrückenden Winter bringt.



---------------------------------------------------------------------------------------------------


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen