"Nicht direkt" verweist darauf, dass sich das ganz und gar geändert hat, denn was ich im Mai noch als lediglich feinen Popsong bezeichnet habe, hat sich zu einer Nummer entwickelt, die bei mir automatisch dazu führt, dass der Volumeregler nach rechts gedreht wird.
Nun also endlich das komplette Album "Shake Shook Shaken" auch bei uns. In Frankreich ließ die Band in den iTunes-Charts alle internationale Bigseller bei Veröffentlichung hinter sich, das wird in Deutschland sicher nicht passieren, aber die Zahl der Anhänger wird sich mit dem neuen Album bestimmt auch hier zu Lande erhöhen.
Kam das Duo auf ihrem 2008 erschienenen Debüt "A Mouthful" noch mit wenig elektronischen Klängen aus, so hat die Band ihr Spektrum in dieser Hinsicht von Album zu Album erweitert. Tendenz also SynthiPop statt IndiePop?
Das Album beginnt mit dem bereits erwähnten "Keep Your Lips Sealed", danach folgt eine weitere keyboardlastige, aber gemächlichere Nummer, "Trustful Hands", bei der dem ungewöhnlichen, immer etwas schrillem Gesang von Sängerin Olivia Merilahti viel Raum geboten wird. Beim Refrain und speziell der Stelle mit dem "Oh Oh Oh" habe ich lange überlegt, warum mir das irgendwie bekannt vorkommt. Des Rätsels Lösung liegt 24 Jahre zurück: "The Great Song of Indifference" von Bob Geldof und trotzdem ist "Trustful Hands" ein ganz andere (viel bessere) Nummer.
Als hätten sie es darauf angelegt, kommt als nächstes ein Song, der genau diese Frage aufwirft, "Did you really wanna go back in Time?, und so klingt es, als wäre er in den 80ern im Zeitalter von Human League, Heaven 17 und den Eurythmics entstanden. Aber klingt "Miracles (Back in Time)" deswegen altbacken??? Sind The Dø eine Retro-Band? Blödsinn!
Mit "Sparks" tritt das Orchestrale im Pop von Dan Levy und Olivia Merilaht fulminant zu Tage. Das Intro schmeckt nach Richard Strauss, dann ein dumpfer Beat, eine hymnischer Refrain mit Streichern und flirrenden Keys. Opulent! Ganz anders "Going through Walls". Die Rhythmusfabrik von The Dø nimmt Fahrt auf, es klingt nach überdrehter Marschmusik, zu der geschlossene Türen eingetreten werden.
Der Anti-Party-Song "Despair, Hangover & Ecstasy" schmeckt mir etwas zu sehr nach La Roux und Billig-Disco, aber mit "Anita No!" werde ich direkt wieder versöhnt. Exzellente Tempowechsel und Olivias Stimme klingt hoch wie selten zu vor.
"A Mess like This" ist eine klassische ausgesprochen sinnliche Ballade. Orgelartige Keys stellen das sich stetig wiederholende Leitthema um das sich die zerbrechliche Stimme Olivias schmiegt. Ganz ähnlich, allerdings mit einem monotonen unterschwelligen Beat versehen, funktioniert "Lick my Wounds".
Nachdem die Wunden geleckt sind, folgt einer der stärksten Song des Albums. "Opposite Ways" ist wunderbar vielschichtig und rhythmischer vertrackt und doch ein perfekter Popsong. Ich weiß nicht warum, aber während ich den Song zum vierten Mal hintereinander höre, kommt mir immer wieder Abba in den Sinn????
Am nähesten am Sound des ersten Albums liegt "Nature will Remain". Der vom Grundthema sehr mininimalistisch angelegte Song plustert sich immer wieder auf, um sich gleich darauf wieder zu beruhigen. Das Finale zu "Omen" beginnt wieder mit kirchlichen Orgelklängen, die durch salvenartig abgefeuerte Beats eine bedrohliche Atmosphäre aufbauen und dann zum technoiden Tanzbeat mutieren. Der erste The Dø-Song, der auch in einer Non-Indie-Dsico funktionieren dürfte!
Fazit: Zwar werden die Synthesizer-Klänge des Duos immer dominanter, aber wer denkt, dass die Qualität der Songs darunter leidet, sieht sich getäuscht, denn Dan Levy und Olivia Merilaht hauchen mit ihrem herausragenden Songwriting und den Kompositionen jeder Maschine so viel Leben ein, dass es irrelevant ist, mit welchen Mitteln sie Musik erzeugen - und dies macht den gravierenden Unterschied zu Bands wie Ladytron oder La Roux aus!
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