Bevor ich zum Konzertbericht komme, muss noch die essentielle Frage geklärt werden, ob das durchgestrichene O als "Ö" oder "O" gesprochen wird. Wir wissen das durchgestrichene O steht nicht für Durchschnitt, würde auf die Band auch keinesfalls passen. Wir wissen, dass dieses seltsame Zeichen in der skandinavischen Sprache vorkommt, z. B. im Dänischen "nør" (dt. Norden) oder im Norwegischen "sør" (dt. Süden).
Laut Wikipedia gilt: "Der Buchstabe und seine Aussprache entsprechen dem im Deutschen, im Schwedischen und im Isländischen vorkommenden Buchstaben „Ö“, Ø kann als „Ö“ (z. B. ins Deutsche), „Œ“ (z. B. ins Französische) oder „OE“ (z. B. ins Englische) transkribiert werden."
Um die Verwirrung weiter zu lichten ist es wichtig zu wissen, dass es sich bei THE DØ um ein Wortspiel handelt. Spricht man es wie The Dö aus, klingt es wie das französische Wort "deux". Außerdem beginnen die beiden Vornamen des Duos mit "D" und "O", was wiederum die italienische Bezeichnung für den Grundton der Tonleiter ist. Alles klar? Stellt sich nur noch die Frage, warum Olivia beim letzten Konzert im Gebäude 9 die Band mit The Do vorstellte. Es bleibt geheimnisvoll ;-).
Aber nun zum Abend im Luxor. Im gutgefüllten Konzertsaal gehen gegen 20 Uhr die Lichter aus und ein Duo namens AMATORSKI betritt die Bühne. Die Band stammt aus Belgien und besteht laut Wikipedia-Eintrag aus vier Bandmitgliedern, heute Abend sind aber nur zwei Personen, Sängerin Inne Eysermans und Sebastiaan Van Den Branden on Stage, um ihren melancholischen Pop mit schwebenden Keys im Luxor vorzustellen. Leider ist das Publikum ziemlich laut und es fällt schwer, der Band die eigentlich verdiente Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. So laut wie das Publikum ist, ist die Band auf keinen Fall schlecht. Also mal reinhören ohne nervende Labertaschen.
Wenige Minuten nach 21 Uhr betreten dann die beiden Helden Dan Levy und Olivia Merilahti unterstützt von zwei weiteren Musikern bei "Omen" die Bühne. Olivia trägt einen roten Hosenanzug und wie sich später zeigt, ist dieser das ideale Kleidungstück für ihre sehr sportliche Performance an diesem Abend.
Die dramatischen Orgelklänge von "A Mess like this" erklingen und Olivia singt ganz fokussiert und mit viel Ausdruck das leiseste und zerbrechlichste Lied auf dem neuen Album. Im Vergleich zum letzten Konzert im Gebäude 9 lässt sich schon jetzt sagen, dass der Tontechniker dieses Mal die ungewöhnliche schrille und zu gleich fragile Stimme der Sängerin viel besser im Griff hat.
So wie sie da auf der Bühne steht, in ihrem roten Overall mit dem goldglitzernden The dø-Aufbügler, welchen ich später selbstverständlich neben feinem Vinyl am Merchandise-Stand erwerben werde, wage ich zu bezweifeln, dass es irgendjemanden auf dieser Welt gibt, der Madame Merilahti Bühnenpräsenz abspricht. Ich jedenfalls bin von der ersten Minute mal wieder total hin und weg, obwohl, das ist schon jetzt klar, sich dieser Auftritt stark vom letzten unterscheiden wird.
Nummer 2 auf der Setlist ist die Nie-mehr-aus-dem-Ohr-gehende-Single "Keep Your Lips Sealed". Gemeinsam bearbeiten Dan und Olivia die e-Drums und man sieht den Beiden an, dass heute alles passt und die zwei richtig Spaß auf der Bühne haben - und das überträgt sich natürlich auf das Publikum!
The Dø -- Despair, Hangover & Ecstasy - MyVideo
Beim pulsierenden "Miracles (Back in Time)" zeigt Olivia zum ersten Mal an diesem Abend Kung Fu-artige Tanzeinlagen. Eine meiner drei weiblichen Konzertbegleiterinnen, die unverwüstliche V., spricht von perfektem Ausdruckstanz. Gibt es in Frankreich eigentlich Waldorfschulen?
Da ich mich ganz der Show widme, vergesse ich mir leider einzuprägen, in welcher Reihenfolge die Songs kommen. Aber wen interessiert das schon, außerdem sind The Dø ja sowieso dafür bekannt, gerne mal die Setlist über den Haufen zu werfen. Auf jeden Fall gibt es ein kleines Geplänkel zwischen Olivia und Levy darüber, welcher Song als nächstes dran ist, "Antita No!" oder "Trustful Hands". Olivia fragt kurzerhand das Publikum und leider bin ich als "Trustful"-Rufer in der Minderheit, so dass als nächstes "Anita No!" gespielt wird.
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Zum wunderbaren "Trustful Hands" hängt sich Olivia endlich die Gitarre um und mir wird ganz sentimental zu Mute - "We are sentimental animals!"- , schließlich war die Gitarre früher ein deutlich häufigerer Begleiter der Band. Aber ich will nicht wieder darauf herumreiten, ob der frühe IndiePop oder der aktuelle SynthiPop der Band besser steht, denn es liegt nicht im meinen vertrauensvollen Händen und The Dø sind definitiv in beiden Genres verdammt überzeugend.
Ein weiteres echtes Highlight an diesem Abend ist "Sparks"! Wie Olivia mit den flirrenden Keys im wahrsten Sinne des Wortes tanzt ist einfach zauberhaft und zieht den Zuhörer zwangsläufig in den Bann. Sehr sympathisch finde ich auch, dass Dan immer wieder Lächeln muss, wenn er trotz harter Arbeit an den e-Drums die Performance von Olivia betrachtet. Meine Konzertbegleiter Frau H. fragte dann auch ganz beiläufig "Da läuft doch was zwischen den Beiden?" Die Frage hatte mich bisher noch nicht beschäftigt, aber ich antworte "100%ig!" und befrage am Tag nach dem Konzert Tante Google, die mir recht gibt: 100%ig aber vielleicht doch nicht.
The Dø konzentrieren sich heute jedenfalls ganz explizit auf das neue Album "Shake Shook Shaken" und wie bereits eingangs erwähnt, ist es deshalb ein ganz anderer Auftritt als bei der "Both Ways Open Jaws"-Tour. Es regiert ganz klar tanzbarer Pop! Die Beats sind fett, die Performance lebhafter, auch Dan ist klitschnass und Olivia weniger unnahbar. Insgesamt ein weniger künstlerischer Vortrag als vielmehr eine höchst unterhaltende Show.
Trotzdem brandet großer Jubel auf, als mit "Slippery Slope" im ersten Teil des Konzertes der einzige Song aus besagtem Vorgängeralbum gespielt wird und ich stelle erstaunt fest, dass der Song live noch deutlich druckvoller vorgetragen, ja vorzüglich in die Indie-Disco passt.
Nach einer knappen Stunde verlässt die Band zum ersten Mal die Bühne, am tosenden Applaus des Publikums lässt sich feststellen, dass nicht nur ich vom Konzert begeistert bin. Zweimal kommen The Dø für eine Zugabe zurück und spielen unter anderem neben einem funkigen Daft Punk- Cover ("Instant Crush") auch einen mir unbekannten neuen Song, der sich mutmaßlich "Poppies" nennt und von mir das Prädikat "Very fein" erhält.
Nach 80 Minuten ist dann leider schon Schluss, das erste Album "A Mouthful" wurde leider wieder vollkommen ignoriert, aber trotzdem für mich bisher eines des besten Konzerte dieses Jahres.
Zum Schluss aber auch eine kleine Beschwerde! Das erworbene Doppel-Vinyl weist leider ausgerechnet im Bombast-Song "Omen" eine böse Macke auf. Hoffe, ich habe als einziger so ein Exemplar erhalten und es ist nicht ein durchgehender Produktionsfehler.