Ich stehe zwar vorne im King Georg, aber ANGEL OLSEN ist nicht gerade die Größte - rein körperlich - doch in Sachen emotionale Wucht ist sie ein Riese und so sehe ich zu Anfang eben nur einen Ausschnitt ihres Gesichts und wie gesagt: "Sie sieht grimmig aus die Frau Olsen".
Während Angel auf ihren ersten beiden Alben ("Half Way home" und der 12-Inch EP "Strange Cacti") in sehr reduzierten und sanften Folk-Songs ihr Herz ausschüttet, zeigt die Chicagoerin auf ihrem neuen Album "Burn Your Fire For No Witness" ihre rauere und auch deutlich lautere Seite. Aufgenommen wurde das Album innerhalb von sieben Tagen in einer entweihten Kirche, in der ein Tonstudio namens Echo Mountain sein Zuhause gefunden hat. Produziert hat den brillianten Longplayer niemand Geringeres als John Congleton, der schon für Antony and the Johnsons und Joanna Newsom maßgeschneiderte Arbeit ablieferte.
Olsen, die ja bereits durch ihre Zusammenarbeit auf zwei Alben von Bonnie »Prince« Billy auf sich aufmerksam gemacht hat, erinnert mich heute Abend im heimelichen King Georg ganz enorm an Songwriter-Legende Leonard Cohen. Speziell der Song "White Fire" schürt Erinnerungen an das erste Album Cohens aus dem Jahr 1968.
Natürlich spielt Olsen mit ihrer dreiköpfigen Band auch die drei stärksten Songs vom neuen Album: "Unfucktheworld", "Forgiven/Forgotten" und "Hi-Five. Wenn man nur einen Funken Emotionalität in sich trägt, kann man nicht davon verschont bleiben, von der Intensität dieser Lieder gepackt zu werden. Olsen schwelgt, flüstert, haucht und bricht immer wieder aus den schwelgerischen Momenten mit nahezu brachialer Gewalt aus. Ja, es wird auch richtig gerockt.
Nach knapp 40 Minuten ändert sich das Szenario. Die Band verlässt die Bühne und Olsen in ihrem, für diese Temperaturen, dicken Pullover mit weitem Kragen und im schwarzen kurzen Rock mit dunklen Strümpfen gewandet (leider nicht die roten aus dem Video zu "Hi-Five") steht ganz alleine auf der Bühne ihre Frau, um Songmaterial aus ihren ersten Werken zu spielen. Sehr widersprüchlich, wie diese Künstlerin auf mich wirkt. Einerseits selbstbewusst und immens lange den Blickkontakt mit den Zuschauern haltend und andererseits diese offengelegte Verletzlichkeit. Faszinierend.
An Intensität lässt sich dieser zweite Teil des Konzertes auf keinen Fall überbieten. Bei zwei Songs stellen sich doch sogar meine Haare - ein untrügliches Zeichen wie Olsens Lieder unter die Haut gehen. Leider, leider spielt Angel aber nur eine handvoll Songs und nach nur 60 Minuten ist das Ereignis Olsen live zu erleben beendet. Schade, dass sie so wenig mit dem Publikum kommuniziert hat, obwohl sich das King Georg dafür doch gerade aufdrängt und auch sehr schade, dass sie sich nach dem Konzert nicht mehr im Club sehen lässt. Weil der Abend definitiv zu kurz war, kaufe ich mir ihre beiden ersten Werke auf Vinyl und verlängere so künstlich den Abend mit "Angel Hard".
Anspieltipps aus den beiden ersten Platten von Angel Olsen:
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