Meistens verliebe ich mich in Melodien, manchmal in wahnwitzige Klänge und manchmal einfach in den Sound.
Letzteres ist das Prägnante an den LEATHER GIRLS aus Austin in Texas, denn es scheppert so schön aus der Garage, dass man sämtlichen Wohnkomfort sofort aufgeben und in den Raum zur Aufbewahrung von Fahrzeugen ziehen möchte.
Sehr viel Informationen lassen sich über das Quartett im Netz noch nicht finden. Und selbst wenn, wie ich hoffe, der Bekanntheitsgrad der Band nach diesem Debüt wachsen wird, ist der gewählte Bandname prädestiniert dafür auf Seiten zu gelangen, die man eigentlich gar nicht besuchen wollte.
Was ich über die Band erfahren konnte, ist, dass alle vier Bandmitglieder auch in anderen Bands spielen und dass Bassistin Deborah White in der Highschool rockende Ladies wie Kim Deal und Kim Gordon faszinierten. Kein Wunder also, dass Frau White den Bass als ihr Instrument auserkoren hat.
Lead-Sänger und Gitarrist bei den Leather Girls ist Erik Camacho, der in anderen Bands (Low Times, Erekeecludi y Los Dinos und P.A.T.S.Y. ) u. a. auch als Schlagzeuger spielt und aus einer kreativen Familie stammt. Sein Großvater war Musiker, sein Vater Künstler und seine Mutter singt und tanzt wohl sowieso den ganzen Tag.
An der Gitarre verdingt sich Mike Garrido, der über eine ähnlich große Vinylsammlung wie ich verfügt :-), aber wohl auch einige echte Schätze darunter hat und der MC5 als seine absolute Lieblingsband nennt. Sehr sympathisch der Herr Garrido.
Schlagzeuger ist Dillon Fernandez, der auch bei der psychedelic Rockband Dream Machine die Felle bearbeitet und kein großer Freund von Social Media zu sein scheint.
Die musikalische Mischung, welche dieses Quartett auf ihrem bei Yippee Ki Yay Records erschienenem Debütalbum "Leather Girls" präsentiert, lässt sich am besten wohl als SixtiesPsychGaragePunkRock bezeichnen und huldigt Vorbildern wie den Stooges, MC5, The Coachwhips, aber auch Ur-Vätern des GarageRock aus den frühen wilden 60er Jahren wie The Monks und The Starfires .
Vom rotzigen Opener "Drawing Lines" angefangen, über das groovige "Arabian Daze" mit seiner smashigen Melodie und dem treibenden "She" hinweg, zeigt sich bereits nach den ersten drei Stücken, dass diese Band nichts anderes will als das kleine schmutzige und wilde Rock'n'Roll-Tierchen am Leben zu erhalten.
Der vierte Song des Albums "Jeff" beginnt sehr düster und baut sich gefährlich dramaturgisch auf. Deborah White, die den Song auch geschrieben hat, übernimmt den Gesang. Bei "Jeff" handelt es sich um den Serienmörder Jeffrey Dahmer, der zwischen 1978 und 1991 siebzehn junge Menschen tötete, was die klaustrophobische Stimmung des Stückes erklären dürfte.
Dass das nächste Lied "Dear Deborah" der Bassistin gewidmet wurde, ist ziemlich offensichtlich. Die Gitarren dürfen twangen und der Bass brummen und Miss White dürfte die versteckte Liebeserklärung wohl etwas peinlich sein - muss sie aber nicht!
Nach dem relaxten "Call Tomorrow", bei dem Schlagzeuger Dillon für kleine abrupte Tempoforcierungen sorgen darf, folgt mit "Foolish Lover" eine kurze knackige Schrammelnummer.
"LRS" ist eine ziemlich schräge PsychGarage-Nummer mit einer gehörigen Portion Drive und "Poor Charlie" schlägt auf etwas andere Art, aber in die selbe Kerbe.
Beim Starfires-Cover "I Never Loved Her" darf wieder die Dame ans Mikro. Interessante Version, aber das Original finde ich in diesem Falle doch besser.
Von den letzten drei Songs des Albums "Sweet Lenore", "When We Fight" und "Card Catalog" fallen die letzten beiden Songs, das sehr melodiöse und verträumte "When We Fight" und auch das schwelgerische "Card Catalog" etwas aus dem normalen Rahmen, weil der Garagensound etwas in den Hintergrund und sechziger Jahre Psychedelic deutlich in den Vordergrund tritt.
Fazit: Tolles Debüt, das die Band sicher damit konfrontieren wird, ob die einzelnen Bandmitglieder nicht lieber ihre anderen Bandprojekte zu den Akten legen und sich ganz auf die Leather Girls konzentrieren sollten.
Tracklist:
01 Drawing Lines
02 Arabian Daze
03 She
04 Jeff
05 Dear Deborah
06 Call Tomorrow
07 Foolish Lover
08 LRS
09 Poor Charlie
10 I Never Loved Her (The Starfires Cover)
11 Sweet Lenore
12 When We Fight
13 Card Catalog
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