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Donnerstag, 5. Juni 2014

TEMPLES live im Luxor in Köln [Cologne, 03.06.2014]

Auf meinem Notizzettel für Bands, die ich unbedingt live sehen möchte, stehen die TEMPLES seit ich das erste Mal von ihnen gehört habe. Eigentlich sollten sie im letzten Jahr auf dem INTROducing-Festival im Gebäude 9 spielen, ich war auch vor Ort, aber die Temples hatten leider kurzfristig abgesagt. Beim nächsten Stopp der Briten in Köln kam leider wieder etwas dazwischen, aber nun hat es endlich geklappt.

Gewohnt pünktlich um 20 Uhr beginnt das Konzert mit einem vorher leider nicht bekannt gegebenen Support. Schon nach den ersten gesungenen Zeilen ist klar, dass die Band, die sich Wyoming nennt, keinesfalls aus den Vereinigten Staaten oder sonst einem englischsprachigen Land kommt, sondern höchstwahrscheinlich aus Deutschland. Nach dem zweiten Song wird die Vermutung bestätigt, als der behutete Sänger die Band in perfektem deutsch kurz vorstellt.

Leider wirkt der Auftritt der Band auf mich ziemlich ermüdend. Das Trio, welches wie es auf ihrer Facebook-Seite zu lesen ist aus dem baden-württembergischen Örtchen Lorch stammt und nun in Köln und Frankfurt beheimatet ist, spielt DreamPop, der mir doch etwas zu verträumt und unaufgeregt vorkommt. Einflüsse von den Antlers (deren neuestes Werk übrigens auch sehr einfallslos ist) und vor allem von Sizarr lassen sich deutlich aus dem Songmaterial heraushören, aber bis auf den letzten Song "Rapid. Eye. Movement." bleibt bei mir nichts wirklich hängen.


Wyoming - Rapid. Eye. Movement. Sleep. from Wyoming on Vimeo.

Um 21:15 erreicht der Lärmpegel im gut gefüllten Luxor dann erstmals einen erhöhten Bereich, als die Temples mit Frontmann und Prototyp-Rockstar-Look-alike" James Bagshaw die Bühne betreten. Bagshaw hat sich unter seiner Lockenpracht um die Augen mit Glitzerstaub verziert, so dass ich bis kurz vor Ende des Konzerts rätsele, ob er, dessen Gesicht man kaum sieht, eine randlose Brille trägt oder eben nur Glitzerschminke aufgetragen hat. Egal, was schon oft beschrieben wurde bestätigt sich auch heute Abend, die Temples sehen aus wie Rockstars, generieren sich wie Rockstars und beweisen heute Abend aber auch, dass sie das Zeug dazu haben, richtig große Rockstars zu werden.

Das liegt zum einen daran, dass Bagshaw live mittlerweile - wenn man sich ältere You-Tube-Videos anssieht merkt man schnell, dass dies nicht immer der Fall war - das Zeug dazu hat die melodiösen Songs mit den immer wieder aufbrausenden Gitarrenwänden mit seiner Stimme zu führen. Außerdem wirkt die Band höchst eingespielt und der Sound, im nicht einfach zu beschallenden Luxor, ist spätestens ab dem zweiten Stück exzellent.

Nach der psychedelischen BritPop-Nummer "Colours to Life" und dem treibenden, wesentlich rockigerem, mich live an Pond erinnernden "Sun Structures", kommt mit "A Question isn't Answered" das erste Higlight. Nach dem nebulösen drogenverhangenen Beginn mit Clap-Hands und lautmalerischen Vocals prescht das Schlagzeug nach vorne und eine Orgel, die irgendwie nach Dudelsack klingt, steht Spalier. Wenn die Gitarre dann brachial die grandiose Hookline torpediert, wippt mein Beinchen unaufhörlich im Takt.



Wirklich erstaunlich wie gut der eigentlich sanfte, ja fast mädchenhafte Gesang Bagshaws mit diesen druckvollen Klanggebilden harmoniert. Bagshaws Bühnenpräsenz ist erstaunlich, auch wenn ich den anderen Bandmitglieder gerne ab und zu meine Aufmerksamkeit widme, will das Auge auf der spärlich ausgeleuchteten Bühne doch immer wieder zum charismatischen Frontmann.

Nach den drei Knallern zum Einstand wird es mit "Ankh", "The Golden Throne" und "Move with the Season" etwas ruhiger, ehe mit "Keep in the Dark" der erste große Hit, welcher der Band auf der Insel zum Durchbruch verhalf, abgefeuert wird.Wunderbarer, nach Sixties-Beat müffelnder Song, der an diesem Abend aber der einzige ist, der die Erwartungen nicht übertrifft, sondern eher etwas darunter bleibt.

Danach kommen zwei Songs, die mir bisher nicht als die Perlen des ersten Albums "Sun Structures" aufgefallen sind. Am ersten Song "The Guesser" ändert sich daran auch live nichts, aber "Mesmerise" wird zur unerwarteten Krönung des Abends. Hallelujah, geht der von den Temples live deutlich gestreckte Song, der in einem psychedelischen Jam endet nach vorne! Das Handtuch von Schlagzeuger Sam Toms ist in Schweiß gebadet und so verabschieden sich die Temples bereits nach knapp 45 Minuten von der Bühne.

Aber nur kurz muss das Publikum warten, bis die Temples wieder die Bühne betreten und die zwei stärksten und sehnlichst erwarteten Songs ihres Albums zu Gehör bringen. Indisches und arabisches Flair versprühen ja einge Songs der Band, aber die gelungenste Verknüpfung ist zweifelsohne "Sand Dance". Der Rausschmeißer ist, wie zu erwarten, der "Shelter Song". Ein Song, der suggeriert als kenne man ihn schon ewig, wo man zu Beginn grübelt, von wem dieser Ohrwurm nochmal ist, bevor es einem endlich aufgeht, dass hier die Temples musizieren. DIE Band, die es wie nur wenige hinbekommt, sich Filetstücke der Popkultur zu eigen zu machen - über Genregrenzen hinweg!

Danke für einen fabelhaften Abend und morgen höre ich mich mal wieder duch einen Sack voll alter feiner Psychedelic-Beat-Platten der 60er und teste, ob "Mesmerise" meinen Nachbarn auch gefällt.


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