damit es auch einmal schriftlich fixiert ist, möchte ich Ihnen hiermit mitteilen, dass ich mich immer über Rezensionsexemplare freue, ganz besonders, wenn diese aus Vinyl sind, denn hier hatte Tocotronicunrecht: Analog ist besser!
ABER, diesen Blog betreibe ich zu meinem und hoffentlich auch für einige interessierte Menschen zum reinen Vergnügen. D. h., ich sehe mich in keinster Weise irgendwie verpflichtet eine Rezension über einen Tonträger zu schreiben, wenn mir dessen Inhalt - also die Musik oder die Texte - nicht zusagt.
ODER aber es kommt sogar noch schlimmer für euch und ich zerpflücke den mir ans Herz gelegten Künstler in der Luft. ABER keine Angst, das kommt selten vor, denn in erster Linie möchte ich gute Musik verbreiten und nicht vor schlechter warnen - obwohl, wenn ich an die mir zugesandte Haudegen-CD denke ... ABER lassen wir das lieber, sonst wird mir schlecht. Wer diese ABER und ODER nicht akzeptieren kann, darf mich "gerne" aus seiner Verteilerliste streichen.
AUCH lese ich gerne die zahlreichen Newsletter, aber bitte nur, wenn ich mich auch wirklich für diesen angemeldet habe oder per Email bei mir die Erlaubnis eingeholt wurde. Bescheuert finde ich allerdings, wenn der gleiche Newsletter zum xten Male in meinem Postfach landet. Es kann dann leider passieren, dass mir irgendwann die Hutschnur reisst und ich den Absender blockiere, was wiederum sehr schade ist, wenn im nächsten Newsletter das potentielle The Next Big Thing im Mülleimer landet.
NEIN, meine Zeit erlaubt es mir nicht, auch noch ein Feedback per Email zu geben oder euch gar mit einem Link zur Rezension zu versorgen. Schaut doch einfach mal im Blog vorbei und freut euch, wenn ich einen eurer Künstler für erwähnenswert erachte.
SORRY, wenn ich nicht jeder Band, die sich direkt an mich wendet, Feedback gebe. Ich bin eine One-Man-Show und habe leider am Tag nur 24 Stunden zur Verfügung. Ich höre aber immer kurz rein und falls meinen vielbeschäftigten Ohren zusagt, was sie hören, seid ihr irgendwann dabei. Versprochen.
PRINZIPIELL bin ich für fast alle Genres zu haben. Die eine große Ausnahme ist Schlager und die andere stupide Dancefloormucke. Besondere Liebe empfinde ich für Indie- und Alternative-Musik, was man im Blog ja auch unschwer erkennen kann. Zarte liebevolle Bande hege ich in Richtung Electro und auch das ein oder andere Heavy-Konstrukt vermochte mich schon zu überzeugen. Je älter ich werde, desto besser finde ich mich in Jazz und Country zu Recht und auch Reggae und Dub dürfen ab und an auf meinen Drehern rotieren. Dann wäre da noch Klassik. Kommt schon mal auf den Teller, aber um dazu meinen Senf abzugeben, fehlt es mir sicher an der nötigen Kompetenz.
APROPOS Kompetenz. Nein, ich bin selber kein Musiker, sondern nur Musiksüchtiger, dies aber schon seit frühester Jugend. Mein Credo: "Gute Musik erkennt man am Geschmack und über Geschmack lässt sich nicht streiten". Virtuosität in der Musik ist schön, für mich aber nur ein Nebenkriterium. Musik muss mich treffen. Ins Herz. Mit voller Wucht in den Bauch. Oder gerne auch ins Hirn.
SORRY, das klingt jetzt alles ziemlich arrogant, wenn ich es mir so durchlese, ABER eigentlich will ich doch nur klarstellen, dass dieser Blog absolut unabhängig ist und bleibt, dass ich mir gerne ständig neue Dinge anhöre, aber die Zeit einfach begrenzt ist, und dass ich die Zeit, die ich habe, für das Schreiben benötige.
Ö
Wieso "Ö"? Nach einem Konzert der Türen im King Georg in Köln verkaufte die Band Plakate mit Buchstaben. Leider war ich etwas spät am Stand und konnte mir nur noch ein "Ö" ergattern. Ich kam mit einem "Ä" ins Gespräch und wurde danach zum "Ö". So spielt das Leben!
Das erste Album der Französin mit der exquisiten Abstammungslinie (s. Wikipedia) erschien 2012 und ist seitdem für mich zu einer echten Größe geworden.
Besonders an kräfteschöpfenden Sonntagen, wo mein Zustand nahe an einer Leichenstarre grenzt und ich das Sofa nur mit erbittertem Widerstand verlasse, ist mir "Places" ein treuer Begleiter geworden. Weil Doillons Stimme wärmender ist als ein wohlig knisterndes Kaminfeuer, sanfter als ein Kashmirschal auf nackter Haut und kuscheliger als mein Kater im Winter.
In ihrem Heimatland, der Schweiz und Belgien schaffte es LOU DOILLONmit ihrem ersten Album spielend in die höheren Chartspositionen, aber in Deutschland unverständlicherweise Fehlanzeige. Man könnte es noch verstehen, wenn Lou ihre zarten Gebilde zwischen Pop und Chanson auf französisch singen würde, aber dem ist nicht so, denn Doillon singt fast ausnahmslos in englischer Sprache und dies sogar relativ akzentfrei ;-).
Als ich dann im Vorfeld der Veröffentlichung erfuhr, dass das neue Album "Lay Low" in Coproduktion mit Taylor Kirk, dem knurrigen Leadsänger der kanadischen Band Timber Timbre entstehen sollte - einer von mir seit dem Rolling Stone Weekender 2014 (s. RSW 2014) ebenfalls sehr geschätzten Band - fieberte ich dem Release des Albums entgegen wie ein 5-Jähriger dem Gabentisch am Heiligen Abend. Und jetzt geht's ans Auspacken:
01. "Left Behind": Ein unglaublich eleganter Song. Ein wohltemperiertes Klavier und die rauchig zarte Stimme von Lou verschmelzen zu einer Herbstballade par excellence.
02. "Above My Head": Hier merkt man erstmals eindeutig die Handschrift von Taylor Kirk, weil sich zur gewohnt melancholischen Note eine ordentliche Dose Wut in Form einer schimpfenden Gitarre gesellt.
03. "Where To Start": Auch hier steckt eine Menge von Timber Timbre drin, allerdings nicht das aufbrausende, sondern der sanft groovende Rhtymus, der natürlich ganz vorzüglich zum Gesang von Madame Doillon passt.
04. "Nothing Left": Von den Zutaten in etwa die Verschmelzung aus Song Nummer 2 und 3 und dazu noch eine staubtrockene Prise Wüsten-Desperado-Flair.
05. "Lay Low": BluesRock im Slow-Motion-Modus, der sich im Refrain würdevoll an den Pop schmiegt. Das Konzept, die Songs mit feiner Gitarrenparts zu durchsetzen, setzt sich fort und passt ausgezeichnet.
06. "Weekender Baby": Nur die akustische Gitarre und ein tiefer verhaltener Bass zu einem Song, der klingt wie ein Abzählreim für Folk-Fans.
07. "Let Me Go": Wirklich verdammt stilsicher, was das Duo Taylor & Lou abliefern! Natürlich auch bei diesem stakkatoartigen Song mit anfangs minimalistischem und später groß aufspielendem Arrangement.
08. "Good Man": Weiter geht es durch die Wüste. Dieses Mal auf sehnsuchtsvollen Pfaden und mit einer cinemaskopischen Hookline. Erinnert sich noch jemand an das wunderbare Kollaborationswerk "The Ghost Who Walks" zwischen Jack White und seiner damaligen Frau Karen Elson? War ja auch ein Modell. Lou Doillon scheint mit Taylor Kirk ihren Jack White gefunden zu haben!
09. "Worth Saying": Etwas flotter und poppiger. Erinnert vom Beat und vom Gesang etwas an den Hit "IOU" vom ersten Album. Sehr schöne Schweineorgel, ein tief brummender Bass und Lou quäkt einfach zauberhaft.
10. "Robin Mille": Jetzt macht die Französin auch noch Lana Del Rey Konkurrenz! Ich schmelze ...
11. "So Still": Country-Blues-Ballade für den letzten Rest im Whiskyglas. Grandios!
Ein Album wie geschaffen für eine nebelverhangene Nacht im trüben November. Sogar so gut, dass man sich wünschte, dieser ungeliebte Monat würde sich bis zur Ewigkeit strecken.
Sich donnerstags nach einer bisher ziemlich bescheidenen Woche mit zwei Niederlagen des Lieblingsfußballteams und jeder Menge Scheiß, die kein Mensch braucht, zu einem Konzert aufzuraffen, wenn man am nächsten Tag vor Sonnenaufgang malochen gehen muss, ist keine leichte Übung.
Damit ich meinen inneren Schweinehund besiegen kann, gibt es aber die Ticketvorbestellung und gute Freunde, die einen ggf. in den Arsch treten. Für diesen Abend war zwar ein kleiner Würgegriff für den Schweinehund nötig, aber kein Arschtritt, schon gar nicht als ich sah, dass EZRA FURMAN & seine Boyfriends zu seinem Gig, die von mir ebenfalls sehr geschätzte Band THE BLOOD ARM, als Support mitbringen würde.
Wem der Name The Blood Arm nichts sagt, dem sei versichert, dass er wahrscheinlich schon in irgendeiner Indie-Disco dieser Welt auf einen Song der Band getanzt hat - bestenfalls auf "The Chasers".
Die unverwüstliche V., das hüpfende Yps und meinereiner sind direkt zur Einlasszeit am Blue Shell und die Dame dort versichert uns, dass wir heute auf jeden Fall die Jacken an der Garderobe abgeben sollten, denn es würde voll werden. So soll es sein und alles andere hätte mich nach dem großartigen, im Musikexpress sogar zum Album des Monates gekürten Werk "Perpetual Motion People", zutiefst verwundert.
Ziemlich pünktlich um 20:30 beginnt die Show. The Blood Arm, ursprünglich aus L. A., aber seit 2012 in Berlin ansässig, entern die Bühne. Sänger Nathaniel Fregoso trägt schwarze sehr enge Kleidung. Die Jeans lässt Tragegewohnheiten erkennen und der geschlossene oberste Hemdknopf scheint innerhalb der nächsten Sekunden einen Stage-Dive ins Publikum wagen zu wollen.
Aber nicht nur der Frontmann, auch der Rest der Band bietet Anreize fürs Auge. Keyboarderin Dyan Valdes ist in ein hautenges kurzes goldenes Cocktail-Kleidchen eingenäht und Schlagzeuger Matt Wheeler trägt einen krausen langen Bart in Catweazle-Tradition. Die Männer an den Gitarren sind visuell die unscheinbarsten, allerdings entpuppt sich der Bassist im Laufe des Konzerts als meist Lächelnster und Gutgelauntester seiner Art.
Da ich nur im Besitz von zwei, "Lie Lover Lie" (2006) und "Infinite Nights" (2013), der vier Alben umfassenden Diskographie der Band bin, werde ich es, zum Ärgernis aller Fakten-Fetischisten, nicht hinbekommen, die Setlist zu memorieren, sondern versuchen, den Auftritt einfach als das zu würdigen, was er war, nämlich eine rundum gelungene, höchst unterhaltsame Rock'n Roll-Show.
Obwohl, wie schon erwähnt, auch die anderen Bandmitglieder über enorme Bühnenpräsenz verfügen, ist der Fixpunkt des Geschehens der immer agile, tänzerisch extrovertierte Sänger Nathaniel Fregoso. Dieser Mann ist der geborene Entertainer und erinnert mich nicht selten an den Gott der Posen, Herrn Morrissey! Die Songs sind meist relativ einfach gestrickt und sehr rhythmisch, so dass man selbst unbekannte Nummern, dank der smashigen Refrains, unverzüglich mitsingen kann. Es spielt also überhaupt keine Rolle, ob man mit dem Reportoire der Band vertraut ist, der Spaßfaktor liegt automatisch bei 100%.
Ein Highlight des Abends ist, als die Cleopatra des Rock'n'Roll hinter den Keyboards hervortritt und "What Kind of Animal R U?" ins Mikro säuselt. Gute Frage. über die ich noch etwas grübeln muss. Der Song ist nigelnagelneu und wird auf dem im Februar 2016 erscheinenden Album "Kick ‘em in the Sunglasses" zu finden sein.
Wenn sich da noch mehr solche Perlen verstecken, darf man sich auf das fünfte Album der Band, das, wie es auf der Homepage der Band heißt, sich verbindlich dem Band-Manifest "Sex, Rock & Roll, Literature!" verschrieben hat, äußerst gespannt sein. Ich zitiere: Es soll sich um eine unerschrockene Reise durch das Berliner Nachtleben handeln, mit Texten so heiß wie eine brennende Bibliothek :-).
Heiß ist es auf jeden Fall schon heute Abend, so heiß, dass Nathaniel Fregosos schwarzes Hemd mittlerweile klatschnassgeschitzt ist - aber der Knopf noch immer hält! "The Chaser" wird heute leider nicht gespielt, aber "Infinite Nights" erklingt für alle närrischen Verliebten und zum Schluss gibt es natürlich mit "Suspicious Character" den großen Hit der Band. Und alle Herren singen mit: "I like all the girls, and all the girls like me.".
Flux neues Becks am Tresen einholen, den Schweiß bei einer Zigarette im Freien verdampfen lassen und fertig machen für das Finale mit Ezra. Wird er wohl im Kleidchen auftreten? Trägt er das Chanel-Jäckchen aus dem Video zu "Restless Year"?
Um die Spannung zu erhöhen, ist vor der Bühne ein Vorhang zugezogen, so dass man nur mutmaßen kann, wie der 29-jährige Songwriter aus Chicago heute seine feminine Seite ausleben wird. Aber dann wird der Schleier gelüftet und Ezra zeigt sich in einem rot-weiß gestreiften Damentop mit Perlenkette um Hals und Handgelenk, knalligem roten Lippenstift und grau-meliert gefärbten Haaren. Im Damen-Business-Zweiteiler wäre eine politische Karriere in diesem Outfit durchaus möglich.
Aber keine Angst, Herr Furmans Persönlichkeit widerspricht in allen Punkten dem von ihm gerne gewähltem traditionellem Kleiderstil. Seit fast 10 Jahren agiert dieser spleenige extravagante Kauz mit der schrägen Stimme im Musikbusiness. Drei Alben veröffentlichte er von 2007 bis 2011 unter dem Namen Ezra Furman and the Harpoons, ehe er 2012 sein Solo-Debüt "The Year of no Returning" veröffentlichte. Dann entschloss sich Ezra aber wieder eine Band um sich zu sammeln und musiziert seit 2013 und dem Album "Day of the Dog" mit seiner Begleitband den Boyfriends.
All dies ging erstaunlicher Weise völlig an mir vorbei, bis der Musikexpress im Juli diesen Jahres "Perpetual Motion People" zum Album des Monats ernannte. Seitdem arbeite ich daran, mich mit Begeisterung durch die vorher veröffentlichten fünf Alben zu hören und wie oft das blaue Vinyl des aktuellsten Werks bereits auf meinen Dreher seine Kreise drehte, wage ich nicht zu beziffern. EZRA FURMAN & the Boyfriends beginnen das Set mit "Anything can happen" vom 2012er Album. Ein Song mit einer wunderbaren Aussage für einen Konzertbeginn, sehr gutgelaunt, mit Hand-Claps und Saloon-Klavierklängen, irgendwo zwischen Rocky-Horror-Picture-Showund Violent Femmesanzusiedeln. Spätestens bei "At the Bottom of the Ocean" fällt mir auf, dass die Stimme von Ezra live viel kratziger klingt als auf Platte, deutlich weniger weiblich, sondern viel mehr nachBob Dylan!
Ezra und seine Boyfriends haben sichtlich Spaß auf der Bühne und der Bandleader ist geradezu hingerissen vom ausverkauften Blue Shell und speziell von der Größe der Location. Sein letztes Köln-Konzert fand im schnuckeligen winzigen King Georg statt und ich bin mir sicher, der nächste Köln-Gig wird wahrscheinlich im Gebäude 9 oder einer ähnlich großen Location stattfinden. Wäre auch okay, aber bitte niemals nie die verfluchte Lanxess-Arena.
Mit einem Feuerwerk aus immer leicht schrägen Songs mit witzigen, charmanten, ironischen und unorthodoxen Texten verzaubert Ezra badend in sinnlicher Lust am Spiel das Publikum. Wohl wahr, was das begeisterte Yps mehrfach anmerkt: "Dieser Typ ist echt ein helles Köpfchen".
Natürlich, ist Ezra
irgendwie drüber, sehr spleenig und andersartig, aber, obwohl ich mir
nicht sicher bin, ob er sogar irgendwelche Substanzen konsumiert hat,
strahlt er in seinem Tun eine unglaubliche Klarheit und Fokussiertheit
aus. Ezra ist ein Bühnen-Junkie! Aber im Vergleich zu anderen
Rock'n'Roll-Animals wirkt er wie einer, der über den Dingen steht, den
einfach nichts daran hintern kann, seine Botschaft von guter Musik unter
das Volk zu bringen.
Und seine Musik, sein aufmüpfiger genreübergreifender IndiePop, ist gut. Verdammt gut! Bestes Beispiel "Haunted Head". Die Melodie ist hinreisend, erinnert an große Momente von David Bowie, bleibt aber unverkennbar ein echter Furman-Song
und wie so oft ist es auch bei diesem Lied das Saxofon, das dem
Arrangement eine schwelgerische melancholische Note verleiht. Besonderer Applaus
gilt an diesem Abend dem Herrn am besagten Blasinstrument, der mit vollem
Körpereinsatz das Saxofon mit Leben füllt.
Irgendwann hat Ezra dann die Grenze der zulässigen Höchsttemperatur erreicht und verzückt überraschenderweise die Damenwelt damit, dass er kurzerhand sein Top entsorgt, um mit blanker Brust - ich verkneife mir aus Respekt die Bezeichnung Hühnerbrust - in die Saiten zu greifen. In einem der vergangenen Konzertberichte erwähnte ich ja, dass mein treuer, heute leider nicht anwesender Konzertbegleiter C. auch kein Typ ist, der durch Körpermasse auf sich aufmerksam macht, aber gegen Ezra ist C. ein Fleischberg!
Und sind hier Leser anwesend, die sich an Nenas ersten Fernsehauftritt in Minirock erinnern? Stichwort Achselbehaarung? Ja, auch Ezra hält nicht viel vom derzeitigen Trend, der Körperbehaarung den Garaus zu machen.
Für alle, die Äußerlichkeiten nicht interessieren und die nach Songstiteln gieren: "I Wanna Destroy Myself" und "Day of the Dog" sind live genauso amazing wie auf Tonträger, und "The Mall" klettert in der Liste meiner liebsten Ezra-Songs durch den heutigen Auftritt deutlich nach oben. Richtig hin und weg bin ich, wie gefühlvoll und eindringlich Furman das Liebeslied "Bad Man" live darbietet.
"My heart's been misfiled by the U.S. Postal Service. All these people with their expectations make me so nervous. And people like them could never be like people like you.
You're too bright for me, I'm too dumb for you In the night I see your face in the moon. You're the one who stands rock-solid in the shifting sands And I'm a bad, bad man with a place in my heart for you."
Fast hätte ich eine kleine Eskapade am Rande vergessen. Wie beschrieben ist Ezra eigentlich ein Typ, der auf der Bühne voll in sich ruht, so überspielte er beispielsweise lässig die mehrfachen Rufe nach seinen alten Hit "Take Off Your Sunglasses" aus den Zeiten mit den Harpoons, aber im Blue Shell schaffte es ein Fan dann doch den Zeremonienmeister kurzzeitig aus der Fassung zu bringen. Was war passiert? Am Ende eines Liedes reichte eine ziemlich junge Dame dem verdutzten Ezra einen goldenen Ring. Der Gesichtausdruck des Sängers, der derartige pubertäre Liebesbekundungen auf der Bühne wohl eher nicht gewohnt ist, ähnelte in etwa dem Gesichtsausdruck eines Eichhörnchens, das mitten in das Aufblendlicht eines Autos starrt.
Die Zeit vergeht wie im Sturzflug und als Ezra & die Boyfriends die Bühne verlassen, denke ich wie schön es wäre, wenn eine Arbeitswoche auch mal so zügig von dannen gehen würde. Der Vorhang schließt sich, aber das Publikum hat noch lange nicht genug und fordert stürmisch Zugabe, die auch schon nach wenigen Minuten vom Künstler gewährt wird.
Das Bonusprogramm beginnt mit "Crown of Love" einer Coverversion von Arcade Fire. Einfach zum Niederknieen. Großartig! Ezra will jetzt eindeutig, dass das Publikum seine innerliche Ekstase in die Füße übergehen lässt. Er erhöht das Tempo. Bei "Wobbly" potenziert sich die Zahl der Tänzer und beim Finale Furioso mit "Restless Year" explodiert die Menge und selbst ich alter Knabe hüpfe rempelnd, glücklich und schweißgebadet durch den Raum.
Wow, ich hatte in diesem Monat ja schon zwei exzellente Konzerte mit der Jon Spencer Blues Explosion und mit Glen Hansard, aber dieser Abend ist die Krönung. Was für ein Konzertmonat und jetzt steht auch schon der Rolling Stone Weekender vor der Tür! Muss mir unbedingt Vitaminpillen einpacken!
ABER ein bisschen Schimpfe muss auch sein! Erstens, weil Ezra doch tatsächlich "Can I Sleep In Your Brain?" nicht gespielt hat und zweitens, weil am Merchandisestand zu wenig Vinyl vorhanden war, so dass mir die unverwüstliche V. doch tatsächlich die letzte "Day of the Dog" vor der Nase weggeschnappt hat - aber es war ja für einen guten Zweck ;-).
Definitly see you again Ezra! Thank you for this wonderful evening.