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Freitag, 28. April 2017

NEW SONGS Vol. 154: THURSTON MOORE / Cease Fire ... THE STEVENSON RANCH DAVIDIANS / Holy Life ... CARAVANE / Démons ... DION LUNADON / Fire


THURSTON MOORE / Cease Fire

Es braut sich etwas zusammen im Hause Moore! Es hört sich ganz so an, als hätte, der Ex-Sonic Youth-Frontmann wieder richtig Bock auf scheppernden NoiseRock.

Der erste Appetithappen, "Cease Fire" vom heute erscheinenden Album "Rock n Roll Consciousness" war schon vorzüglich und die beiden letzten Teaser lassen meinen Blutdruck weiter steigen. Die Rückbesinnung des Herrn Moore zum Rock 'n' Roll muss gefeiert werden ... lege mal eben "Goo" auf ;-).






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THE STEVENSON RANCH DAVIDIANS / Holy Life

Psychedelischer FolkRock geht doch immer? Aus dem Dunstkreis von The Brian Jonestown Massacre, genau genommen teilt man sich sogar ein Bandmitglied (Gitarrist Rob Campanella), kommt die Band THE STEVENSON RANCH DAVIDIANS - und bei der Entstehung der Bandnamen hat man bestimmt auch die Köpfe zusammengesteckt.

Ziemlich hypnotischer Sound den "Holy Life" in einer Art meditativer Dauerschleife verbreitet. Im Juni soll das erste Studioalbum seit 2009 mit dem Namen "Amerikana" veröffentlicht werden. Mastermind Dwayne Seagraves verspricht eine musikalische Aufbereitung der mythologisierten psychedelischen Kultur Südkaliforniens, einhergehend mit der Schwerpunktthematik "Das Individuum ist der einzig wahre Gott".




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CARAVANE / Démons

JA, ich höre schon auch mal gerne über die Grenzen in unser großes Nachbarland und NEIN, das sehr schöne, aber auch etwas sexistische Cover, ist nicht der Grund, weswegen ich die Band CARAVANE aus, NEIN eben nicht Frankreich, sondern Kanada (Quebec), hier vorstelle. Es ist die leicht verruchte Stimme von Sänger Dominic Pelletier und die wunderbare bluesige Gitarre die rumheult, als gäbe es kein Morgen mehr.

Obwohl das Quartett französisch singt, erinnert mich Stil, Gesang und Songwriting bei "Démons" an die leider nicht mehr existierenden Madrugada aus Norwegen.

Der Song "Démons" stammt vom 2016 erschienenen Album "Fuego" und der düstere, aber in der Ästhetik auf Hochglanz getrimmt, Videoclip visualisiert eine nächtliche Begegnung zweier Seelen.




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DION LUNADON / Fire

Achtung, der Song "Fire" zündelt nicht erst langsam rum, sondern brennt direkt lichterloh.

Hinter dem an Suicide und den Gun Club erinnernden Stück, steckt der Neuseeländer DION LUNADON, Bassist bei den New Yorker NoiseRockern A Place To Bury Strangers, der am 9. Juni das Release für sein Solo-Debütalbum auf dem Label Agitated Records angekündigt hat.

Neben dem Sound-Feuerwerk dürften auch Cineasten ihre helle Freude an dem Clip haben, der aus diversen skurrilen Filmausschnitten ziemlich genial zusammengebastelt ist. Burn Baby burn!

Dion Lunadon - "Fire" from dionlunadon on Vimeo.

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Mittwoch, 26. April 2017

THE RAVEONETTES / 2016 Atomized

2016 war, da sind sich die meisten Menschen wohl einig, ein ganz besonderes Jahr – besonders beschissen. Und wie das in Krisenzeiten nicht unüblich ist, wachsen in einer solchen Umgebung Künstler gerne über sich hinaus. 

 

Ein Beispiel für eine gelungene Krisenaufarbeitung lieferte am 24. Februar Hanni El Khatib mit seiner Song-Collection "Savage Times Vol. 1-5".

Auch das dänische Garage NoisePop-Duo THE RAVEONETTES veröffentlichte im zurückliegendem Jahr jeden Monat einen Song und brachte nun als 8tes Studioalbum diese Liedersammlung unter dem Namen "2016 Atomized" in die Plattenläden.


Die Kollektion beginnt mit einem waschechten SynthPop-Ohrwurm namens "This World Is Empty (Without You)", dessen Refrain man schon nach dem ersten Hören die nächsten 2 Stunden vor sich hersummt. Ziemlich wenig Noise, aber ziemlich viel 80s-Flair.

Der Februar-Song "Run Mascara Run", beginnt mit einer zärtlichen Knisterwolke und schunkelt sich dann in eine verwunschene Noise-Schlaflied-Ballade. Außergewöhnlich und schön.



"Excuses" ist ein Patchwork-Song bestehend aus DarkWave-, RNB- und  DreamPop-Elementen, dazu kommen alle möglichen und unmöglichen Soundeffekte, ungewöhnliche Tempiwechsel und die betörende Stimme von Sängerin Sharin Foo.

Mit "Junko Ozawa" verschärfen The Raveonettes das Tempo und auch die Noiseattacken. Die von der Band oftmals als große Vorbilder angeführten The Jesus and Mary Chain klingen im treibenden Beat deutlich durch. Die Richtung ins dunkle Herz des Noise Pop bleibt auch bei "Scout" erhalten. Wie viel kreative Ideen in diesen 4 Minuten und 12 Sekunden stecken, ist schier unfassbar.



Dann wird der Raschel-Knister-Pop etwas zur Seite gepackt und die Gitarren dürfen bei "Won't You Leave Me Alone" rocken - natürlich nicht ohne Verzerrung - ehe "Where Are Your Wild Horses " da anschließt, wo der Januar-Song aufgehört hat.  

"A Good Fight" beginnt wie eine krawallige Ty Segall-Nummer, bricht aber immer wieder mit einer Klaviersequenz, die an "Jeanny" von Falco erinnert - aber natürlich auch durch den Häcksler gejagt wurde.



Entgegen dem Songtitel "This Is Where It Ends" ist der September-Song nicht das Ende. Es klingen die Geigen im Albtraum-Streicher-Himmel. Wer ruhig träumen will, liegt falsch. "Choke On Love" klingt, als hätte man einen karibianischen Calypso-Musiker unter Speed gesetzt und im Oktober auf Island ausgesetzt. Verrückt diese Dänen!

Im November entführen uns Sune Rose Wagner und Sharin Foo in den Weltraum. Der ist aber nicht still und leise, sondern eine ins unendliche anschwellende Hymne, zu der wahrscheinlich alle existierenden Sonnen des Universums kollabieren könnten. Wem "Fast Food" aber noch nicht monumental genug ist, der bekommt mit dem Dezember-Song "Pendejo" zum krönenden Abschluss einen 12 Minuten dauernenden instrumentalen Noise-Trip verpasst. Meine Frau würde sagen: "... nahe an der Körperverletzung". Ich liebe es.



The Raveonettes gelingt mit ihrer Liedsammlung zum Jahr 2016 ein Anti-Album auf höchstem musikalischem und vor allem sehr abwechslungsreichem Niveau und wer sich näher mit den Lyrics beschäftigen möchte, dem sei verraten, dass es zu jedem einzelnen Song ein Lyric-Video gibt.

Tracklist:
01 This World Is Empty (Without You)
02 Run Mascara Run
03 Excuses
04 Junko Ozawa
05 Scout
06 Won't You Leave Me Alone
07 Where Are Your Wild Horses
08 A Good Fight
09 This Is Where It Ends
10 Choke On Love
11 Fast Food
12 Pendejo

Montag, 24. April 2017

BIRDSWORTH Made My Day! Treat you good!

 

BIRDSWORTH
Homepage: https://birdsworth.bandcamp.com/
From: London, Great Britain

 

Montag! Damit ist eigentlich ALLES gesagt. Um die Wiedereinstiegsschmerzen etwas zu dämpfen, eignet sich hervorragend ein groovender Bass und ein Song mit dem bezeichnenden Namen "Treat you good". Wer will kann die Lockerungsübungen, zu Klängen zwischen Bee Gees und Funkadelic, der Londoner Band mit puerto-ricanischen Wurzeln BIRDSWORTH ja am Arbeitsplatz nachmachen. Könnte sein, dass dann sogar ein Freitag-Feeling entsteht! MADE MY DAY!

Samstag, 22. April 2017

NEW SONGS Vol. 153: BETH DITTO / Fire ... LITTLE PERSON / Solemn Is The Only Word ... BIG THIEF / Mythological Beauty ... BABY GURU / Tell Me What You're Made of


BETH DITTO / Fire

2016 gaben Gossip ihre Auflösung bekannt und so wirklich interessiert hat es eigentlich niemanden mehr, denn nach dem 2009 erschienenen Meisterwerk "Music for Men" war die Luft raus.

Frontfrau BETH DITTO veröffentlichte 2011 ihre erste Solo-EP, aber mehr als ein Achtungserfolg war auch nicht drin. Jetzt will sie es anscheinend wieder wissen und kündigt für den 16. Juni ihr erstes richtiges Solo-Album "Fake Sugar" an.

Der erste Song daraus, "Fire", macht da weiter, wo Gossip aufgehört hat: Beths eindringliche Stimme eingebettet zwischen Rock und Disco. Aber wenn man den Pressemitteilungen glauben darf, geht Beth auf "Fake Sugar" auch neue Wege - wir werden es hören.




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LITTLE PERSON / Solemn Is The Only Word

Eine sehr schön luftige Popnummer haben LITTLE PERSON aus New York mit "Solemn Is The Only Word" auf ihre neue EP "I Feel Fine" gepackt.

Der Vierer, mit den Zwillingsbrüdern Nicky und Max Weinbach als Frontmänner, macht IndiePop ohne großes Brimborium, aber mit Raffinesse, der mich sehr an den kalifornischen Singer/Songwriter Bart Davenport erinnert. Unauffällig auffällig!





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BIG THIEF / Mythological Beauty

Dass BIG THIEF nach ihrem letztjährigen  fulminanten Debüt "Masterpiece", 2017 direkt nachlegen würden, war eher nicht zu erwarten, aber Anfang Juni soll tatsächlich schon der zweite Longplayer "Capacity" in den Läden stehen.

Die erste Kostprobe des Albums heißt "Mythological Beauty" und ist eine verhaltene Ballade, bei der sich Sängerin und Songwriterin Adrianne Lenker stimmlich sehr zurückhält. Deutlich mehr DreamPop als IndieRock, sehr gefällig, aber es fehlt das Charakteristische für Big Thief-Songs, ein Schlenker, ein Ausbruch, etwas Unerwartetes.

Hoffen wir, dass nach dem erfolgreichen Debüt sich die Band nicht zu schnell in die Pflicht hat nehmen lassen.




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BABY GURU / Tell Me What You're Made of

Wie unschwer am Cover zu erkennen ist, veröffentlichte die Band BABY GURU aus Griechenlands Hauptstadt soeben ihr viertes Album.

Normalerweise hält sich die vierköpfige Band um Sänger Prins Obi im Bereich Alternative und PsychedelicRock auf, aber auch wenn beim beschwingt melancholischen "Tell Me What You're Made of" noch leichte Tendenzen ihrer musikalischen Heimat zu hören sind, so ist das Stück doch eine luperreine IndiePop-Nummer UND ein echter Ohrwurm!




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Freitag, 21. April 2017

THE JESUS AND MARY CHAIN live im Paradiso in Amsterdam (19.04.2017)

Location: Paradiso, Amsterdam
Date: 19.04.2017

 

Reden wir nicht lange um den heißen Brei, meine Frau, die mich zum Anlass meines runden Geburtstages in die niederländische Hauptstadt entführte, fand das Konzert der schottischen NoiseRock-Helden THE JESUS AND MARY CHAIN, ich zitiere, "Einfach nur schrecklich ... und am Rande der Körperverletzung.

Ich alter, Krach gewohnter Haudegen, fand es einfach nur ziemlich großartig. Darin lässt sich doch ziemlich gut erkennen, wie subjektiv so ein Konzertbesuch ist und dies sogar, wenn er unter den gleichen Rahmenbedingungen stattfindet.

Die Rahmenbedingungen waren insofern identisch, als dass wir den ganzen Tag in der bezaubernden City von Amsterdam zu Fuß die verschiedensten Sehenswürdigkeiten abgeklappert hatten, nur kurz im Appartement Luft holten und uns dann direkt - wieder zu Fuß - auf den Weg in den Kultclub, das Paradiso, aufmachten. Die Füße waren also platt und der körperliche Fitnesszustand in etwa so, als hätte man die ganze Nacht zu Songs von Rage against the Machine getanzt, als wir in der Weteringschans pünktlich um 19:30 zum Einlass eintrafen. Erstaunlicherweise hörte man schon Gitarrenklänge aus dem Innenraum, als wir noch an der Garderobe standen, weswegen nicht viel Zeit blieb, um den Vorraum genauer zu erkunden.

Betritt man die heiligen Rockhallen, hier hat ja nun wirklich so ziemlich jede Band gespielt, die sich in die Geschichtsbücher des Rock'n'Roll eingetragen haben, ist man doch ziemlich beeindruckt. Der Innenraum der im neuromanischen Stil erbauten ehemaligen Kirche, in deren Chorraum die Bühne platziert ist, gleicht durch die Oberränge auf zwei Etagen einem römischen Amphitheater. Ein bisschen müssen sich die Künstler, die hier auftreten, wie Gladiatoren fühlen.

Der Laden beginnt sich gerade erst zu füllen, aber drei ziemlich sexy aussehende Ladies und ein Herr am Schlagzeug, THE VAN T's, sind bereits auf der Bühne zu Werke. Das Quartett stammt aus Glasgow, also aus der Heimat von TJMC, überzeugt aber mehr in visueller als akustischer Hinsicht. Die Vorbilder der Band sind ganz sicher die beiden Herren, die wenig später auf der Bühne erscheinen, aber es hapert erstens am Gesang der beiden Schwestern Chloe und Hannah Van Thompson und vor allem in Punkto Songwriting liegt die Band meilenweit hinter ihren Vorbildern. Zwei bis drei Songs sind aber durchaus gefällig, besonders "Blood Orange" kann sich live durchaus hören lassen. Kurz nach 20 Uhr ist Schluss für die Vorband, jetzt heißt es warten auf die Helden.



Dass die Helden, eher meine und nicht die meiner Frau sind, dürfte der ein oder andere schon erahnen. Wenn ich meine Liebe nach der musikalischen Schnittmenge ausgesucht hätte, was ein guter Freund, dessen Namen ich hier explizit nicht nenne, unumstößlich findet, wäre ich sicher nicht mit meinem holden Weib zusammen. Ich halte es also eher mit der Regel "Gegensätze ziehen sich an" und bin zutiefst dankbar, dass sie sich trotzdem mit mir zu diesem Konzert begeben hat, bei dem naturgemäß ein ziemlicher Überschuss an männlichen, nicht mehr ganz taufrischen Gästen herrscht.

Um 20:45 wabert eine Überdosis Nebel über die Bühne und The Jesus and Mary Chain betreten in fünköpfiger Besetzung die Bühne. Im blauen Licht und den Nebelschwaden lässt sich nur wenig erkennen, als es mit dem Opener "Amputation" vom grandiosen neuen Album "Damage and Joy" los geht. Der Sound sitzt perfekt, die Lightshow mit viel Gegenlicht ist spektakulär und ich frage mich, wie früh man im Paradiso sein muss, um den Logenplatz in der Kanzel auf der ersten Etage gegenüber dem Chorraum zu erhalten.

Auf Facebook hatte ich unter den euphorischen Kommentaren zu den bereits absolvierten Konzerten in England gelesen, dass die Gebrüder Jim und William auch mit alten Klassikern nicht sparen würden und so bin ich nicht verwundert, sondern hoch erfreut, als mit "April Skies" gleich ein Song dieser Kategorie dargeboten wird. Jim bewegt sich im Strobolicht zeitlupenhaft und hält immer wieder in klassischen Rockposen inne - gelernt ist gelernt ;-).



Nach "Head on" folgt "Far Gone and Out" und Jim nuschelt zum ersten Mal irgendetwas ins Publikum. Ich kann kein Wort verstehen, ist aber auch egal, ich geniese einen meiner Lieblingssongs, ein Paradebeispiel dafür, was das Besondere an TJAMC-Songs ist: Viel Noise um eigentlich zuckersüße Melodien, die man oft erst erkennt und zu schätzen weiß, wenn man das Stück mehrfach gehört hat. Mache mir ein wenig Sorgen um meine Frau, die so gut wie keinen Song kennt und wahrscheinlich nur eine Gitarrenwand - durch ihre neuen Ohrschützer - wahrnimmt.

Nach zwei Songs vom meiner Ansicht nach nicht so starken 89'er Album Automatic kommen wieder zwei Stücke vom aktuellen Album. "Always Sad", bei der eine mir unbekannte Blondine die weiblichen Vocals übernimmt, und "Mood Rider" fallen in dieser Klassikerparade überhaupt nicht aus dem Rahmen. Es ist schon erstaunlich, dass der Gig einen homogen Flow aufweist, obwohl zwischen den gespielten Stücken ganze Jahrzehnte liegen.

Nach zwei weiteren alten Stücken ("Teenage Lust" und "Cherry Came Too") ist es endlich soweit, der erste Song vom meisterlichen Debütalbum "Psychocandy" aus dem Jahre 1985 wird gespielt: "The Hardest Walk". Herrlich wie es rumpelt und scheppert und in zahlreichen Köpfen Erinnerungen an vergangene Sturm und Drang-Zeiten wach werden. Danach wieder postwendend zurück in die Gegenwart mit dem treibenden "All Things Pass" und wieder zurück mit "Some Candy Talking". Die reinste Gehirnwäsche, die man hier verpasst bekommt, nur echt große Kacke, dass man auch in diesem Tempel der Rockmusik nicht mehr rauchen darf. Was waren das noch für Zeiten, als der Qualm im Publikum sich mit der Nebelmaschine auf der Bühne ein Duell lieferte.



Mittlerweile spielt die Band knapp 50 Minuten und noch immer hat keinerlei Kontakt zwischen den beiden Stinkstiefel-Brüdern stattgefunden. Der Fokus liegt ganz klar auf Jim und nur ganz selten kann man bei den langsameren Nummern, die etwas weniger in Nebel gehüllt werden, William an seiner Gitarre erkennen - aber auch nur, weil er noch immer eine füllige, wenn auch mittlerweile graue Haarpracht trägt ;-).

Nach "Halfway to Crazy", folgt mit "Reverence" vom 92'er Album Honeys Dead das angekündigte letzte Stück. Sehr fett, sehr überzeugent, auch mit 25 Jahren auf dem Buckel eine herausragende Nummer aus dem Repertoire der Schotten. Es folgt eine Schrecksekunde, ob es das wirklich schon war, weil Roadies auf die Bühne kommen und an die Instrumente gehen, aber dann wird erkennbar, dass nur nachjustiert wird und TJAMC noch nachlegen werden.

Die Zugabe beginnt mit der Ballade "Nine Million Rainy Days", ehe Psychocandy mit einem vier Songs starken Block gewürdigt wird. Die lautesten Freudenrufe erntet dabei "Just Like Honey" und bei "You Trip me up" und "The Living End" beginnt die alte Herrenschaft in der vorderen Reihe doch noch hemmunglos zu poggen. Ich würde gerne, aber ich kann kaum noch stehen nach diesem zweiten Tag in Amsterdam, an dem ich mehr Schritte zurückgelegt habe als in den letzten 3 Wochen zusammen ;-).



Nach "Taste of Cindy" kündigt Jim an, dass er das Konzert mit einem Song vom aktuellen Album beenden möchte und ich hoffe auf "Simian Split", dessen Hookline ich seit Tagen vor mich hersumme und ich schon mit Fake-News rechnen musste, die mich mit dem Tod von Kurt Cobain in Verbindung bringen, aber das Leben ist kein fucking Ponyhof, was TJAMC-Fans definitiv wissen sollten, und so beendet die Band das Konzert mit "War on Peace". Kann ich mit leben :-).

Der Blick zu meiner Frau, die ich ja schon ein paar Jahre kenne, verrät mir, dass es für sie ein harter Abend war, weswegen ich auch keine Anstalten mache, noch etwas im Paradiso zu verweilen. Auf dem Fußmarsch nach Hause fallen dann die Worte, die diesen Konzertbericht einleiden und ich bin mir absolut bewusst, welchen Liebesbeweis ich heute bekommen habe. Danke mein Schatz und keine Angst, mit dem nächsten TJAMC-Album ist erst in frühestens 10 Jahren zu rechnen ;-).


SETLIST
Amputation (from "Damage and Joy")
April Skies (from "Darklands")
Head On (from "Automatic")
Far Gone and Out (from "Honeys Dead")
Between Planets (from "Automatic")
Blues From a Gun (from "Automatic")
Always Sad (from "Damage and Joy")
Mood Rider (from "Damage and Joy")
Teenage Lust (from "Honeys Dead")
Cherry Came Too (from "Darklands")
The Hardest Walk (from "Psychocandy")
All Things Pass  (from "Damage and Joy")
Some Candy Talking (from "Psychocandy")
Halfway to Crazy (from "Automatic")
Reverence (from "Honeys Dead")



Zugabe:
Nine Million Rainy Days (from "Darklands")
Just Like Honey  (from "Psychocandy")
You Trip Me Up (from "Psychocandy")
The Living End (from "Psychocandy")
Taste of Cindy (from "Psychocandy")
War on Peace (from "Damage and Joy")



Montag, 17. April 2017

WEINF / Purple Bird And Other Strange Songs

Als erstes wünsche ich dem 22-jährigen WEINF aus Barcelona weiterhin gute Besserung. Leidensgeschichten in Künstlerbiographien sind nicht selten, aber dass jemand unter Chemobehandlung  zwei Alben herausbringt, ist schon ungewöhnlich und zollt größten Respekt. Zur Zeit geht es ihm nach eigener Aussage wohl gut und damit auch genug der Worte über das persönliche Schicksal des jungen Mannes und nun zu seiner Musik.


Bei dieser Vorgeschichte  wundert es nicht, dass sich der vom Schicksal gebeutelte Weinf für Künstler wie Nick Cave & the Bad Seeds, The Doors und Morphine erwärmt und sicher auch Trost in deren Liedern fand, als er während seiner zweiten Chemotherapie mit den Arbeiten an seinem zweiten Album "Purple Bird and Other Strange Songs" beginnt, welches nun am 3. April 2017 auf Custom Made Music erschienen ist.

Während sein erstes Album mit dem bezeichnenden Titel  "Requiem for myself" sich konzeptionell mit seiner Krankheit und den Folgen beschäftigte, kreist "Purple Bird and Other Strange Songs" um ganz unterschiedliche Themen.

Beim wüstenstaubigen "The Sunset Cave" geht es um ein geheimnisvolles rothaariges Mädchen, welches man besser nicht mit einer Prostituierten verwechseln sollte. Die Nummer wird von Orgelklängen getragen und verzückt durch kleine Gitarreneskapaden. Verblüffend aber ist Weinfs tiefe, verbraucht klingende Stimme, die ich nie und nimmer einem 22-Jährigen zugeschrieben hätte und die mich stellenweise an Andrew Eldritch erinnert. Ein Gesangstalent ist Weinf nicht gerade, aber diese unperfekte Stimme passt exzellent zu den Kompositionen, die sich der Spanier auf den Leib geschrieben hat.

Ein Geistlicher und ein Dieb, die jede Nacht in einer Bar zusammen trinken, sind bei "The Priest and the Thief" die Symbolfiguren für Menschen bzw. Organisationen, die es trotz aller Informationsmedien schaffen, die Welt für ihre Zwecke zu manipulieren. Für den Platzhalter Dieb kann man als Stellvertreter zum Beispiel Banker, Großkonzernbosse, Politiker oder sogar Präsidenten einsetzen -  Beispiele liefert die aktuelle Weltgeschichte ja leider genug. Musikalisch bleibt Weinf auf den Spuren des Alternative Dessert County. Dieses Mal ist es aber nicht die Gitarre, sondern die Keys, die sich kleine Extravagnazen erlauben dürfen.



In Richtung düsteren Jazz geht der elegant groovende Song "Purple Bird and Other Uninvited Guests". Die Thematik dürfte sich jedem schon einmal aufgedrängt haben: Man hat Besuch eingeladen und schon nach wenigen Minuten fragt man sich warum.

"The Absence of a God Has Made Me Free" knüpft im Prinzip beim zweiten Song an, denn auch Götter sind große Manipulatoren. Der "Befreiungssong" ist eine der rockigsten Nummern, bei der die Gitarre scharf zwischen die Zeilen fährt - Befreiung eben. Wäre es nicht großartig, wenn dieser Song ein paar religiöse Eiferer von ihrem Wahn befreien könnte? Ich bin der Meinung, dann wäre die Welt defintiv friedlicher.

Ist "The Finest Woman I Have Ever Met " ein Liebeslied? Es klingt nicht so, zu dunkel, zu laut, aber der Text spricht Klartext und diese Zeilen lassen auch wirklich den Schluss zu, dass der Songtitel nicht aus der Luft gegriffen ist:

"she welcomes me with some wine and pot
“bring your records, set the gramophone”
the perfect host for a night of delight
so was yesterday and will be for a while."

               
Es folgt ein kurzes instrumentales Intermezzo namens "What Are They Up To?", bevor es bei der psychedelisch unterfütterten Ballade "Fishes Swimming in the Sand" wieder gesellschaftskritisch wird. Es geht um die Suche nach einer Zuflucht und dem Gefühl an einem Ort, fehl am Platze zu sein. Das kann man einerseits auf die aktuelle Flüchtligssituation beziehen, andererseits haben sich die meisten Menschen, wenn auch nur kurzfristig, in einer ähnlichen Situation befunden - und wenn es nur die falsche Party war.

"Kafka On The Shore" basiert auf einem Gedicht aus dem gleichnamigen Buch des japanischen, mir bisher unbekannten, Schriftstellers Haruki Murakami. Der Protagonist des Gedichtes Kafka Tamura sitzt auf einem Stuhl an der Küste und beobachtet seltsame surrealistische Untergangsszenarien - natürlich zu dunklen klaustrophobischen Klängen.

Das jazzige, nur knapp anderthalb Minuten lange "Preludio" besticht durch das Saxofon, für das Weinf Dana Colley (Ex-Morphine) gewinnen konnte und führt zum bestgelaunten Song des Albums. Bei "Basement" feiert Weinf den Kellerraum seines Freundes, in dem er wohl schon einige schöne, gerne auch angetrunkene Stunden verbrachte. Es kann schön sein im Dunkeln!

Die leicht ausgelassene musikalische Stimmung hält sich auch bei "Carefulness and Other Bad Advice" über weite Strecken, obwohl der Song das mutmaßlich nicht ganz entspannte Verhältnis zu seiner Mutter thematisiert. Aber wer kennt das nicht! So sind Muttertiere nun mal!

Weinf, der seinen Spitznamen, dem ihm Freunde gaben, zu seinem Künstlernamen machte, hat alle Songs selbst geschrieben und in den Akrasonic Studios in Barcelona aufgenommen. Auf Vinyl ist das Album mit dem sehr feinen Artwork von Berta Wallace bisher leider nicht erhältlich, aber für Retro-Fans gibt es zumindest eine limitierte Kassetten-Edition.

Tracklist:
01 The Sunset Cave
02 The Priest and the Thief

03 Purple Bird and Other Uninvited Guests
04 The Absence of a God Has Made Me Free
05 Finest Woman I Have Ever Met
06 What Are They Up To
07 Fishes Swimming In The Sand
08 Kafka On The Shore
09 Preludio
10 The Basement
11 Carefulness and Other Bad Advice



Sonntag, 16. April 2017

BETTIE SERVEET Made My Day! B-Cuz!


 

BETTIE SERVEET
Homepage: http://www.bettieserveert.com/
From: Amsterdam, Netherlands


Frohe Ostern! Da passt nichts besser als das skuril psychedelische Hasen-im-Wunderland-Video der holländischen Band BETTIE SERVEET. Der Song befindet sich auf dem aktuellen Album "Damaged Good", dem 11ten Longplayer der Dauerbrenner der nationalen IndieRock-Szene. Das Quartett besteht aus Carol van Dyk (Gesang und Gitarre), Peter Visser (Gitarre), Herman Bunskoeke (Bassgitarre) und Joppe Molenaar (Schlagzeug). Die ersten drei Mitglieder sind seit Bandgründung dabei und feiern dieses Jahr 25-jähriges Bühnejubiläum. Congratulation!
MADE MY DAY!

Freitag, 14. April 2017

OLD-Shit: THE DØ / A Mouthful (2008)

HERZPLATTENREMEBER THAT OLD SHIT
Kategorie: IndiePop, FrenchPop, IndieRock
Veröffentlichung: 2008

 

Verdammt lange war ich hinter diesem Album auf Vinyl her! Das Debütalbum von THE DØ war in Frankreich ein absoluter Hit, aber in Deutschland nur als Import zu einem horrenden Preis zu bekommen. Selbst bei gelegentlichen Aufenthalten in Frankreich gelang es mir nicht irgendwo "A Mouthful" aufzutreiben, erst als im letzten Jahr das Objekt der Begierde auf einem Gebrauchtwarenmarkt angeboten wurde, konnte ich endlich zuschlagen.

Seitdem ist "A Mouthful", welches aufgrund des MP3-Schicksals etwas in Vergessenheit geraten war, wieder ein ständiger Gast auf meinem Plattenspieler.

Das Album wurde als zweifarbige Doppel-LP veröffentlicht. Die erste Scheibe ist auf weißes Vinyl gepresst mit schwarzem Label und birgt "Aside" und "Beside", die zweite Scheibe ist schwarzes Vinyl mit weißem Label und birgt die "Seaside" und "Decide".

Fleißige Leser dieses Blogs werden meine Lieblingsfranzosen zwar bereits kennen, aber für alle die The DØ noch nicht kennen ein paar Fakten über die Band. The DØ kommen aus Paris, singen aber englisch. Sängerin Olivia Merilathi ist Halbfinnin mütterlicherseits und seit den Leningrad Cowboys weiß der popkulturell geprägte Mensch, dass dieses Völkchen es vermag, verdammt schräge Sachen hervorzubringen.  

Dan Levy, der männliche Part des Duos, ist Filmkomponist und lernte 2005 bei den Arbeiten zum Soundtrack von "Das Imperium der Wölfe" Olivia, die mit ihrem Gesang zu einigen Stücken beitrug, kennen. Olivia mochte den Film nicht sonderlich, aber die beiden finden Gefallen am gemeinsamen Arbeiten und gründen 2007 The DØ.

Der Bandname setzt sich aus den beiden Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen zusammen, ist aber auch die italienische Bezeichnung für den Grundton der Tonleiter und bezeichnet im finnischen, mit dem durchgestrichenen Ø, die Ricke (waidmännische Fachbezeichnung für das weibliche Reh), während es im Norgwegischen für "sterben" steht. Auf anderen Seiten über die Band kann man im Internet lesen, dass The Dø dieselbe Bedeutung haben soll wie das englische Wort "Dough", nämlich viel Kohle, Zaster, Moneten. Mysterium, Mysterium!

Wie man den Bandnamen ausspricht, ist auch so eine Sache. Während man im Dänischen (=Die) wie DÖ ausspricht und im Norwegischen wie DÖR, sprechen es die Finnen als DO aus. Und der Franzose? Hörst du hier, wenn du dann auf das blaue Dreieck klickst. Und jetzt klingt das auch noch wie deux!

Nun aber zum Debütalbum, auf dem das Duo, im Gegensatz zu den beiden bisher nachfolgenden Alben "Both Way Open Jaws" (2011) und "Shake Shook Shaken" (2014), kaum elektronische Klänge einsetzt, dafür aber jede Menge klassisches Musikinstrumentarium.



Das Album "A Mouthful" ist alles andere als nur ein Mundvoll, sondern eher ein ganzer Sack voller toller musikalischer Ideen: Streicherharmonien, verträumte Pianopassagen, flächige Keybordteppiche und vertrackte Knisterbeats gepaart mit einer elfenartigen, sich schier überschlagenden, Stimme.

"Playground Hustle" ist eine Art Marsch mit Kinderstimmenbeschallung. "At Last" demonstriert federleicht, wie eine Gitarre, eine Mundharmonika, ein rumpelndes Schlagzeug und eine ungewöhnliche Gesangsstimme genügen, um den Zauber von guter Popmusik zu entfalten.



Die Hitsingle "On my Shoulder" ist hinreißend und hat höchst gradige Ohrwurmqualität, trotz durchaus vorhandener Ecken und Kanten. Eine akustische Gitarre und Streicher bringen das minimalistische "Song for Lovers" auf den Punkt, ehe "The Bridge is Broken" vorwegnimmt, was The Dø auf ihrem zweiten Album in Sachen Instrumentarium und Rhythmik erforschen werden.



"Stay (just a little bit more)", auf dem Banjo vorgetragen, ist unglaublich charmant, weil Olivia so sanftmütig wie später nie mehr singt und ein Polkarhythmus den Song lässig unterwandert. "Unissasi Laulelet" spielt mit afrikanischen Trommeln und seltsamen Chorgesängen und bei "Tammie" klingen die Handclaps nach Flamengo. Genregrenzen? Für The Dø nicht existent!



"Queen Dot Kong" groovt mit ungewöhnlichen Bläsersätzen und rezitiert dabei, das, leider nicht mehr existente, französische AvantgardePop-Duo  Les Rita Mitsouko. Der Synthi, das Musikinstrument, welches die späteren Alben des Duos maßgebend prägend wird, groovt sich zu klaustrophobischen Klängen im Instrumentalstücke "Coda" ein, um den Boden für das düster melancholische "Searching Gold" zu bereiten.

"When was I last home?" ist eine Klavierballade, die man nicht in einem Stimmungstief konsumieren sollte, so drückt sie auf die Tränendrüse. Wer lange nicht mehr zu Hause war, wird sich sofort auf den Weg machen. Eines meiner Lieblingslieder auf "A Mouthful" ist das sehr schräge "Travel Light" - ein echter geisterhafter Gänsehautmacher der seine Stimmung mehrfach verändert ohne bruchstückhaft zu wirken.

Die rockigste Nummer ist "Aha". Auch hier changiert die Stimmung des Songs dramatisch von locker fluffig bis bedrohlich, sodass man beim ersten Hören kaum einordnen kann, was man da hört - letztendlich ist es aber IndieRock ;-). Den Schlusspunkt setzt das nur 1:14 Minuten lange alptraumhafte "In My Box ".

Ich wage zu behaupten, dass ein solch, eigentlich sperriges, Album wie "A Mouthful" es in Deutschland nie auf den ersten Platz der Albumcharts schaffen würde, deswegen ehrlicher Respekt an unser großes Nachbarland.


TRACKLIST:

Aside

01 Playground Hustle
02 At Last
03 On My Shoulders
Beside
04 Song For Lovers
05 The Bridge Is Broken
06 Stay (Just A Little Bit More)
07 Unissasi Laulelet

Seaside
08 Tammie
09 Queen Dot Kong
10 Coda
11 Searching Gold
Decide
 12 When Was I Last Home     
13 Travel Light
14 Aha
15 In My Box     




Mittwoch, 12. April 2017

FIONN REGAN Made My Day! The Meeting of the Waters!


 

FIONN REGAN
Homepage: http://www.fionnregan.com/
From: Bray, Ireland

 

Das atmosphärisch unglaublich dichte "The Meeting of the Waters" ist die erste Single des am 14.04 erscheinenden gleichnamigen Albums des irischen Singer/Songwriter FIONN REGAN. Ich habe hin und her überlegt. woher ich den Mann im atmosphärischen Videoclip kenne, bis der Groschen fiel! Es ist Cillian Murphy, den Serien-Junkies sicher aus der großartigen britischen Serie Peaky Blinders kennen und Kino-Freaks wahrscheinlich aus Batman Begins oder Inception. Viel Spaß auf der einsamen Fahrt durch die Nacht - müsste heute also eigentlich Made My Night heißen.

Montag, 10. April 2017

TIMBER TIMBRE / Sincerely, Future Pollution [LP]

Der böse Mann brummt wieder. Dabei hatte sich Mastermind Taylor Kirk mit seinen Mannen eigentlich vorgenommen, ein Album mit etwas besserer Laune als gewöhnlich aufzunehmen. Aber wie das Leben so spielt, kam es anders - ganz anders.


"Sincerely, Future Pollution" ist das dunkelste Album, das die Kanadier TIMBER TIMBRE in ihrer 12-jährigen Bandgeschichte aufgenommen haben - und die fünf vorherigen Longplayer sind auch nicht gerade voller überbrodelnder Lebensfreude.

Aber trotzdem ist das 6te Album etwas ganz Besonderes, denn Taylor Kirk, Simon Trottier, Mathieu Charbonneau und Olivier Fairfield begaben sich zu den Aufnahme für das neue Album in ein Schloss (La Frette) in der Nähe von Paris, wo sich seit Beginn der 80er Jahre zahlreiche analoge Synthesizer und vorsinntflutliche Drumcomputer vor der globalen Digitalisierung versteckt halten.

Vom ersten Song an "Velvet Gloves & Spit", der klingt als hätten sich Nick Cave und The Human League für einen Song zusammengetan, prägen diese archaischen Fundstücke den Sound auf "Sincerely, Future Pollution".



Auch stilistisch wagt sich das Quartett auf bisher eher unbeackertes Feld. Folk und Blues sind weiterhin das eigentliche Lebenselixier der Band, aber bei "Grifting" dominiert eine coole funky Grooveline - die man auch aus der Schreibtischschublade von Prince oder Roxy Music hätte ziehen können - die Nummer, was zusammen mit Taylors sonoren Stimme eine atemberaubende Mixtur ergibt.



Es bleibt funky! Beim rein instrumentalen "Skin Tone" flirren die Keys im Science Fiction-Modus. Es klingt nach Art of Noise, aber auch nach einem neuen spooky Theme für Blade Runner.

Wie perfekt Timber Timbre ihren neuen vielfältigeren Sound mit ihrem "alten" Folk & Blues-Gerüst verbinden, demonstriert "Moment". In welche Kategorie soll man dieses Stück einsortieren? PostBlues? DarkSynthiFolk? Who cares, it's magic!

"Sewer Blues" ist das Stück, welches die Band als erstes aus "Sincerely, Future Pollution" veröffentlicht hatte und es ist eindeutig das Stück, welches am wenigsten erahnen lies, welch großen Schritt Timber Timbre in eine neue Richtung gehen würden.



Bei der mit leichten Lationrhythmen unterlegten Ballade "Western Questions" akzentuieren punktuell eingesetzte Perkussionklänge den führende Drumcomputerbeat, während Taylor sehr gefühlvoll ein beschissenes Ende besingt. Alles sehr traurig hier, aber auch sehr schön.

Der Titelsong "Sincerely, Future Pollution" des Albums packt gefährlich dröhnende Maschinengeräusche auf einen monotonen Beat, der von einer Art Dauersirene begleitet wird. Erst zum Ende des Song erklingt Taylors bedrohliche Stimme, eine kurze dramatische Steigerung des Beats, dann ist Schluss - wahrscheinlich Sauerstoffmangel.

Die "Bleu Nuit" ist schon ziemlich Dunkelblau. Sehnsuchtsvoll flirren die Keys und der Beat stolpert mit Unterbrechungen durch die Nacht. Die zur Roboterstimme verzerrte Stimme singt ein trauriges Lied. Erschöpft und hoffnungslos. So würde es vielleicht klingen, wenn Daft Punk den Blues entdecken.

Zum Schluss versöhnlichere Klänge mit der Country-Drumcomputer-Blues-Ballade "Floating Cathedral". Beim ersten Anhören etwas eintönig, entwickelt aber später durchaus seinen eigenen Charme - so ist er halt der charmante böse Mann.

Wer sich dafür interessiert, weswegen Taylor Kirk auf diesem Blog gerne als der böse Mann bezeichnet wird, der darf sich hier tiefer in die Materie einlesen.Und wer die Band, die jetzt auch wieder in Deutschland auf Tour ist, live sehen kann, sollte es unbedingt tun:



Tracklist:
01 Velvet Gloves & Spit
02 Grifting
03 Skin Tone
04 Moment
05 Sewer Blues
06 Western Questions
07 Sincerely, Future Pollution
08 Bleu Nuit
09 Floating Cathedral

Sonntag, 9. April 2017

SUNSQUABI Made My Day! Deluxe! Dexter!


SUNSQUABI
Homepage: https://sunsquabi.com/
From: Boulder (Colorado), USA


Darf eigentlich nur Daft Punk auf DiscoSpaceFunk machen? Quatsch drei Jungs aus Colorado namens SUNSQUABI haben den ElectroFunk mindestens genauso gut drauf. Konnte mich nicht entscheiden, ob "Deluxe" oder "Dexter" die bessere Nummer ist - gibt es heute am sonnigen Sonntag halt gleich zwei Gute-Laune-Songs. MADE MY DAY!


Freitag, 7. April 2017

FATHER JOHN MISTY / Pure Comedy [2LP]

Josh Tillman, alias FATHER JOHN MISTY ist sauer! Stinksauer! Er kann es nicht glauben, es muss doch alles ein schlechter Witz sein! Warum merken wir nicht wie schief es auf diesem Planeten läuft? Warum zerstören wir uns selbst?


Pfarrer John Misty wählt zur Erweckung der ignoranten Menschheit als Waffen sanfte Melodiebögen und das scharfe Schwert des Zynismus. Als Brandbeschleuniger dienen jede Menge Galgenhumor, Satire, Zynismus und Ironie verteilt auf 13 aufrüttelnde Lieder.

Pfarrer John Misty prangert an: die Völlerei, die Oberflächlichkeit, die Sorglosigkeit, die Raffgier, den Werteverlust, gnadenloses Eigeninteresse, den Mangel an Liebe.

Es durchfährt ihn die göttliche Erkenntnis, der Mensch ist schon immer so, es zieht sich wie ein blutroter Faden durch die Geschichte der Menschheit. Es ist ein Wimmelbild des Grauen, welches das Plattencover ziert und das man auf der neugestalteten Homepage des ehemaligen Fleet Foxes-Schlagzeuger ganz genau unter die Lupe nehmen kann.



Pfarrer John Misty zweifelt an Gott! Wenn wir nach seinem Abbild geschaffen sind, was ist das dann für ein kranker Typ, den Millionen Menschen weltweit in den unterschiedlichen Manifestationen anbeten? Oder sind wir missratene Kinder? ABER kann sich der Apfel so weit vom Stamm entfernen?



Vater Misty gibt  nur unterschwellig Antworten, aber er wirft unzählige Fragen auf, die jeden Einzelnen sehr nachdenklich stimmen sollten. Wahrscheinlich ist die verblödete Menschheit aber sowieso nicht zu retten, marschieren wir also gemeinsam wie Lemminge in den Untergang?



Falls es soweit kommt, dann aber gerne zur sanften musikalischen Untermalung durch Father John Mistys apokalyptisches Werk "Pure Comedy". Amen.


"Gott ist eine vom Menschen erdachte Hypothese bei dem Versuch,
mit dem Problem der Existenz fertig zu werden."

Sir Julian Huxley



"Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde – das hat er nun davon."
Wolfgang Eschker


"Their languages just serve to confuse them
Their confusion somehow makes them more sure
They build fortunes poisoning their offspring
And hand out prizes when someone patents the cure
Where did they find these goons they elected to rule them?"

Josh Tillman

 

Tracklist:

01 Pure Comedy
02 Total Entertainment Forever
03 Things It Would Have Been Helpful to Know Before the Revolution
04 Ballad of the Dying Man
05 Birdie
06 Leaving LA
07 A Bigger Paper Bag
08 When the God of Love Returns There'll Be Hell to Pay
09 Smoochie
10 Two Wildly Different Perspectives
11 The Memo
12 So I'm Growing Old on Magic Mountain
13 In Twenty Years or So

Dienstag, 4. April 2017

NO KILL Made My Day! Tremolo!



NO KILL
Homepage: http://nokillnokill.com/
From: Brooklyn, USA

 

Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass eine Band ohne Plattenlabel dasteht. Beim aus Jamie Cogar (Guitar, Drums, Vocals) und Andrew Trouwborst (Guitar, Vocals) bestehendem Duo NO KILL ist dies aber, obwohl die beiden schon seit 2010 zusammen Musik machen, tatsächlich der Fall. Zur Entschuldigung aller Plattenfirmen sei gütlich hinzugefügt, dass die beiden noch keine zehn Songs veröffentlicht haben. Mit dem Song "Tremolo" gibt es jetzt aber keine Ausrede mehr die Band nicht zu signen! Noch in diesem Jahr soll der erste Longplayer namens "Gold Chorus" erscheinen.

Sonntag, 2. April 2017

NEW SONGS Vol. 152: TOO TANGLED / Mexican Drugs ... IT'S THE LIPSTICK ON YOUR TEETH / Skintrade ... FRNDZ / Bad Idea ... BENJAMIN BOOKER / Witness


TOO TANGLED / Mexican Drugs

TOO TANGLED ist ein Indie-Wave-Rock-Duo aus Belgien (Gent), bestehend aus Roeland Vandemoortele (Gesang, Gitarre, Schlagzeug) und Eva Buytaert (Gesang, Violine, Keys).

"Mexican Drugs" ist die zweite Singleauskopplung, aus dem am 17. März erschienenen vierten Album "Revel, Revel" des Duos und ein Song, bei dem die Belgier weniger wie sonst üblich auf elektronische Sounds setzen, sondern stattdessen deutlich mehr in Rock investieren.

Einziger Makel: Nicht nur die Kombination Mann/Frau, sondern auch der Refrain und die männliche Gesangstimme erinnern an Warhaus, ebenfalls aus Gent (!?), deren letztjähriges Album "We Fucked a Flame Into Being" ich hiermit jedem noch mal ausdrücklich ans Herz legen möchte.




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IT'S THE LIPSTICK ON YOUR TEETH / Skintrade

Ja, das Cover ist beschissen und die inszenierte Kunstblutsause 2017 auch nicht wirklich originell, aber irgendwie ertappe ich mich dabei den Song "Skintrade", der ein (ha ha) blutiger Bastard von The Prodigy und Rammstein sein könnte, gut zu finden. Gibt es so etwas wie eine Post-Pubertät?

Die Band mit dem obskuren, aber irgendwie auch guten Bandnamen IT'S THE LIPSTICK ON YOUR TEETH kommt aber nicht von irgendwo ganz weit hinter den Bergen, sondern aus der Stadt in Europa, die in Sachen Musik, zurzeit eigentlich weit vorne liegt: Wien! I hau mi o!




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FRNDZ / Bad Idea

Seit ich im letzten Jahr eine Woche in Brooklyn verbringen durfte, schlägt mein Herz für New York. Kein Wunder also, dass eine Mail die mich mit den Einleitungsworten "Hello from Brooklyn! We are FRNDZ." begrüßt, fast schon reflexartig dazu führt, dass ich den integrierten Link anklicke.

Manchmal lässt sich schon anhand der in der Email eingefügten Bilder erahnen, dass es eher nichts für diesen Blog ist, aber manchmal erschrecke ich auch zu Tode, welch halb garer Mist mich stellenweise erreicht, wenn ich auf "Play" klicke. Ja, man kann im Netz ALLES veröffentlichen, ABER man muss es nicht!

Im Fall von FRNDZ gibt es aber nichts zu klagen! "Bad Idea" ist ein gut gelaunter IndieRocker im Stile der Strokes, der wie gemacht dafür ist an der freien Luft mit hoher Lautstärke auf die Welt losgelassen zu werden.

Viel ist über die Band noch nicht zu erfahren, die Bandseiten im Netz sind alle noch sehr jungfräulich und ich tippe die Band selbst, ist auch kaum dem Teenageralter entfleucht.




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BENJAMIN BOOKER / Witness

Beim ersten Hören war ich - jetzt ganz ehrlich - maßlos enttäuscht. Was hat BENJAMIN BOOKER 2014 mit "Violent Shiver" für ein großartiges krachendes GarageBluesRock-Debütalbum hingelegt. Und jetzt dieser lauwarme gospellastige Song "Witness" als Vorbote für das am 2. Juni erscheinende gleichnamige Album? Bis zur 45 Sekunde war ich versucht zu denken es gibt noch einen anderen Benjamin Booker!

Dann spielt meine Playlist mit den aktuellen Songs das Stück wieder und wieder es wird besser. Es wandert zum Härtetest in meine Playlist für das Auto und langsam kann ich mich von meinen selbstgestrickten Erwartungen verabschieden und mich vorbehaltlos dem Stück annähern. Eigentlich finde ich es doch wunderbar, wenn Künstler neue Wege bestreiten! Und jetzt bin ich wirklich sehr sehr neugierig was sich der begnadete Musiker aus New Orleans noch hat alles einfallen lassen.




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Samstag, 1. April 2017

QUICK & DIRTY: VALERIE JUNE / The Order Of Time

Published: 10.03.2017
Label: Caroline
Genre: CountrySoul, FolkBlues, CountryGospel, FolkRnB, Bluegrass
Country: USA, Tennessee

 


Members:
Valerie June Hockett, geboren 1982 in Jackson / Tennessee

Was ist das Faszinierende an VALERIE JUNE? Ist es diese prägnante, sehr fragile Stimme, die unweigerlich an den nasalen Gesang von Bob Dylan erinnert? Ist es die soulige Kombination aus Country, Folk, Gospel, R&B und Blues? Spurensuche!

Geboren wurde Valerie June Hockett, so ihr vollständiger bürgerlicher Namen, 1982 in Tennessee, der Wiege des Blues, als Erstes von fünf Kindern. Sie wächst in der Kleinstadt Humboldt auf, wird mit Gospel in der örtlichen Kirchengemeinde und mit R&B und Soul durch ihren Vater musikalisch geprägt.



Mit 19 Jahren lebt sie in Memphis und beginnt zusammen mit ihrem damaligen Ehemann Musik zu machen. Von ihrem Mann trennt sie sich, nicht aber von ihrer Liebe zur Musik. Sie startet ein schnell erfolgreiches Fundraising-Projekt im Internet, um ihr erstes eigenes Album aufzunehmen, welches 2006 unter dem Titel "The Way of the Weeping Willow" erscheint.

2011 zieht Valerie von Memphis nach Williamsburg in Brooklyn. Mittlerweile hat sie drei Alben in Eigenproduktion auf CD herausgebracht, als sie über Kontakte Dan Auerbach kennenlernt und ihn nicht nur dafür gewinnen kann, ihre nächste Platte zu produzieren, sondern auch einige Songs mit ihr zu schreiben.



2013 erscheint "Pushin' Against a Stone" und die breite Masse wird erstmals aufmerksam auf die außergewöhnliche Stimme und die ungewöhnliche Mixtur verschiedener Musikstile der Singer/Songwriterin. Valerie begibt sich mit anerkannten Größen wie Jake Bugg, Sharon Jones & The Dap Kings, Sturgill Simpson und Norah Jones als Support auf Tour.

Vier Jahre vergingen, ehe nun mit "The Order of Time" das fünfte Album von Valerie June erschien. Die Zeiten, in denen man sie außerhalb der Vereinigten Staaten nur als Begleitband erleben durfte, können nicht mehr lange dauern, denn das neue Werk sammelt zu Recht überschwengliche Besprechungen in der Fachpresse.



Im Vergleich zum Vorgänger "Pushin' Against a Stone" drosselt die afroamerikanische Sängerin R&B und Soul auf "The Order of Time" etwas, um ihren Songs dafür mehr Country- und Bluesflair zu verpassen. Das neue Werk zeigt sich dadurch wesentlich geschlossener und verströmt eine unglaublich wohlige, schier meditative Atmosphäre - geradeso als läge man völlig zufrieden nach einer rundum gelungenen unvergesslichen Nacht auf einer Liege im Garten und ließe sich von den Sonnenstrahlen verwöhnen.



Wer bei den ersten Durchgängen mit dem Album etwas fremdelt, dem sei versprochen, dass sich dieses Album nach mehrmaligem Hören gewaltig entwickelt und den vielleicht ersten Eindruck von Eintönigkeit völlig verdrängt. Und erwähnt sei auch noch, dass niemand Geringeres als Norah Jones die Backing Vocals beisteuert und der Song "Astral Plane" von Valerie eigentlich für Massive Attack geschrieben wurde, diese aber dankend ablehnten.



Ach ja und das Faszinierende an Valerie June ist ihre Frisur!!!  ;-)

Anspieltipps: "Long Lonely Road", "Shakedown", "The Front Door", "Slip Slide On By"

Tracklist:
01 Long Lonely Road
02 Love You Once Made
03 Shakedown
04 If And
05 Man Done Wrong
06 The Front Door
07 Astral Plane
08 Just In Time
09 With You
10 Slip Slide On By
11 Two Hearts
12 Got Soul